Ein Ratgeber rund um das kindersichere Zuhause ... und wie sich Unfälle vermeiden lassen.
Es passiert jeden Tag und doch ist jeder schwere Unglücksfall tragisch. Die vierjährige Lisa klettert in der Kita. Dabei gerät die Kordel ihrer Jacke um ihren Hals, das Mädchen bekommt minutenlang keine Luft. Lisa überlebt, ist aber heute schwerbehindert. Der sechs Monate alte Marvin macht mit seiner Mama Mittagsschlaf im Elternbett. Ohne dass die Mama es merkt, dreht er sich zur Seite und vergräbt die Nase in ihrer Decke. Dass Marvin dabei erstickt, merkt seine Mama erst, als sie aufgewacht ist. Während der Klassenfahrt ertrinkt die siebenjährige Marie unbemerkt beim Planschen im See. Der vierjährige Matthes entdeckt in der Küche eine Dose Zimt und will davon probieren. Er atmet das Zimtpuder ein und erstickt. Die anderthalbjährige Marie stürzt aus dem Fenster im vierten Stock und stirbt an ihren schweren Verletzungen.
Die Kinder heißen nicht wirklich so, die Unfälle sind aber so oder ähnlich tatsächlich passiert. Diese unheimliche Auflistung ließe sich fortsetzen. Von den knapp 11 Millionen Kindern unter 15 Jahren in Deutschland waren 1,7 Millionen Kinder im vergangenen Jahr nach einem Unfall beim Arzt. Das heißt: Im Schnitt alle 20 Sekunden ist ein Kind in einen Unfall verwickelt. Jungs sind häufiger betroffen als Mädchen. Jedes Jahr müssen 14 Prozent der Mädchen und 17 Prozent der Jungen wegen eines Unfalls zum Arzt, also eins von sieben Kindern. Nicht alle enden so tragisch wie die oben beschriebenen.
Damit es gar nicht erst zu einem tragischen Unfall kommt, klären wir auf den folgenden Seiten umfassend auf über Unfallrisiken für jedes Alter, über die kindersichere Ausstattung von Wohnung, Haus und Garten und erläutern, was im Ernstfall zu tun ist.
Unfallrisiken für Säuglinge
Solange Kinder noch nicht krabbeln können, müssten sie eigentlich ziemlich sicher vor häuslichen Unfällen sein – schließlich können sie sich noch nicht selbst in Gefahr bringen. Sie können nicht zum offenen Fenster krabbeln, nicht am Bücherregal hochklettern, nicht am Kabel des Wasserkochers ziehen, nicht in die Legobox des großen Bruders greifen. Und dennoch sind auch Säuglinge immer wieder in Unfälle verwickelt – oft mit schlimmen Folgen. Für Säuglinge wie für kleine Kinder sind Stürze die mit Abstand häufigste Unfallursache, vor allem der Sturz vom Wickeltisch. Mehr als jeder zweite Unfall wird durch einen Sturz verursacht. Während Kleinkinder auch mal mit dem Laufrad hinfallen oder über eine Kante stolpern, sind es bei Säuglingen fast immer Stürze aus der Höhe. Meistens fallen sie dabei vom Wickeltisch oder Sofa bzw. Elternbett. Auch Stürze in einer vermeintlich schützenden Autoschale sind gefährlich, daher Babywippe oder Autoschale nur auf dem Boden abstellen, nie auf einem Tisch oder Sofa.
Auch bei größeren Kindern sind Stürze die Haupt-unfall-Ursache. Aber: Bei Säuglingen haben die Stürze schlimmere Folgen: Sie enden oft mit schweren Kopfverletzungen wie Gehirnerschütterung oder Schädelbruch. Der Gang zum Kinderarzt reicht dann nicht mehr, stattdessen heißt es: Krankenhaus. 3 von 100 Kindern unter einem Jahr müssen im Schnitt jedes Jahr wegen einer Verletzung ins Krankenhaus, bei den über 5-Jährigen sind es nur noch halb so viele.
Die wichtigste Unfall-Vermeidung für dieses Alter ist und bleibt daher die Aufklärung der Eltern. Was in jedem Geburtsvorbereitungskurs und in jeder Geburtsklinik vermittelt wird, sollte jungen Eltern in Fleisch und Blut übergehen: einen Säugling, egal wie klein und wenig mobil er sein mag, nie allein auf dem Wickeltisch liegen lassen.
Die wichtigsten Regeln fürs Wickeln:
- Immer eine Hand am Kind lassen.
- Den Wickeltisch in einer Zimmerecke aufstellen.
- Ein möglichst breiter Wickeltisch verringert das Risiko, dass das Kind herunterfällt, wenn es sich doch einmal dreht.
- Kein Regal über dem Wickeltisch befestigen, da Gegenstände von dort aufs Kind fallen könnten.
- Alle Wickelutensilien (Windeln, Feuchttücher, Waschlappen, Creme, Wechselsachen) griffbereit haben.
- Babypuder nicht in Kindsnähe abstellen, um Einatmen zu verhindern.
- Wenn doch etwas geholt werden muss, das Kind mitnehmen oder solange auf dem Boden auf einer Decke ablegen.
- Wer die räumlichen Möglichkeiten hat, kann sich den Wickeltisch sparen und auf dem Fußboden wickeln.