Dass ein Baby gut hören kann, ist für seine Entwicklung außerordentlich wichtig. Allein die Sprachfähigkeit kann enorm leiden, wenn ein Kind Worte nur undeutlich oder gar nicht versteht. Etwa 1 bis 3 von 1000 Kindern werden mit Hörschäden geboren. Wenn diese frühzeitig erkannt und im ersten Lebensjahr behandelt werden, bestehen gute Chancen auf eine weitgehend normale sprachliche und soziale Entwicklung des Kindes. Deshalb wird in Deutschland seit 2009 das Neugeborenen-Hörscreening von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt. Aber zusätzlich ist es auch für Eltern wichtig, für dieses Thema eine Sensibilität zu haben und ihr Kind entsprechend zu beobachten.
Wie kann ich testen, ob mein Kind gut hören kann?
Folgende Anhaltspunkte können Eltern dabei helfen, die altersgerechte Entwicklung und Hörfähigkeit ihres Kindes zu beurteilen:
- Ab der 4. bis 6. Lebenswoche erschrecken Säuglinge bei plötzlichen lauten Geräuschen.
- Im Alter von etwa 6 Monaten können Babys stimmhaft lachen und brabbeln. Sie drehen ihren Kopf oder die Augen in Richtung einer Geräuschquelle, die sie nicht sehen können, und reagieren üblicherweise, wenn sie mit ihrem Namen angesprochen werden.
- Im 1. Lebensjahr plappern alle Kinder vor sich hin. Diejenigen, die nichts hören können, verstummen danach zunehmend.
- Ab dem 7. – 8. Lebensmonat lauschen Kinder auf Musik und probieren unterschiedliche Stimmlagen und Laute aus.
- Ab dem 10. – 12. Lebensmonat reagieren Kinder, wenn sie aus einem Meter Entfernung in normaler bis leiser Lautstärke angesprochen werden, und können Verbote („Nein!“) verstehen.
- Etwa zum 2. Geburtstag beginnen Kinder mit Zwei-Wort-Sätzen (z.B. „Ball haben“) und können Anweisungen befolgen, die ihnen ins Ohr geflüstert werden.
- Mit 5 Jahren sollte ein Kind so sprechen können, dass es ein Fremder verstehen kann.
Die Entwicklungszeiten sind nur Richtwerte und können im Einzelfall nach vorne und hinten variieren, ohne dass gleich eine ernsthafte Störung vorliegen muss. Die Gründe für ein verspätetes Sprechen sind meist harmlos und nicht etwa Ausdruck einer schweren Entwicklungsstörung. Die Sprachentwicklung ist wie die meisten körperlich-geistigen Entwicklungsvorgänge eine individuelle und von vielen Faktoren beeinflusste Angelegenheit. Dennoch sollten Eltern aufmerksam werden und im Zweifelsfall den Kinderarzt bzw. den Hals-Nasen-Ohren-Arzt zu Rate ziehen, wenn sie eine Hörminderung bei ihrem Kind vermuten.
Diagnose Schwerhörigkeit
Wenn bei Ihrem Kind eine Schwerhörigkeit diagnostiziert wird, gibt es unterschiedliche Therapiemöglichkeiten. Möglicherweise ist eine Versorgung mit Hörgeräten notwendig. Dies ist für alle Eltern zunächst ein Schock. Sie benötigen Zeit, um zu verstehen, was es bedeutet, dass das eigene Kind schwerhörig ist und dies zu akzeptieren. Es sollte jedoch nicht viel Zeit vergehen, bis das Kind mit Hörgeräten versorgt wird. Jeder Monat zählt.
Tipps für Eltern
- Babys mit Hörverlust brauchen in erster Linie genau dasselbe, wie alle Kinder: die Liebe, Geduld und Aufmerksamkeit ihrer Eltern.
- Eltern sollten schon im Säuglingsalter versuchen, mit dem Baby beim Sprechen Blickkontakt zu halten und darauf achten, dass Mimik und Gestik mit dem Gesagten übereinstimmen.
- Der Hörverlust des eigenen Babys darf kein Tabu-Thema sein: Wird von Anfang an offen darüber gesprochen, fällt es den Eltern und später auch dem Kind leichter, natürlich damit umzugehen.
- Eltern können ihrem Kind frühzeitig beibringen, seine Ansprechpartner stets anzusehen.
- Bereits Kleinkinder sollten lernen, nachzufragen, sofern sie etwas nicht richtig verstanden haben.
- Wichtig ist es für Eltern darauf zu achten, dass es möglichst wenige Hintergrundgeräusche gibt, wenn mit dem Kind gesprochen wird.
- Beim Lesen von (Bilder-)Büchern mit Kleinkindern können die Eltern neben dem vorgegebenen Text das entsprechende Bild auch mit Klängen beleben (z.B. Tierstimmen nachahmen). So lernen Kinder die Geräusche nachzuahmen und sie lernen schon früh, sich am gemeinsamen Lesen verbal zu beteiligen.
Welche technischen Hilfsmittel gibt es?
Zusätzlich zu der Versorgung mit kindgerechten Hörgeräten können noch andere technische Lösungen unterstützend zum Einsatz kommen, z.B. drahtlose Funksysteme, sog. persönliche FM-Systeme. Diese bestehen aus einem Mikrofon, das von den Eltern oder der Kindergärtnerin getragen wird, und einem Empfänger am Hörgerät des Kindes. Auf diese Weise kann das Kind auch über weitere Distanzen und bei lauten Hintergrundgeräuschen Sprache gut verstehen.
Wenn bei einem hochgradigen Hörverlust ein Hörgerät nicht mehr ausreicht, kann ein Cochlea-Implantat die richtige Wahl sein. Ab einem Alter von etwa zwölf Monaten kann es in einer spezialisierten Klinik operativ eingesetzt werden.
Markus Schwalm,
Hörgeräte Schwalm