Schul-Spezial Teil 1: "Alles PISA oder was?"

Datum: Freitag, 23. August 2013 12:36


Privatschule als Lösung?
Bildung wird in unserer Wissensgesellschaft immer wichtiger, weshalb immer mehr Eltern auch bereit sind, für die Bildung ihrer Kinder zu bezahlen. Die bestehende Unzufriedenheit mit dem staatlichen Schulsystem sorgt für ein wachsendes Interesse an freien Schulen. Auch wenn der Anteil freier Schulen beständig zunimmt, hält sich das Angebot in Südbrandenburg in Grenzen. Grundsätzlich lassen sich Privatschulen mit konfessioneller Bindung (bei uns in der Regel Evangelische Schulen), Schulen mit einem besonderen pädagogischen System wie die Waldorfschulen oder mit anderen besonderen pädagogischen Konzepten unterscheiden.
Die Landespolitik in Brandenburg hat die Hürden für Privatschulen mit Anforderungen an Konzepte und vor allem die Finanzierung sowie teils langwierige Genehmigungsverfahren sehr hoch gelegt. Drei Jahre müssen Privatschulen in unserem Bundesland ohne staatliche Unterstützung auskommen und erhalten dann als staatlichen Zuschuss ca. 80 Prozent der Ausgaben für Personal und Räume. Zur Kostendeckung erheben Privatschulen ein Schulgeld, das bei konfessionellen Schulen durch die Unterstützung der Kirche meist relativ gering ist, bei anderen Schulen in unserer Region im Durchschnitt bei 150 bis 200 Euro pro Kind und Monat liegt. Auch die freien Schulen sind mit einem Porträt auf dem Bildungsserver Berlin-Brandenburg zu finden, bei der Suche muss rechts unten nur anstelle „öffentliche“ die Auswahl „freie“ markiert werden.
Die Kritik aus dem Bildungsministerium an freien Schulen lässt sich nicht immer nachvollziehen, wenn man einmal genau hinhört. Das Argument, dass Privatschulen nur den Reichen vorbehalten seien und zu einer sozialen Schieflage führen, läuft ins Leere. Privatschulen staffeln ihr Schulgeld in der Regel nach dem Einkommen, sodass der Besuch mit Beträgen zwischen 30 bis 50 Euro auch bei niedrigem Einkommen finanzierbar ist. Privatschulen werden als Ersatz zu staatlichen Schulen von Eltern auch bewusst angewählt, weil diese eine besondere Pädagogik für ihre Kinder bevorzugen, durch die sich private ja gerade von staatlicher Schule unterscheiden muss. Das Argument mit der sozialen Schieflage ist zudem so abwegig, weil schon unser staatliches Schulsystem wie international kein anderes Bildungserfolge an den sozialen Status knüpft – da müssen sich die öffentlich Zuständigen erst einmal selbst an die Nase packen.
Nachvollziehbar ist die Kritik des Bildungsministeriums allerdings bei der Leistungsfähigkeit mancher Privatschule. In der Regel verdienen Lehrer an Privatschulen weniger Geld und wechseln bei Aussicht auf mehr Sicherheit und Einkommen in den staatlichen Schuldienst, wenn sich die Chance bietet. Entsprechend groß ist die Fluktuation an einigen Schulen, die das Lehrerkollegium nicht mit einem besonderen „Spirit“ oder Teamwork an sich binden können. Hier sollten Eltern dann auch darauf achten, ob bei häufigen Lehrerwechseln auch tatsächlich das besondere pädagogische Konzept umgesetzt und eingehalten wird, für das sie ja zahlen. Zudem besteht an mancher Privatschule der Hang zum „Schönen“ bei den Schulleistungen der Kinder, um die zahlenden Eltern zu beruhigen. Nicht selten kommt das böse Erwachen, wenn die Kinder dann aufs staatliche Gymnasium sollen oder zu den Prüfungen antreten und deutliche Probleme haben bzw. auf der Folgeschule nicht mithalten können. Hier können Eltern sich dafür einsetzen, dass sich auch die freien Schulen an den Vergleichsarbeiten beteiligen und die Ergebnisse umfänglich öffentlich machen, das liefert wenigstens punktuell Vergleichsmöglichkeiten.
Privatschule ist demnach nicht immer eine Lösung. Auch hier kommt es wie bei der staatlichen Schule auf die Umsetzung an. Ein gutes Beispiel ist die Georg-Heinsius von Mayenburg-Grundschule (Schlausitz) in Senftenberg, die von Anbeginn individuelle Förderung als einen Schwerpunkt definiert hat.

