Alexander Knappe ist mit seinen gefühlvollen Liedern, in denen neben vielen Emotionen auch viel Heimat steckt, seit Jahren ein musikalischer Botschafter der Lausitz. Seine Konzerte mit dem Philharmonischen Orchester des Staatstheaters und seine Auftritte bei den Cottbuser Jugendweihen verbinden verschiedenste Generationen in Lausitzer Familien auf besondere Weise. Eltern finden seine Musik ebenso cool wie Kids und Jugendliche – und auch im lausebande-Team wird er immer wieder gern gehört und begleitet lange Redaktionsabende. Viele Gründe also, mit dem sympathischen Musiker zu sprechen:
Du lebst in Berlin, hast dort viele Freunde, warum ist die Lausitz dennoch die große Heimat für dich?
Ich bin in der Lausitz aufgewachsen und sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Ich bin aber auch jemand, der gerne aus sich herausgeht, etwas riskiert und auch mal über den Tellerrand schaut. Aber man merkt schnell, was einem fehlt, wenn man es nicht mehr hat. Deshalb beobachte ich meine Lausitzer Heimat und komme gern immer wieder nach Hause.
Viele junge Menschen ziehen hier weg, sind regelrecht froh, rauszukommen – warum siehst du das anders? Das muss im ersten Moment gar nicht so schlecht sein, etwas anderes sehen zu wollen. Ich glaube, der große Teil von jenen, die gehen, kommt auch wieder zurück. Sie kommen mit Erfahrungen und Ideen wieder, die sie dann in die Lausitz einbringen können – das ist gut. Aber wir wissen natürlich, dass es in der Lausitz wirtschaftliche Probleme gibt. Viele müssen sich anderswo um einen Job kümmern, da ist sicher die Politik gefragt. Aber ich halte die Lausitz für einen sehr interessanten Ort, auch abseits von Fußball und Vattenfall. Es ist eine tolle Heimat, in der man bleiben oder in die man zurückkehren kann. Das versuche ich auch in meinen Liedern zu sagen.
Die Familie ist für dich ein guter Grund, immer wieder zurückzukehren – welche Rolle spielt Familie in deinem Leben? Familie ist für jeden Menschen ein ganz wichtiger Anker, der in schwierigen und auch guten Zeiten Halt gibt. Familie holt dich auch runter, wenn du dabei bist, abzuheben. Deshalb ist Familie unfassbar wichtig. Familie ist oft der einzige Ort, an dem man ein ehrliches Lachen erhält – oder ein ehrliches Weinen.
Deine Eltern haben sich getrennt, als du in die Schule kamst, hat das bei dir besondere Spuren hinterlassen? Ich würde lügen zu sagen, das hat keine Spuren hinterlassen. Man schreibt als Musiker viel über das, was man nicht hat. In meiner Familie habe ich bis heute das Gefühl, dass das Gefüge nicht hinhaut. Das gehört aber zu mir. Ich freue mich immer wieder, Familien zu erleben, die eine Einheit bilden und miteinander glücklich sind. Ich bin leider ein Scheidungskind, was mir manchmal sicher auch anzumerken ist. Es fällt mir schwer, Bindungen zu Menschen zu finden, die ich neu kennenlerne. Vermutlich hat das damit zu tun. Familie ist eben das einzige, was man im Leben nicht kaufen kann. Deshalb sollte man auch aufpassen, dass man sie nie verliert.
Wie spiegelt deine Musik diese Erfahrungen wieder? Die Familie oder generell die Liebe zu anderen Menschen spielt in meinen Songs immer eine Rolle. Bei mir geht es auch um Freundschaften, die man gewinnt und verliert. Das findet manchmal auch zwischen den Zeilen statt.
Familie und Heimat sind auch wichtige Themen in deinen Videos, der Cottbus-Hymne des ersten Albums folgte zur Single „lauter leben“ des zweiten Albums ein Video mit deinem Bruder, seid ihr trotz des großen Altersunterschieds ein Herz und eine Seele? Leider sehe ich meinen kleinen Bruder sehr selten. Wir sind uns zum Glück aber sehr ähnlich und haben die gleiche Energie. Man merkt es auch im Video, dass es bei uns dieses Selbstverständnis gibt. Ich habe das Video auch benutzt, um eine schöne Zeit mit meinem kleinen Bruder zu verbringen. Es ist nämlich die Schattenseite der Musik, dass man viel unterwegs ist und dadurch zu wenig Zeit für die Familie hat.
Im Video erlöst du deinen Bruder mit einem Trip ans Meer, raus aus der langweiligen Provinz – verbindest du damit Sehnsüchte deiner eigenen Kindheit? Überhaupt nicht. In meiner Kindheit hätte ich mir keinen besseren Ort als Cottbus und die Lausitz vorstellen können. Ich kann mich an keinen Moment erinnern, in dem ich weg wollte. Das Wegwollen kommt erst mit 15, 16 Jahren – wenn man sehen möchte, was woanders geht und neue Freunde kennenlernen will.