Backe backe Kuchen...

Datum: Dienstag, 17. Mai 2016 13:05

 

Passbild Fahmy


Was Kinder mit aussuchen und zubereiten, schmeckt ihnen besser.
Interview mit Ernährungswissenschaftlerin Sonja Fahmy von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Im Gespräch erklärt sie, warum gemeinsame Mahlzeiten für Kinder so wertvoll sind, wie Eltern mit der Nur-Nudeln-Phase umgehen und was man beim nächsten Restaurant-Besuch beachten sollte.


Warum sind gemeinsame Familienmahlzeiten für Kinder wichtig?
 Inwiefern profitieren Kinder davon?
Gemeinsame Mahlzeiten sind nicht nur für Kinder wichtig, sondern für alle Familienmitglieder. Traditionell haben Mahlzeiten in allen Kulturen eine große Bedeutung. Sie sind ein unverzichtbarer und zentraler Bestandteil vieler gesellschaftlicher Veranstaltungen. Was wäre das Weihnachtsfest ohne ein besonderes Essen? Ob Hochzeit oder Geburtstag – die Mahlzeit und das gemeinsame Essen spielen immer eine tragende Rolle. Familienmahlzeiten bieten Raum zum gemeinsamen Austausch. Es wird sich im oft hektischen Alltag bewusst Zeit und Ruhe genommen, um gemeinsam Dinge voneinander zu erfahren und das Essen in einer entspannten Atmosphäre zu genießen. Die Familienmahlzeit fördert somit die Gemeinschaft und stärkt die Zusammengehörigkeit. Gerade Kinder profitieren von diesem festen Ritual der gemeinsamen Mahlzeit. Findet diese gemeinsame Mahlzeit immer zur selben Zeit  statt wie z. B. das Abendessen, bietet sie eine verlässliche Struktur, auf die sich Kinder freuen können. Nebenbei sind Familienmahlzeiten ein geeigneter Lernort den Kleinen Tischmanieren, Gesprächskultur und Geschmacksbildung nahe zu bringen. Und letztendlich: Gemeinsam schmeckt es allen besser!


Viele Familien beklagen die fehlende Zeit für gemeinsame Mahlzeiten oder gar gemeinsames Kochen – gerade unter der Woche. Was sagen Sie denen?
Mangelnde Zeit, Hektik und Stress sind heute ein großes Thema, gerade dann, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Umso wichtiger ist es für die ganze Familie, dass es am Tag wenigstens eine gemeinsame Zeit gibt. Doch diese Familien(mahl)zeit will geplant sein, damit sie keinen zusätzlichen Stress bringt. Konkret bedeutet dies, dass es wichtig ist, feste Strukturen zu schaffen, die dann den Alltag erleichtern. Legen Sie gemeinsam eine Uhrzeit für das Essen fest, machen Sie gemeinsam (z. B. am Wochenende) einen groben Plan, was es in der kommenden Woche zu Essen geben soll. Dementsprechend können Sie Ihren Einkauf organisieren, der ansonsten immer viel Zeit kostet. Binden Sie die Familienmitglieder in die Vorbereitung der Mahlzeit mit ein. Das macht den Kindern meist Spaß und nebenbei lernen sie nicht nur Alltagskompetenzen, sondern verbringen auch gemeinsame Zeit mit Ihnen. Sehen Sie die Mahlzeiten nicht als nötigen Termin des Sattwerdens, sondern als Bereicherung für die ganze Familie. Wichtig ist, dass die Familienmahlzeit kein kulinarischer Höhepunkt sein muss. Vielmehr geht es um das gemeinsame Erleben. Fragen Sie Freunde und Bekannte nach Tipps und Ideen aus ihren Mahlzeiten mit den Kindern.


Ist es wichtig, welche Mahlzeit gemeinsam eingenommen werden?
Was früher das Mittagessen war, ist heute tendenziell eher das Abendbrot. Die gemeinsame Mahlzeitenaufnahme hat sich aufgrund der beruflichen Situation der Eltern vielfach zum Abend hin verschoben. Viele Familien verlassen morgens zu unterschiedlichen Zeiten das Haus, verbringen den Tag im Job, in der Kita oder in der Schule und kommen am späten Nachmittag oder Abend nach Hause. Es ist nicht wichtig, welche Mahlzeit es ist, Hauptsache es gibt die Möglichkeit einmal am Tag gemeinsam zu Essen.