Mitwirkung der Eltern

Die Mitwirkung von Eltern hält sich an vielen deutschen Schulen meist in Grenzen. Wie zu Schulzeiten bei der freiwilligen Leistungskontrolle gehen auf Elternversammlungen fast alle Köpfe nach unten, wenn es um Kandidaten für den Elternsprecher geht. Der Elternsprecher hat mit seiner Entscheidungsbefugnis auch auf der Schulkonferenz dabei weitgehende Möglichkeiten der Mitgestaltung. Eltern können auch in der Konferenz der Lehrkräfte und in Fachkonferenzen der Schule mitwirken. Die Mitwirkung erstreckt sich bis zum Landeselternrat, der dann auf Landesebene die Sichtweise der Eltern gegenüber dem Ministerium vertritt. An vielen Schulen gibt es zudem Angebote vom Elterncafé über Stammtische bis zur Gestaltung von Nachmittagsangeboten für die Schule. Auch hier finden Eltern im Schulporträt auf dem Bildungsserver einen Bereich, in dem die Angebote der jeweiligen Schule an Eltern aufgelistet sind. Wo das Miteinander von Schule, Eltern und Lehrern funktioniert, haben es vor allem die Kinder leichter. Übermuttis und Eltern mit Sparten-Egos, die sich nur für das Wohl des eigenen Kindes interessieren und Lehrer damit beständig belasten, sind nur hinderlich. Hier müssen deutsche Eltern viel hinzulernen. Bei Bildungsgewinnern wie Finnland und Kanada gibt es ein ausgeprägtes demokratisches Interesse an der Schule mit breiter Mitwirkung der Eltern und mehr Unterstützung für Schule und Lehrer. Ein gutes Beispiel für ein Miteinander liefert eine Grundschule, die mit den Eltern ein Erziehungsversprechen eingeht. Bei individuellen Problemen hingegen ist Mitwirkung an Schulen nicht immer einfach durchzusetzen. Geht es nach offiziellen Verlautbarungen von staatlichen Bildungsinstanzen, werden alle Probleme im Miteinander von Eltern und Lehrern oder Schulleitung geklärt. Der Weg ist klar: Zuerst das direkte Gespräch mit dem Lehrer, wenn das nicht hilft, der Versuch über den Elternsprecher, dann zur Schulleitung und schließlich zum Schulamt. In der Realität funktioniert das allzu oft nicht. Lehrer und Schulen wehren Kritik nicht selten als Generalangriff ab, reden Probleme klein und Eltern verlieren schließlich im Dschungel aus Zuständigkeiten die Orientierung und resignieren. Andere Eltern meiden gar die offene Kritik bei bestimmten Lehrern oder Schulen, da sie eine Benachteiligung des eigenen Kindes an der Schule fürchten. Gerade Grundschule und Klassenlehrer haben z.B. beim Übergang in die erweiterte Schule ja auch einen gehörigen Einfluss auf die Bildungszukunft der Kinder. In solchen Fällen gibt es allerdings eine Ansprechstelle, die kaum publiziert wird. Beim Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) gibt es das Angebot „Eltern helfen Eltern“, das Ansprechpartner vermittelt, die auch Eltern sind und bei der Zusammenarbeit bzw. Konflikten mit der Schule helfen. Sie unterstützen die Gesprächsführung an der Schule, beraten in Konfliktsituationen und helfen bei der Durchsetzung von Beteiligungsrechten. Interessierte Eltern können sich beim LISUM übrigens auch in einem Kurs zu einem solchen Berater fortbilden lassen, der nächste Kurs startet im März 2014 und im November gibt es dazu eine Informationsveranstaltung. Informationen zu diesen Angeboten gibt es im Internet unter http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/elternberater.html oder unter Telefon 03378 209456.
Eine weitere Möglichkeit bei größeren Problemen bietet der Austausch mit dem Landeselternrat, hier sind alle Informationen unter www.landesrat-der-eltern-brandenburg.de zu finden. Der direkte Draht zum Ministerium verbunden mit der Elternsicht kann bei verhärteten Konflikten Lösungen unterstützen. Der Vorsitzende Wolfgang Seelbach betreibt unter www.bildungsverteiler.de auch ein Internetangebot zu aktuellen Herausforderungen des Schulsystems im Lande.
Vor allem müssen Eltern hierzulande aber in der Breite mehr zum Wandel der Schule beitragen. Das beginnt schon beim Umgang mit der zunehmenden Heterogenität in den Klassenräumen und Themen wie der Inklusion. Leider dominiert hier immer noch die Furcht um das Wohl des eigenen Kindes und die Sehnsucht nach einer homogenen Leistungsklasse, sowohl bei Kindern benachteiligter bzw. behinderter Kinder als auch bei Eltern leistungsstarker Kinder. Beide Gruppen verlieren aber, wenn wir sie nicht richtig auf die heterogene Lebenswirklichkeit vorbereiten. Ohne mehr Interesse und Aufklärung auf Seiten der Eltern wird der notwendige Umbau unseres Bildungssystems nicht gelingen.