Alles BIO? Logisch!

Datum: Mittwoch, 03. Juni 2015 10:07


Warum bio kaufen?

Insgesamt gab es Ende 2014 in Deutschland knapp 24.000 Biohöfe. Bei insgesamt 288.000 heißt das: Acht Prozent der Landwirte bauen nach Öko-Standards an. Im Handel finden Verbraucher derzeit 65.000 verschiedene Bio-Produkte von Apfelmus bis Zuckermais. Und die finden immer mehr Abnehmer. Das Bundeslandwirtschaftsministerium erfragt in einer repräsentativen Umfrage regelmäßig die Vorlieben der Verbraucher für Biolebensmittel. Die Ergebnisse werden im Ökobarometer veröffentlicht. Die letzte Umfrage von 2013 ergab: Jeder vierte Deutsche greift häufig oder ausschließlich zu Biolebensmitteln, jeder zweite gelegentlich und 26 Prozent kaufen nie Bio. Jüngere kaufen häufiger Bio als Ältere. Am häufigsten wird aufs Biosiegel geachtet bei Obst und Gemüse, bei Eiern und bei Kartoffeln.

Mit Abstand am häufigsten werden Biolebensmittel im Supermarkt oder Discounter gekauft. Was die Umfrage bestätigt hat: Wer auf Bio wert legt, dem ist auch regionale Erzeugung wichtig. Die wichtigsten Gründe, warum Kunden überhaupt zu Bio greifen: regionale Herkunft (87%), artgerechte Tierhaltung (85%), geringere Schadstoffbelastung (83%), gesunde Ernährung (77%), Ernährung für Kinder bzw. in der Schwangerschaft (73%), Angst vor Lebensmittelskandalen (59%).

Im Breischälchen und auf Kindertellern landet häufiger bio als bei den Großen. Spätestens wenn aus Paaren Eltern werden, befassen sie sich das erste Mal mit dem Thema. Viele achten darauf, in der Schwangerschaft und für ihre Kinder Biolebensmittel zu kaufen. Ihnen sind die gesundheitlichen Aspekte wichtig. Zudem haben Biomöhren und Bioäpfel einen natürlicheren Geschmack. Da bei Bio nur wenige natürliche Aromen erlaubt sind, schmecken die Lebensmittel ursprünglicher. Kinder entwickeln einen besseren Geruchs- und Geschmackssinn, wenn sie von klein auf hochwertige, wenig verarbeitete Lebensmittel essen und trinken. Ein hoher Nitratgehalt kann gerade für Babys kritisch sein. Da der Organismus von Babys und Kleinkindern unter drei Jahren sehr empfindlich ist, gelten für diese Lebensmittel in Deutschland strenge Richtlinien. In der Diätverordnung ist festgelegt, dass spezielle Lebensmittel für Kinder unter 36 Monaten frei von Pestiziden und sonstigen Schadstoffen sein müssen und dass künstliche Farb-, Konservierungs- und Aromastoffe und Süßstoffe verboten sind. Aus diesem Grund stehen auch viele Babyprodukte vom Brei bis zur Reiswaffel in Bioqualität im Regal.

Damit lässt sich eine wichtige Frage beantworten: Warum sollten Kunden zu den meist teureren Bioprodukten greifen, wo doch Lebensmittel in Deutschland ohnehin streng kontrolliert sind? Ein wichtiges Argument der Biobranche: Sie sind gesünder. Da Biobauern beim Anbau von Obst und Gemüse komplett auf chemisch-synthetische Pestizide verzichten, deutlich weniger Zusatzstoffe verwenden und in der Tierhaltung soweit wie möglich auf Antibiotika verzichten, gelten biologisch erzeugte Lebensmittel als gemeinhin gesünder. Sie enthalten weniger Schadstoffe, dafür mehr gesundheitsfördernde Stoffe wie Omega-3-Fettsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe. Inwiefern sich der Konsum von Biolebensmitteln im Vergleich zu konventionell erzeugten tatsächlich positiv auf die Gesundheit auswirkt, wurde wiederholt in Studien untersucht, ist aber umstritten. So weisen einige Untersuchungen darauf hin, dass das Risiko für Hautausschläge und Allergien sinkt, wenn man sich hauptsächlich bio ernährt. Umstritten ist auch, inwieweit bestimmte Zusatzstoffe oder Schadstoffe tatsächlich krank machen. So wird davor gewarnt, dass ein zu hoher Nitratgehalt, wie er z.B. beim Erwärmen von Spinat entsteht, krebserregend ist und das Erbgut sowie den Embryo schädigen kann.

