Pflegegeld 2016
Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
In Sachsen wird das Pflegegeld in Höhe dieser Empfehlungen ausgezahlt. In Brandenburg entscheiden die Jugendämter über die Höhe der gezahlten Beträge, sie orientieren sich aber ebenfalls an diesen Empfehlungen.
Darüber hinaus können Pflegeeltern sich vom Jugendamt Sonderausgaben erstatten lassen, z. B. für Erstausstattung, Therapiekosten, Schulgeld, Urlaubsreise und Kitagebühren. Das Pflegegeld ist steuerfrei. Das Kindergeld wird an die Pflegeeltern ausgezahlt, sofern das Pflegeverhältnis auf Dauer angelegt ist, aber anteilig mit dem Pflegegeld verrechnet. In einer Dauerpflege haben Pflegeeltern ebenfalls Anspruch auf Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten für ihren Rentenanspruch und auf Eintrag des Kindes auf ihre Lohnsteuerkarte bzw. Anrechnung bei der Einkommensteuererklärung.
Versicherungen
Pflegekinder können sowohl bei ihren leiblichen Eltern als auch bei den Pflegeeltern im Rahmen der Familienversicherung mit krankenversichert sein. Ebenso können sie durch das Jugendamt direkt versichert werden. Da die klassische private Haftpflichtversicherung nicht für Schäden innerhalb einer Pflegefamilie, sondern nur für Schäden gegenüber Dritten einspringt, braucht es dafür eine extra Absicherung, beispielsweise übers Jugendamt. Es gibt auch spezielle Angebote für Pflegefamilien, die diesen Schutz mit abdecken. Die Kosten für eine private Unfallversicherung und anteilig die Kosten für die gesetzliche Rentenversicherung für die pflegende Person (nicht für das Pflegekind) übernimmt das Jugendamt.
Rechtliches
Wer ein Pflegekind zu sich nimmt, soll dafür sorgen, dass es sicher und geborgen aufwächst, dass es sich entsprechend seiner Vorgeschichte gut entwickelt. Um diese Aufgabe gut erfüllen zu können, bekommen Pflegeeltern materielle und immaterielle Unterstützung und haben Rechte. Sie können umfassende Informationen zum Pflegekind und Akteneinsicht verlangen, ggf. anonymisiert. Das gibt ihnen die Möglichkeit, sich vor der Aufnahme eines Kindes umfassend über seine Vorgeschichte zu informieren. Pflegeeltern haben das Recht auf Beratung und Unterstützung in allen Fragen rund um das Pflegeverhältnis. Das kann rechtliche oder finanzielle Fragen umfassen, aber auch pädagogische oder organisatorische. Ansprechpartner dafür ist das Jugendamt. Pflegeeltern haben das Recht und die Pflicht am Hilfeplan mitzuwirken, der regelmäßig erstellt wird. Dazu können und sollen sie an entsprechenden Hilfeplangesprächen mit dem Jugendamt teilnehmen. Pflegeeltern haben einen rechtlichen Anspruch auf Elternzeit. Wenn die Elternzeit für die Aufnahme eines Pflegekindes notwendig ist, muss diese rechtzeitig beim Arbeitgeber beantragt werden. Ein Anspruch auf Elterngeld oder Erziehungsgeld besteht nicht, das Jugendamt zahlt Pflegegeld.
Das für den Alltag wichtigste Recht ist das Sorgerecht. In der Regel teilt es sich auf zwischen Pflegeeltern und leiblichen Eltern bzw. Vormund. Geben die leiblichen Eltern ihr Kind freiwillig in eine Pflegefamilie, bleibt das Sorgerecht zumindest teilweise bei ihnen. Musste das Familiengericht die In-Pflege-Gabe anordnen, wird den Eltern das Sorgerecht (teilweise) entzogen und auf einen Vormund übertragen.
