Rolle von Schülern bei Mobbing:
- Täter sind aktiv und initiieren Mobbing. Sie übernehmen selbst die Führungsrolle in der Gruppe und stiften ihre Mitschüler zum Mitmachen an.
- Täter-Assistenten beteiligen sich aktiv am Mobbingprozess, sie beginnen diesen jedoch nicht selbst. Sie unterstützen den Täter bei seinen Attacken.
- Passive Unterstützer gehören zu den Zuschauern, die sich zwar nicht direkt am Mobbinggeschehen beteiligen, dieses jedoch durch Anfeuern oder Lachen letztlich verstärken.
- Bystander sind Zuschauer, die sich nicht äußern, aber auch nicht eingreifen.
- Unbeteiligte Außenseiter wissen zwar um das Mobbinggeschehen, aber sie kümmern sich nicht darum. Sie ergreifen keine Partei.
- Opfer von Mobbing kann prinzipiell jeder werden. Mobbingopfer zu werden basiert nicht auf spezifischen körperlichen Eigenschaften oder der Persönlichkeit des Opfers. Opfer sind an ihrer Situation nicht selbst schuld, können sich aber trotzdem nicht selbst wehren.
- Verteidiger unterstützen das Opfer, indem sie sich deutlich auf dessen Seite stellen, und sich auch gegen die Mobber wenden.
Quelle: Günther Gugel, bpb-Themenblätter „Mobbing in der Schule“, 2016
Um Mobbing aktiv zu begegnen, gibt es zwei Möglichkeiten: Prävention – sie soll verhindern, dass es an der Schule überhaupt erst zu Mobbing kommt. Intervention – sie muss sofort einsetzen, wenn ein Mobbingfall an der Schule bekannt geworden ist.
Möglichkeiten der Mobbing-Prävention:
- gemeinsam in der Klasse klare Verhaltensregeln aufstellen
- die Kommunikationsfähigkeit fördern
- Methoden der Konfliktbearbeitung aufzeigen (z.B. Streitschlichter-Kurse)
- Zivilcourage fördern, indem man Schüler bewusst zum Eingreifen ermutigt
- Weiterbildung von Lehrern zum Thema, z.B. Qualifizierungsprogramm „No-blame-Approach“
Wenn es an einer Schule zu Mobbing gekommen ist, dann reichen Präventionsmaßnahmen nicht mehr aus. Nun müssen v.a. die Erwachsenen, also Eltern, Lehrer und Schulleitung schnell aktiv werden, um eine weitere Eskalation zu verhindern.
Das können Lehrer tun
Wenn ein Kind den Mut fasst, sich an einen Lehrer zu wenden, sollte er das Kind ernst nehmen. Sich Hilfe zu holen, sollte nicht den Beigeschmack von „Petzen“ haben. Vorwürfe sollten ernst genommen werden. Die an vielen Schulen angewandte Problemlösungsstrategie, Opfer und Täter zu isolieren und miteinander zu konfrontieren, ist falsch.
Stattdessen empfehlen Experten die folgenden Maßnahmen: Den Täter direkt mit seinem Verhalten konfrontieren, ihm klar machen, dass er sein Verhalten sofort einzustellen hat und ihn unterstützende Schüler ebenfalls ansprechen. Alternativ ist ein indirektes Vorgehen möglich, bei dem mit Unterstützern für das Opfer gearbeitet wird und gemeinsame Regeln und Normen für die Klasse bzw. Schule erarbeitet werden. Dabei geht es v.a. darum, Schuldzuweisungen zu vermeiden.
Lehrer sollten insbesondere in Bereichen, in denen Schüler ohne Lehreraufsicht zusammenkommen (Schulhof, Umkleidekabinen, Cafeteria), aufmerksam sein und wenn nötig einschreiten. Eine kurzfristig hilfreiche Maßnahme kann die Änderung einer Sitzordnung der Klasse sein, bei der das Opfer in eine ihm freundlich gesonnene Gruppe gesetzt wird.
Falls es bisher keine Klassenregeln gab, sollten sie jetzt gemeinsam erarbeitet und bei Nichteinhaltung entsprechend sanktioniert werden. Den Tätern müssen klare Grenzen aufgezeigt werden. Ein Klassenwechsel wird vermutlich nur wenig helfen, da die Mobbingtäter dann in den Pausen und beim Mittagessen weitermachen können. Je nachdem, wie lange das Mobbing bereits andauert, kann es zudem sein, dass sich die Opferrolle herumgesprochen hat und das betroffene Kind auch in der neuen Klasse zum Opfer wird. Ein Wechsel der Schule sollte nicht die erste Option sein, da man so indirekt den Täter in seinem Verhalten bestätigt, es sollte aber bei langanhaltenden und schwerwiegenden Erfahrungen des Kindes ernsthaft in Betracht gezogen werden. Wenn die Möglichkeit besteht, sollten Eltern die neue Schule mit Bedacht wählen und sich vorab über das Schulklima und den Umgang mit Mobbing informieren.
