Foto: Dirk Dunkelberg
Ein Gespräch mit Esther Schweins über Kinder, Familie und ihr Familienstück Hi Dad!
Im Oktober spielt die von Esther Schweins inszenierte Comedy „Hi Dad!“ in der Alten Chemiefabrik in Cottbus. Das Stück ist quasi die Fortschreibung des Erfolgsstückes CAVEMAN, das sie zehn Jahre zuvor ebenfalls für den deutschen Markt inszenierte. Das zweite Stück scheint Esther Schweins Leben zu spiegeln – beschreibt es doch kurz nach der Geburt ihres zweiten Kindes die Wirren des um ein Kind bereicherten Beziehungsalltags. Wir sprachen mit Esther Schweins auf Mallorca, zwischen Kindergarten, Einparken und Kaffee:
Sie haben einmal gesagt, dass Sie sich „weg fotografiert und leer gefragt“ gefühlt haben – wonach suchen sie heute Interviews und Medientermine aus?
Es muss um Inhalte oder Projekte gehen. Wenn wir auch über eine Sache wie „Hi Dad!“ reden, die ich gemacht habe, dann macht mir das Spaß. Wenn es nur um die eigene Person geht, dann ist es diese Boulevard-Seelenschau – und das mache ich nicht gern.
Wie sieht ihr heutiger Tag aus – Filmdreh, Moderation oder Familie?
Familie. Bis gestern war ich in München und heute ist zu Hause Familie angesagt: Die Kinder in den Kindergarten bringen, das mache ich seit letzter Woche. Da muss ich mich schweren Herzens verabschieden, weil mein Sohn noch weint. Die letzte Woche war ich den ganzen Tag da – aber auch heute habe ich noch eine halbe Stunde draußen vor der Tür gestanden. Jetzt war ich gerade einkaufen und habe Fruchtschnitten für meine Kinder erstanden – die ich auf Mallorca nur beim deutschansässigen Müller-Markt bekomme.
Wachsen Ihre Kinder zweisprachig auf?
Ja, sie sind sogar in der glücklichen oder unglückseligen Lage, dass sie fünfsprachig aufwachsen. Die Kinder sind momentan wohl ein bisschen verwirrt. Die Oma von väterlicher Seite spricht als Muttersprache französisch. Mein Mann spricht Mallorqui, das aus dem Katalanischen kommt, dann wird auch ein bisschen spanisch gesprochen, das haben sie jetzt im Kindergarten. Dann kommt auch englisch dazu, weil ich mit meinem Mann auf englisch spreche.
Wir haben auch Kinder zu Hause, da ist Kommunikation in einer Sprache manchmal nicht einfach – wie halten Ihre Kinder das bei fünf Sprachen auseinander?
Noch nicht. So ein bisschen, aber das ist alles noch eins. Sie sprechen unheimlich gut deutsch, da sind sie weiter, als ich das gedacht hätte. Das liegt wohl daran, dass das Sprachzentrum sehr angeregt ist. Alles andere verstehen sie mehr oder weniger gut, aber sprechen es noch nicht.
Sie haben in der Zeit vor ihrer Familie einmal die Hauptrolle in einem Film namens „Tausche Kind gegen Karriere“ gespielt. Warum haben Sie beides unter einen Hut bekommen?
Um ehrlich zu sein, ich finde: Man kann Kinder und Karriere nicht unter einen Hut bekommen. Man kann versuchen zu zaubern und zu organisieren, aber Kinder allein lassen bedeutet für eine Mutter immer Kinder allein zu lassen. Das ist am Ende des Tages bei allen so, da kann man als Mutter noch so gut organisiert sein und beschwören, dass man es hinbekommt und wie toll das alles ist. Für meinen Teil muss ich sagen: Mir bricht jedes Mal das Herz. Ich weiß auch nicht, wie toll das für Kinder am Ende des Tages ist. Weg müssen wir sicher alle mal und alle Großen müssen arbeiten – das ist das einzige Argument, dass ich auch den Kindern gegenüber habe. Aber das es in unserem Fall bedeutet, auch Nächte weg zu sein, ist mehr als unschön.
Sie haben für Ihre Kinder aber geschafft, das Privatleben so vor der Öffentlichkeit zu hüten – was ist da ihr Geheimnis?
Zähigkeit und Verlässlichkeit. Ab einem bestimmten Punkt ist das eine Verschlossenheit der Presse gegenüber, von der man ja nicht in erster Linie freundlich bewertet wird. Wenn das eine Stetigkeit und Konsequenz hat, wird es irgendwann auch von den Medien akzeptiert. Es gibt auch keine andere Chance – die Kinder einmal zu zeigen, das kann man nicht wieder rückgängig machen.
Sie leben mit ihrer Familie auf Mallorca – war das auch eine Entscheidung gegen das oft als familienunfreundlich geltende Deutschland?
Nein, darüber habe ich nicht nachgedacht, als ich meinen Mann kennen lernte und auch nicht, als die Kinder kamen. Die Kinder haben hier natürlich viel öfter die Möglichkeit, nackt herumzuspringen und ein naturbezogenes Aufwachsen zu genießen. Der Vater ist ja auch Landwirt. Wäre der Vater Landwirt in Brandenburg, wäre das sicher nicht anders.
Nur das Wetter wäre schlechter, sie hätten mehr Konsumwahn …
Eigentlich sehe ich, dass man hier mit den gleichen Umständen umgeht, nur ein bisschen zeitversetzter. Auch hier bricht die Großfamilie weg, hier ändert sich auch viel. Was ich hier bemerke, ist ein viel stärkerer Konsumterror bei Artikeln für Kinder. Wenn man hier in den Supermarkt geht, wird man vom Eingang bis zum Ausgang beballert – und alles muss in Supersize sein. Supersize-Barbie, Plastik noch und nöcher – wenn man hier zu Ostern oder Weihnachten die Müllcontainer abfährt, hat man die Geschenke für das nächste Jahr zusammen.
Der ökologische Trend ist in Mallorca also noch nicht angekommen?
Das in unserem Stück „Hi Dad!“ erfundene, ökologisch abbaubare aus nachhaltiger Forstwirtschaft für die Feinmotorik sehr wertvolle Feuerwehr-Auto mit dem ausdrehbaren Feuerleiterturm, das gibt’s hier nicht.
Wie sieht eigentlich das Familienleben auf Mallorca aus – ist die romantische Vorstellung vom Spielen im Olivenhain und täglichem Planschen im Meer zu romantisiert?
Natürlich fahren wir ab und zu ans Meer, weil das Meer einfach in der Nähe ist. Das wäre in Berlin vielleicht der Wannsee. Jeden Tag machen wir das aber nicht. Der Alltag ist hier auch ein normaler Alltag – da müssen die Kinder auch mit in den Supermarkt – je nachdem, wie es gerade um meine Zeit bestellt ist. Wir liegen nicht in der Hängematte – schön wärs!