Ab welchem Alter und in welcher Form kann man Kinder in die Vorbereitung der Mahlzeiten mit einbeziehen?
Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen immer Erfahrungen sammeln und mitmachen. Es ist schwierig eine Aufgabe einem bestimmten Alter zuzuordnen. Dies hängt ganz stark vom individuellen Entwicklungsstand des Kindes ab. So können Zweijährige z. B. helfen die Salatsoße anzurühren. Sie können helfen den Tisch zu decken, Gemüse zu waschen oder gemeinsam mit Ihnen eine Pizza zu belegen. Lassen Sie die Kinder so viel wie möglich selbst machen, das stärkt ihr Selbstbewusstsein, ihre Kompetenz und die Motorik. Ältere Kinder können Sie langsam mit einem Küchenmesser oder Gemüseschäler vertraut machen. Wichtig ist, ihnen hier die Gefahren zu verdeutlichen, ihnen geduldig den Umgang zu erklären und sie zu beobachten. Es ist richtig, dass die gemeinsame Zubereitung der Mahlzeit mit Kindern oftmals länger dauert. Hierbei handelt es sich nicht um reine Küchenarbeit. Die gemeinsame Zeit, der Spaß sowie die Vermittlung von Alltagskompetenzen stehen klar im Vordergrund. Ganz nebenbei regt selber Kochen den Appetit und die Lust zum Probieren an.


Welche grundsätzlichen Regeln sollten am Tisch für alle Familienmitglieder gelten?
Wenn wir von der Familienmahlzeit in Ruhe und als Raum zum gemeinsamen Austausch sprechen, dann versteht es sich von selbst, dass jegliche Ablenkung wie Handy, Fernsehen oder Radio hier keinen Platz haben. Gleiches gilt auch für die oftmals beliebte Zeitung beim Essen. Regeln, die von allen eingehalten werden müssen, sind geben den Kindern Sicherheit. Zur besseren Akzeptanz sollten die Tischregeln gemeinsam von der ganzen Familie festgelegt werden. Die Regeln selbst können ganz unterschiedlich sein, wie gemeinsamer Beginn und Ende der Mahlzeit, nicht vom Teller des Nachbarn essen, die Ellenbogen gehören während des Essens nicht auf den Tisch oder den anderen aussprechen lassen. Die Familie sollte sich in den Regeln wiederfinden, da sie nur so gelebt werden.


Gibt es Gesprächsthemen, die nicht an den Essenstisch gehören?
Generell sollte der Esstisch nicht zum "Problemtisch" werden. Für die schlechte Note in Mathe sollte ein anderer Raum gefunden werden. Werden beim Essen immer nur Probleme besprochen, so wird die gemeinsame Familienmahlzeit schnell zum Verdruss führen und keiner freut sich mehr auf den Genuss in gemeinsamer Runde. Auch wenn es mal nicht so ein angenehmes Thema ist, sollten Gespräche die sich am Tisch ergeben, nicht abgeblockt werden. Vielmehr ist darauf zu achten, dass diese Themen dann kindgerecht kommuniziert werden.


Können Eltern schon von Kleinkindern verlangen, dass diese am Tisch sitzen bleiben, bis alle aufgegessen haben?
Eltern sollten das Ziel haben, Kindern die Bedeutung des gemeinsamen Beginns und Endes der Mahlzeit zu vermitteln. Hierzu kann man auch ganz klar Regeln definieren. Selbstverständlich kann ein Kleinkind diese Regeln noch nicht so einhalten wie z. B. ein 5-Jähriger. Hier ist der Weg das Ziel. Sind mehrere Kinder am Tisch, so kann man auch festhalten, dass man so lange sitzen bleibt, bis alle Kinder mit dem Essen fertig sind. Was man vermeiden sollte, ist das „Essen nebenbei". Das bedeutet, dass Kinder beim Essen immer wieder aufstehen, sich mit einer anderen Sache beschäftigen und dann wieder an den Tisch kommen um den nächsten Löffel zu essen.