Das können Eltern tun
Wenn sich ein Kind den Eltern anvertraut oder sich der Verdacht auf Mobbing erhärtet, sollten sie es unterstützen und sein Selbstwertgefühl stärken, da dieses vermutlich stark gelitten hat. Hilfreich ist ein Hobby, z.B. in einem Sportverein. Erstens stärken Erfolge in der Freizeit das Selbstbewusstsein, zweitens findet das Kind über einen Verein Freunde. Dieses soziale Netz ist wichtig, wenn die Freundschaften in der Schule wegbrechen.
Abgeraten wird davon, die Eltern des Täters anzusprechen. Das kann den Konflikt noch weiter verschärfen. Stattdessen sollte man zunächst den Klassenlehrer ansprechen. Wenn man dort nicht weiterkommt, den Vertrauenslehrer oder die Schulleitung. Falls sich dann immer noch nichts tut, kann auch der Kontakt zum entsprechenden Schulamt sinnvoll sein. Über die Elternvertreter kann man ebenfalls Hilfe erbitten. Sollte das Kind bereits stark unter den Mobbingattacken leiden, kann es nötig sein, eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Manche Kinder leiden auch noch im Erwachsenenalter unter den Spätfolgen von Mobbing und fallen selbst im Berufsleben immer wieder in die Opferrolle.
Praktische Tipps für Mobbingopfer:
- Passiert Mobbing auf dem Schulweg, ggf. einen anderen Weg nehmen oder sich Nachbarskindern anschließen.
- Dem Täter und dessen/ deren Clique aus dem Weg gehen (ist meist nur eingeschränkt möglich).
- Keine wertvollen Sachen mit in die Schule nehmen.
- Bei verletzenden Ausdrücken so tun, als habe man die Ausdrücke nicht gehört oder nicht verstanden.
- Ablenkende Bemerkungen machen, wie z. B.: „Könnte so sein.“, oder „Wenn Du es so meinst.“
- Das eigene Selbstwertgefühl stabilisieren durch das Einüben von Sätzen wie: „Das ist deren Problem, nicht meins.“ oder „Ich bin okay.“ oder „Wer angibt, hat’s auch nötig.“
- Anstatt zurückzuschlagen, wenn jemand angreift, einen älteren Schüler oder Lehrer um Hilfe bitten.
- Wenn Mitschüler schon einmal geholfen haben, sie sofort um erneute Hilfe ansprechen.
- Deutlich und bestimmt dem „Angreifer“ ins Auge sehen und sagen: „Ich will das nicht, hör sofort auf.“ Und dann nach Möglichkeit ohne erkennbare Hektik weggehen.
- Bestimmte Atemtechniken trainieren, die den Stress mindern und für eine sicherere Körpersprache hilfreich sind.
Quelle: familienhandbuch.de
Übrigens gilt für alle Eltern, unabhängig, ob sie direkt betroffen sind oder „nur“ indirekt: Bleiben Sie mit Ihrem Kind im Gespräch, lassen Sie sich immer wieder von der Schule erzählen. Wenn es Hinweise zu Mobbing in der Klasse des Kindes gibt, reden Sie mit Ihrem Kind darüber. Fragen Sie, wie es die Situation wahrnimmt oder ob das Thema bereits vom Lehrer wahrgenommen und besprochen wurde. Ermutigen Sie Ihr Kind, aktiv zu werden und wenn es nur andere Lehrer bzw. den Vertrauenslehrer informiert. Gerade auch das Zuschauen oder Wegschauen vieler Schüler ermöglicht Mobbing. Suchen Sie Kontakt zu anderen Eltern und tauschen sich Sie mit ihnen aus. Nehmen Sie das Thema im nächsten Elternabend auf.
Leider passiert es tatsächlich immer wieder, dass Lehrer das Thema verharmlosen („Schüler streiten sich halt“, „Schüler müssen Konflikte untereinander regeln“) oder versuchen, das Thema unter den Teppich zu kehren. Denn keine Schule möchte, dass sie – wie jetzt die Berliner Grundschule mit dem Todesfall – negativ mit dem Thema Mobbing in Verbindung gebracht wird. Und auch an der Grundschule in Berlin, so der Vorwurf vieler Eltern, sei das Thema viel zu lange verharmlost worden.
Genau aus dieser Angst vor schlechter Reputation ergäbe sich dabei eine Riesen-Chance für Schulen. Denn die Statistiken und Erfahrungen belegen: Es gibt keine Mobbing-freien Schulen, an jeder Schule passiert Mobbing. Wer aber ganz bewusst aktiv mit dem Thema umgeht, der kann damit bei Eltern punkten. Die meisten würden eine solche Schule bevorzugen, die offen sagt: Ja, auch bei uns gibt es Mobbing, aber wir thematisieren das im Unterricht, qualifizieren unsere Lehrer dazu und nehmen jeden angezeigten Mobbingfall ernst und suchen nach einer Lösung.