Interview mit Fernsehkoch Horst Lichter
Horst Lichter ist eine Frohnatur, wie sie im Buche steht. Doch der Koch mit dem auffälligen Bart hatte nicht immer Glück im Leben. Mitte zwanzig erlitt er zwei Hirnschläge, er verlor seine Tochter durch den plötzlichen Kindstot. Er hat sich nicht unterkriegen lassen und mit der Lausebande über seinen Weg geredet.
Fernsehköche gibt es wie Sand am Meer – was unterscheidet Sie von all den anderen, mal abgesehen vom Bart und mehr Humor, als Christian Rach?
Das entscheiden ja zunächst die Zuschauer. Aber ich glaube, mich hebt von den anderen ab, dass ich das unfassbare Glück, dass ich immer nur ich selber sein darf. Ich muss mich nicht verbiegen und nicht zeigen, was ich alles könnte. Ich habe einfach Spaß und zum Glück ist es genau das, was die Leute sehen wollen. Etwas Schöneres kann es gar nicht geben.
Warum wollten Sie Koch werden? Und nicht zum Beispiel Autohändler für Oldtimer?
Das ist relativ einfach: Ich wollte dahin, wo Menschen sind. Ich bin in einem kleinen Dorf groß geworden und damals gab es all die Dinge nicht, die es heute gibt. Da hat man als Koch in einer Gaststätte gearbeitet. Da kommen alle hin: Da wird gelacht, da wird geweint, da werden Sorgen mitgeteilt. Genau das wollte ich haben. Ich wollte die Leute unterhalten und ihnen das Gefühl geben, dass sie als Gäste willkommen sind und nicht nur als Umsatz betrachtet werden.
Als Koch muss man hart im Nehmen sein – haben Sie ein dickes Fell?
Teilweise ja. Heute sowieso, aber damals war das nicht unbedingt so. Deswegen habe ich den Beruf auch einmal an den Nagel gehängt. Ich hatte einige Jahre als Koch gearbeitet nach der Lehre und bin dann in die Braunkohle gegangen. Ich habe gesagt, ich kann das alles nicht und ich möchte das alles nicht mehr. Ich möchte nicht immer angeschrien werden. Hart arbeiten war in unserer Familie normal: Man musste viel machen, um etwas zu erreichen. Aber dieses Zwischenmenschliche in der Küche war damals für mich nicht tragbar. Entweder war ich ein Weichei oder es war einfach zu viel. Man muss wissen, was man möchte. Man muss für den Weg, den man geht die Konsequenzen tragen. Ich war damals wohl einfach zu jung dafür. Heute habe ich das Glück, dass alles sehr schön ist. Ich bin mittlerweile zu der Überzeugung gekommen, dass mein Leben zu kurz ist, um mich zu ärgern.
Sie mussten viele Schicksalsschläge einstecken, bevor Sie zum ersten Mal vor eine Kamera getreten sind – warum haben Sie sich in das Haifischbecken namens „Medien“ begeben?
Ich bin zufällig entdeckt worden. Außerdem muss man bedenken, wo ich herkomme: Ich komme aus einem kleinen Dorf im Randgebiet zwischen Köln und Düsseldorf. Bei uns gab es niemanden, der irgendwann mal im Fernsehen gewesen wäre. Für mich waren diejenigen, die für die Tageszeitung oder den Abendkurier geschrieben haben schon Stars. Als ich zufälliger Weise entdeckt wurde, hatte ich glücklicherweise von Anfang an viele nette Menschen in der Medienbranche kennengelernt. Natürlich habe ich auch andere Erfahrungen gemacht. Trotz alledem liegt es an einem selber: Lässt man sich darauf ein oder nicht? Ich bin auf keinem roten Teppich zu sehen. Das ist nicht meine Welt. Wenn ich mal hinmöchte oder muss, dann gehe ich, aber stelle mich dort nicht zur Schau. Wenn ich hoch klettere, muss ich damit rechnen, dass ich abstürze. Hin und wieder wird man enttäuscht, aber dafür muss man nicht in den Medien sein. Das passiert auch so.
Sie haben damit angegeben mit „drei Stunden Schlaf auszukommen“ – gibt es überhaupt Ruhe in Ihrem Leben? Sie scheinen trotz diesen gesundheitlichen Rückschlägen ziemlich auf Zack zu sein.
Damals war ich noch sehr jung und naiv. Ich habe geglaubt, mit drei Stunden Schlaf könnte man hinkommen und wer mehr schläft, ist faul. Natürlich alles aus der Situation heraus, dass wir gebaut hatten, wir hatten eine junge Familie, die Finanzierung klappte nicht. Statt aufzugeben, habe ich mehr gearbeitet. Nach dem Hirnschlag (mit 26 Jahren; Anm. d. Red.) habe ich gesagt, okay jeder wird mal krank. Dann wird man aber auch wieder gesund und dann geht es weiter. Nach dem zweiten Hirnschlag (mit 28 Jahren; Anm. d. Red.) habe ich angefangen zu überlegen. Jeder Mensch ist in der Lage Unfassbares zu leisten – entweder, wenn er muss oder wenn er möchte. Heute möchte ich all diese Dinge machen, die ich machen darf. Deswegen ist das keine Belastung. Ich stehe auf der Bühne, die Menschen mögen mich. Es gibt sicher welche, denen es nicht so geht, aber das hat man immer im Leben. Ich bin wirklich momentan ein Glückskind, egal was da alles noch passiert.