Schule im Land Brandenburg
Die Struktur der Brandenburger Schule kann sich im Bundesvergleich wirklich sehen lassen. Was viele Bildungsexperten in anderen Bundesländern fordern, ist hier schon Realität. Das längere gemeinsame Lernen in sechs Grundschuljahren, flexible Eingangsstufen in vielen Grundschulen, ein Verzicht auf die Hauptschule, selbst das große Vorhaben „Inklusion – Schule für alle“ ist auf den ersten Blick als beispielhaft zu bezeichnen. Wirft man aber einen gründlichen Blick hinter die Kulissen, tauchen viele Probleme auf. Die Lehrerschaft ist überaltert und der Unterrichtsausfall beträgt teils bis zu 10 Prozent. Da vertretene Unterrichtsstunden unabhängig von der fachlichen Qualifikation des Vertretungslehrers nicht als Unterrichtsausfall zählen, spricht das Land von nur ca. 2 Prozent – allerdings gelernt und vermittelt wird dann nicht immer etwas. Die Lehrerschaft samt Gewerkschaft geht inzwischen offen gegen das Ministerium auf die Barrikaden und fordert mehr Personal und mehr Entlastung für die Lehrer. 1,5 Milliarden gibt Brandenburg jährlich für das Bildungssystem aus, laut Lehrergewerkschaft müssten es 200 Millionen mehr sein, vor allem für Personal. Die knappen Finanzen bei Land und Kommunen führen dazu, dass trotz deutlich zunehmendem Bedarf kaum Sozialarbeiter oder Sonderpädagogen an den Schulen zur Verfügung stehen. Viele Schulen weisen einen erheblichen Reparaturstau und Sanierungsbedarf auf, während in ausgewählte Schulen Millionen investiert werden. Ein gutes Beispiel liefert Cottbus, wo die Sportbetonte Schule über Sportanlagen für Olympioniken und das Steenbeck-Gymnasium über einen futuristischen Neubau verfügen, während in anderen Schulsporthallen und Schulgebäuden die Deckenplatten herabfallen. Ausgerechnet Schulen in sozialen Brennpunkten bräuchten dabei eine bessere Ausstattung. Das zeigt das Beispiel der einst viel diskutierten Berliner Rütli-Schule: Heute ist der moderne Rütli-Campus auch zum multikulturellen Lebensraum für Schüler und Familien vieler Nationen geworden und die Abschlussquote der Schüler ist phänomenal gestiegen.
Im Bundesvergleich kann man derzeit wenig über die Leistungsstärke des Brandenburger Schulsystems aussagen, da schlichtweg keine aktuellen Vergleichszahlen öffentlich sind. Auch wenn die Bundesländer Vergleichstests schreiben lassen, sind dazu keine Ergebnisse zu finden und werden selbst wichtigen Instanzen für die Evaluation von Bildung nicht zur Verfügung gestellt.
Ein großes Manko lässt sich allerdings vergleichen: Brandenburg zählt zu den vier Bundesländern mit den meisten Bildungsverlierern, also Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss. Das sieht aber bei allen Neuen Bundesländern ähnlich aus. Trotz deutlich höherer Migrantenzahlen produzieren westliche Bundesländer deutlich weniger Bildungsverlierer. Der Grund wird vor allem im traditionellen System der Förderschulen im Osten gesehen, die meist keinen anerkannten Schulabschluss vergeben können.