In Untersuchungen von Ökotest oder Greenpeace schneiden Bio-Lebensmittel durchweg besser ab als jene ohne Biosiegel. Völlig frei von Schadstoffen sind auch sie nicht, aber sie enthalten deutlich weniger der mehr als 300 nachweisbaren Pestizide. Wer nicht immer auf Bioqualität achten kann oder möchte, der kann – so die Ergebnisse einer umfangreichen Greenpeace-Studie – bei einigen Sorten auch auf das Biosiegel verzichten.


Diese Sorten sind häufig mit Pestiziden belastet, hier sollte man besser bio kaufen:
Johannisbeeren, Stachelbeeren, Weintrauben, Himbeeren, Melone, Aprikosen, Kirschen, Pflaumen, Erdbeeren, Petersilie, Paprika, Zucchini, Grünkohl, Auberginen, Radieschen, Salat, Bohnen

Bei diesen Sorten tut es auch konventioneller Anbau, hier ist die Pestizidbelastung geringer:
Bananen, Kiwis, Zitronen, Orangen, Ananas, Äpfel, Mandarinen, Pfirsiche, Brokkoli, Chicorée, Fenchel, Spargel, Zwiebeln, Kartoffeln, Eisbergsalat, Spinat, Blumenkohl, Möhren

Für Obst und Gemüse aus konventionellem Anbau gilt: Entweder gründlich waschen oder schälen und nach dem Schälen Hände waschen, dann landen nämlich viele der Pestizide im Abfluss statt im Körper. Völlig ohne Pflanzenschutzmittel kommt auch die Biobranche nicht aus. Das weiß auch, wer einen Garten hat und dort anbaut oder wer mal einen Apfel vom Baum am Straßenrand aufgelesen hat. Der ist garantiert ungespritzt aber für die Ladentheke leider nicht schön genug. Was Würmer und Maden angefressen haben, wollen wir Kunden nicht kaufen. Daher gilt für Ökolandwirte: Sie dürfen natürliche Pflanzenschutzmittel wie Kupfer und Schwefel einsetzen, die durchaus umstritten sind, da sie der Umwelt schaden. Kupfer ist ein natürliches Schwermetall, das sich im Boden anreichern kann und dort in hohen Dosen giftig für Pflanzen und Tiere ist. Nach Alternativen wird geforscht. Doch bis dahin gilt: Ohne spritzen geht es nicht, aber spritzen ist nicht alles. Vor dem Einsatz natürlicher Pflanzenschutzmittel bemühen sich Ökobauern um vorbeugende oder mechanische Maßnahmen: Einsatz robuster Pflanzensorten, Kappen und Abduschen befallener Pflanzenteile, Aushängen von Schutzvorhängen, Einrichten von Schneckenzäunen. Durch sinnvolle Fruchtfolgen statt Monokultur können sich spezialisierte Schädlinge nicht so leicht ausbreiten. Mit Blühstreifen, Nisthilfen und Hecken fördern Ökobauern die Artenvielfalt. Wo viele Arten wachsen und leben, gibt es auch viele natürliche Feinde für Schädlinge.
Nachhaltigkeit ist ein zweiter wichtiger Pluspunkt von Bio. Ökobauern bemühen sich um eine Kreislaufwirtschaft, bei der möglichst wenig Futter, Nährstoffe und andere Hilfsmittel wie Dünger von außen zugeführt werden müssen. Durch den Verzicht auf Chemie schützen sie Natur und Umwelt, Tier und Mensch, schonen Böden und Wasser. Durch den Verzicht auf Mineraldünger ist das Grundwasser weniger stark mit Nitrat belastet. Im Boden von Ökohöfen findet sich ein höherer Anteil an Humus, er ist also fruchtbarer. Im Schnitt verbrauchen Biohöfe 30 bis 50 Prozent weniger Energie als konventionelle Betriebe. Sie schaffen Lebensräume für seltene Arten. Biolandbau schont das Klima, da er CO2 stärker bindet und weniger Treibhausgase erzeugt, z.B. durch weniger stark überdüngte Böden.