Alle Studien sind sich einig: Homeschooling bringt eine erhöhte psychische Belastung für Eltern und Kinder mit sich. (Foto: designed by freepik)
Die Studienlage
Was bedeutet es für die Kinder, wenn Kitas und Schulen über Wochen schließen? Seit dem Frühjahr wurde diese bis dato einmalige Situation in Umfragen und Studien untersucht. Wir stellen erste Ergebnisse vor.
Schulbarometer 2020, VÖ 04.2020
Für das Schulbarometer wurden im März und April 2020 mehr als 24.000 Schüler, Eltern und Lehrer in Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Damit ist es eine der ersten und umfangreichsten Untersuchungen zur ersten Schulschließung im Frühjahr. Wichtigstes Fazit: Die Schere zwischen den Schülern geht durch den Lockdown weiter auseinander. Schüler, die schon vorher Probleme hatten, können sich nur schwer motivieren und werden vermutlich stärker zurückfallen. Besonders diese Faktoren spielen eine Rolle: sozialer Hintergrund, Fähigkeit zur Selbständigkeit und Qualität des Fernunterrichts.
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Nur sieben Prozent der Grundschüler erhielten während der ersten Schulschließung regelmäßig Unterricht über Videochat. © Vodafone Stiftung Deutschland
Unter Druck - Elternbefragung, VÖ 04.2020
In einer Studie der Vodafone Stiftung wurden über Infratest dimap Eltern befragt. Viele von ihnen standen demnach durch die Schulschließung unter erhöhter psychischer Belastung. Besonders Eltern aus sozioökonomisch schwachen Haushalten machen sich Sorgen um die Bildung ihrer Kinder, ihre wirtschaftliche Lage und ihre Gesundheit.
Schule auf Distanz – Lehrerbefragung, VÖ 05.2020
Zwei Drittel der Schulen in Deutschland hatten im Frühjahr kein Gesamtkonzept, das die Versorgung der Schüler mit Lernangeboten sicherstellt. Das ist das ernüchternde Fazit einer repräsentativen Befragung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland. Die Befragung hat auch gezeigt: Schulen, die schon vor der Krise erfolgreich digital gearbeitet haben, können effektiver beschulen und erreichen ihre Schülerschaft verlässlicher.
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Corona – Familien am Limit, VÖ 05.2020
Wie geht es Familien in der Krise? Um diese Frage zu beantworten, hat die Konrad-Adenauer-Stiftung Familienblogs ausgewertet. Das Fazit: Viele Eltern kommen an ihre Belastungsgrenze, wenn die In-frastruktur aus Betreuung und Verein wegbricht. Somit ist die Zuständigkeit für das Aufwachsen der Kinder wieder zu einer reinen Privatsache geworden. Als weitere Erschwernis kommt die Gefahr eines Rückfalls in alte Geschlechterrollen hinzu, denn Kinderbetreuung ist in Familien weiterhin meist Frauensache. Kritisch ist dabei die Reduzierung von Eltern auf ihre Elternrolle.
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Schule zu Hause, VÖ 05.2020
Die Studie im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung hat Schüler und Eltern zu ihrer Perspektive auf das Homeschooling befragt. Die Schüler beklagen vor allem die fehlenden sozialen Kontakte zu ihren Freunden. Bei den Lernaufgaben nutzen die Lehrer kaum innovative Formate. Die Mehrzahl der Schüler erhält Arbeitsblätter per Mail. Mehr als die Hälfte der befragten Eltern fühlen sich ausreichend durch die Schule unterstützt, Eltern von Gymnasiasten besser als jene von Grund- oder Realschülern.
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KiCo-Studie, VÖ 05.2020
Viele Familien fühlen sich bei den politischen Entscheidungen in der Pandemie nicht ausreichend wahrgenommen. Stattdessen erwarte die Politik, dass Familien die zusätzlichen Belastungen „irgendwie“ in den Griff bekämen. Das ist das Fazit der KiCo-Studie, für die im Zeitraum vom 24.04. bis 03.05.2020 mehr als 25.000 Eltern befragt wurden. Diese nehmen die neue Situation sehr unterschiedlich wahr. Die einen leiden unter den zusätzlichen Belastungen, andere sind dankbar für neu gewonnene Familienzeit und Entschleunigung. Die Studie wurde von Wissenschaftlern der Uni Hildesheim und der Uni Bielefeld durchgeführt.
Fernunterricht als Ausnahmesituation, VÖ 06.2020
Für die meisten Grundschüler bedeutete der Fernunterricht im Frühjahr, dass sie weniger lernten. Die Lehrer stellten vorrangig Aufgaben in den Kernfächern bereit, die meisten Kinder investierten deutlich weniger Zeit ins Lernen als sonst. Wie stark Eltern die Situation als Belastung empfanden, hing u.a. von ihrer eigenen Kompetenzeinschätzung, von der Unterstützung der Schule und der Situation zuhause ab. Die Studie zeigt ein Potenzial des Fernunterrichts auf: Wenn Lehrer und Eltern sich häufiger austauschen, profitieren die Kinder davon. Für ihre Studie befragten die Autoren knapp 4.000 Eltern von Grundschulkindern.
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Folgekosten ausbleibenden Lernens, VÖ 06.2020
Diese Untersuchung des ifo-Instituts schaut auf die ökonomischen Folgen der Schulschließungen. Anhand eines historischen Rückblicks auf lange Schulstreiks und Kurzschuljahre in der BRD der 1960er Jahre wird belegt, dass längerer Unterrichtsausfall mit fehlenden Kompetenzen und langfristig mit Einkommensausfall und schlechteren Chancen am Arbeitsmarkt einhergeht. Demnach reduziert Unterrichtsausfall, der einem Drittel eines Schuljahres an verlorenem Lernen entspricht, das spätere Erwerbseinkommen der betroffenen Schüler um rund 3 bis 4 Prozent.
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Deutsches Schulbarometer Spezial, VÖ 01.2021
Seit Mitte Januar liegt die erste Längsschnittstudie zu den Schulschließungen vor. Die Robert-Bosch-Stiftung hat für das Deutsche Schulportal nach einer ersten Umfrage im Frühjahr 2020 nun bereits zum zweiten Mal die Lehrer nach ihren Erfahrungen befragen lassen. Der direkte Vergleich zeigt: Viele Lehrer haben beim Einsatz digitaler Formate und Tools verglichen mit dem Frühjahr erkennbar dazugelernt. Auf der anderen Seite wurden an den meisten Schulen bislang nur wenige verbindliche Konzepte zur Vorgehensweise im Fernunterricht etabliert. Eines der größten Probleme bleibt weiterhin die digitale Ausstattung.
Krise als Beschleuniger: 46 Prozent der Lehrer nutzen digitale Werkzeuge heute häufiger als noch vor knapp einem Jahr, vor allem beim Unterricht per Stream gab es einen deutlichen Zuwachs. Quelle: Das Deutsche Schulbarometer Spezial (Angaben in Prozent)