Der aktuelle Chancenspiegel der Bertelsmann-Stiftung bestätigt der Brandenburger Schule immerhin eine überdurchschnittliche Durchlässigkeit, das bedeutet, hier können Kinder noch gut von einem einfacheren Schulabschluss zu einem höheren aufsteigen. Dafür hat die Abiturquote abgenommen und liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Unsere Lehrerschaft
Brandenburg kämpft mit dem Problem einer stark überalterten Lehrerschaft, das Durchschnittsalter Brandenburger Lehrer lag im vergangenen Jahr bei 54 Jahren. Viele der 16.514 Lehrer gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand, insgesamt 500 sind langzeitkrank. Gerade zum Schuljahresbeginn wurde die Neueinstellung von 550 Lehrern offiziell gefeiert: so viele wie nie zuvor. Betrachtet man, dass zum vergangenen Schuljahresende 800 Lehrer aus dem aktiven Dienst ausgeschieden sind, relativiert sich die Zahl. Da viele der Ruheständler nicht mehr voll gearbeitet haben, ist die Lücke mit den Neueinstellungen geschlossen, mehr aber auch nicht. Gerade für die zunehmende notwendige individuelle Förderung wird aber mehr Personal gebraucht. Ursprünglich war die zusätzliche vorgezogene Einstellung von 100 bis 200 weiteren Lehrern geplant, dieses Vorhaben ist leider in der Brandenburger Landesregierung gescheitert. Im kommenden Jahr will Brandenburg nun mit einer bundesweiten Kampagne nach jungen Lehrern suchen. Die werden dringend gebraucht – sind auf dem Markt aber auch umkämpft. So zahlen Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg im Schnitt fast 20 % mehr. Mit diesem Jahr hat Brandenburg auch das Lehrerbildungsgesetz geändert und Inklusiver Pädagogik einen besonderen Stellenwert im Lehramtsstudium eingeräumt. Damit sind wir zwar im Bundesvergleich Vorreiter, aber es wird noch Jahre dauern, bis diese Lehrer das Studium und die Praxisphase abgeschlossen haben. Aus diesem Grund ist die Fortbildung der bestehenden Lehrerschaft in individueller Förderung der eigentliche Schlüssel zur Verbesserung des Unterrichts an den Schulen. Selbst das macht aber nur Sinn, wenn sich eine Schule geschlossen und mit dem gesamten Kollegium auf den Weg macht – hier können Eltern gern bei ihren Lehrern und der Schulleitung nachfragen, ob das bereits im Plan ist.
Wie gut ist meine Schule?
Wer wissen möchte, wie gut die Schule seiner Kinder dasteht, der kann verschiedene Quellen nutzen. Zuerst lohnt ein Studium der Schulporträts auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg unter www.bildung-brandenburg.de/schulportraets/, dort finden sich viele Informationen zu Schwerpunkten, Besonderheiten, Angeboten an Eltern. Wir haben bei den 12 Cottbuser Grundschulen genauer hingeschaut: Nur drei haben den aktuellen Bericht der Schulvisitation Brandenburg (Instanz zur Überprüfung der Qualität der Schule) veröffentlicht, Ergebnisse zu Vergleichsarbeiten findet man nirgends, ein Vergleich der Leistungsfähigkeit der Schulen miteinander oder mit anderen Schulen ist ebenso nicht möglich. Die Aussagen zum Personal helfen auch kaum weiter, allerdings spricht durchweg eine Null bei Schulsozialarbeitern und sonstigem pädagogischen Personal für das übliche Problem unserer Schulen, das Lehrer bei besonderen pädagogischen Anforderungen noch immer allein gelassen sind.
Wer die Schule genauer beurteilen möchte, der muss also mit Lehrern oder der Schulleitung sprechen. Neben einem Einblick in die Visitationsberichte kann z.B. das Ergebnis der Vergleichsarbeiten in der 3. Klassenstufe (Grundschule) oder 8. Klassenstufe (erweiterte Schule) hinterfragt werden. Allerdings ist man hier von der Auskunftsfreudigkeit der Lehrer bzw. Schule abhängig.
Da wir wissen, dass es zunehmend auf individuelle Förderung und neue Methoden für die bereits seit Jahren unterrichtenden Lehrer ankommt, hilft auch ein Blick in die Vorhaben und den Umfang der Lehrerfortbildung. Die beschließt jede Schule selbst und sie sind auch im Schulporträt zu finden – und wenn hier statt der wichtigen Themen „nur“ Gesundheitsmanagement auftaucht oder eine Schule zum Fortbildungsprogramm nicht auskunftsfähig ist, lässt das nicht gerade auf gute Schule schließen.
Unter dem Strich ist es in Brandenburg, aber auch anderen Bundesländern, leider sehr schwierig, Schule einzuschätzen. Auch im Internet gibt es noch keine verlässlichen Angebote, die offizielle Portale wie den Bildungsserver hinsichtlich der individuellen Beurteilung von Schulen ergänzen.
Schul-Spezial Teil 1: "Alles PISA oder was?"
Datum: Freitag, 23. August 2013 12:36
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