Hürde #2: IT-Fachkräftemangel
Der Aufwand für Betrieb, Support und Wartung der IT in den Schulen soll ebenfalls von den Kommunen, privaten Schulträgern und Schulen geleistet werden. Hier treffen die nach Unterstützung suchenden Schulen auf einen leergefegten IT-Fachkräfte-Markt und volle Auftragsbücher bei allen Anbietern. Dadurch übernehmen vielerorts die Lehrkräfte technische Problembehebungen, sind Ansprechpartner für andere Lehrkräfte und für Schülerinnen und Schüler bei technischen Problemen. Dabei sollte die Hauptaufgabe der Lehrkräfte die pädagogische Vermittlung von Kompetenzen und Inhalten sein und nicht die Wartung von Netzen und Geräten.
Immerhin: Der Bund will sich im Schuljahr 2020/21 pauschalisiert bei der Ausbildung und Finanzierung von Administratoren an den Schulen beteiligen. Mit dem „Beratungs- und Unterstützungssystem für Schulen und Schulaufsicht“ wurde zudem eine Gruppe von Digitalberater/innen geschaffen, die in Brandenburg Schulen u.a. bei der Einführung der Schul-Cloud ab dem Schuljahr 2020/21 begleiten.
Dennoch zeichnet sich durch diese ersten beiden Hürden bereits ab: Schulen mangelt es schon im Vorhinein an Zeit, Geld, Administration und Unterstützung, oftmals auch an Dienstrechnern. So mutet das Digitale an Schulen schnell als Zusatzbelastung an, und nicht als Erweiterung der Möglichkeiten. Und so wird die Schere zwischen Schulen, denen die digitale Transformation gelungen ist und solchen, die die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, immer größer.
Hürde #3: Überlastung der Prüfanstalten
Dass die Beantragung der Digitalpakt-Mittel in Brandenburg erst drei Monate später als in Sachsen möglich war, rächte sich im Frühjahr 2020, als die Coronavirus-Pandemie ihren vorläufigen Höhepunkt in Deutschland erreichte. Verantwortlich für die formelle und inhaltliche Prüfung der Anträge und Medienentwicklungspläne sind die Investitionsbanken der Länder, in Brandenburg die ILB. Ausgerechnet zu der Zeit, als Schulen aufgrund ihrer holprigen Homeschooling-Erfahrungen ihren Bedarf an Fördermitteln zur Digitalisierung erkannten, waren die Kapazitäten der ILB an anderer Stelle gebunden: beim Corona-Soforthilfeprogramm. Erst als die ILB der Flut an 76.000 Soforthilfe-Anträgen Herr geworden war, konnte sie wieder zum normalen Arbeitsmodus übergehen. In der Zwischenzeit mussten Kapazitäten an anderen Stellen wie den Digitalpakt-Anträgen eingespart werden. Dadurch lässt sich erklären, warum von den 133 Anträgen Ende Juli erst 21 bewilligt werden konnten und so erst 3,1 von 168 Millionen Euro aus dem Topf genutzt werden können.
Der Bund will einspringen
Möglicherweise springt in Sachen digitaler Infrastruktur die Bundesregierung ein, die kürzlich eine erneute Digitalisierungsoffensive ankündigte. Bundeskanzlerin Angela Merkel, SPD-Chefin Saskia Esken und die Bildungsminister von Bund und Ländern einigten sich im August darauf, dass jeder Lehrer einen Dienst-Laptop bekommen soll und jeder Schüler einen Internet-Zugang, der maximal 10 Euro im Monat kostet. In Zusammenarbeit mit dem Verkehrsministerium soll außerdem jede Schule in Deutschland an schnelles Internet angeschlossen werden. Abgesehen vom WLAN in den Haushalten der Schüler/innen sind das Maßnahmen, die jede Schule bereits mithilfe der Digitalpakt-Mittel für sich hätte umsetzen können.
Konkrete Beschlüsse wurden bei dem Treffen leider noch nicht gefasst. In folgenden Gesprächen wollen Bund und Länder die nächsten Schritte aushandeln. Sollte hieraus ein weiteres, umfangreiches Förderprogramm für Deutschlands Schulen erwachsen, muss jedoch unbedingt sichergestellt werden, dass die Antragstellung unkompliziert und schnell vonstattengehen kann. Sonst könnte hier erneut das Problem entstehen, dass die Schulen mancher Bundesländer ihren Anteil am Fördertopf problemlos ausschöpfen können, während andere diese Möglichkeit verschlafen oder mit der Komplexität nicht umgehen können.