Die Pflegeeltern bekommen die Alltags- und Notfallsorge, um im Alltag mit Pflegekind entscheidungsfähig zu sein. Das betrifft in der Praxis Entscheidungen zur Erziehung des Kindes, zu seiner Freizeitgestaltung, zum Taschengeld, zu Urlaubs- und Klassenfahrten und zu Vorsorgeuntersuchungen. Grundsätzliche Entscheidungen dagegen müssen durch die leiblichen Eltern oder den bestellten Vormund getroffen werden. Solche Grundsatzentscheidungen umfassen beispielsweise die Zustimmungen zu Operationen, zu Therapien, zu Piercings, zu Impfungen und die Frage der Rückkehr in die Herkunftsfamilie. Pflegeeltern sollten nicht für Sachen unterschreiben, für die sie bei Schäden haftbar gemacht werden können, z. B. OPs und Impfungen, auch wenn es manchmal einfacher ist und der Arzt vielleicht nicht weiß, dass es sich um ein Pflegekind handelt.
Die vielen Schwierigkeiten und Paragraphen sollen keineswegs abschrecken, sich auf das Wagnis Pflegefamilie einzulassen, daher lassen wir zum Abschluss noch Pflegeeltern zu Wort kommen. Sie können am besten in Worte fassen, wie Pflegekinder das Familienleben bereichern:
„Es ist immer wieder beglückend, diesen kleinen und auch großen Menschen, die schon so viel erlebt haben, dabei zu helfen, Vertrauen aufzubauen. Die Kinder jeden Tag dabei begleiten zu können ist wunderschön.“
„Die Prioritäten im Leben verändern sich. Tausend Momentaufnahmen – nicht vorhersehbar oder wiederholbar – aber sie machen das Leben mit Pflegekindern so erfüllt.“
„Einem Kind von der Schattenseite auf die Sonnenseite zu verhelfen ist eine wunderschöne, erfüllende Aufgabe.“
Pflegekinder in der Lausitz – Beispiel Spree-Neiße-Kreis
Mit Stand September betreut der Pflegekinderdienst des Landkreises Spree-Neiße 121 Pflegefamilien mit den darin lebenden 156 Pflegekindern.
Der Bedarf an weiteren Pflegefamilien ist immer vorhanden, da es mehr zu vermittelnde Kinder als freie Pflegestellen gibt. Eine genaue Zahl, wieviel Pflegefamilien benötigt werden, ist uns nicht möglich zu benennen. Nicht jedes Kind kann in jeder Familie untergebracht werden, da die Besonderheiten eines jeden Kindes zu berücksichtigen sind und auch die bestehenden Strukturen in den jeweiligen Pflegefamilien. Deshalb ist es wichtig, mehr Pflegefamilien zu haben, als zu vermittelnde Kinder.
Eine Pflegemutter erzählt: „Wir haben vor drei Jahren unser erstes Pflegekind aufgenommen. Ich mag Kinder sehr, habe selbst zwei und wollte gern Kindern eine Chance geben, in einer Familie aufwachsen zu können, wenn leibliche Eltern vorübergehend oder dauerhaft nicht in der Lage sind, für ihr Kind selbst zu sorgen. Der Alltag mit unseren Pflegekindern ist durchaus eine große Herausforderung. Aber wenn ich die Freude und die positive Entwicklung der Beiden sehe, wiegt das alle Sorgen wieder auf. Meine Kinder und meine Eltern stehen voll hinter unserer Entscheidung, Pflegekinder aufzunehmen und unterstützen uns wo nötig. Die Reaktionen von Freunden und Bekannten waren unterschiedlich. Manche fragen mich, warum ich mir das antue, aber die meisten zollen mir Respekt für meine Leistung. Den Vorwurf, ich würde das nur wegen des Geldes machen, kenne ich, das nehme ich nur noch zur Kenntnis. Für unsere beiden Pflegekinder nehme ich zurzeit die Elternzeit in Anspruch. Die Erziehung ist mit sehr viel mehr Aufwand verbunden, als die der eigenen Kinder. Ich habe durch die schwierigen Vorerfahrungen der Kinder viel mehr mit Ärzten und Therapeuten zu tun. Ich nehme regelmäßig an Schulungen teil und lese viel Fachliteratur insbesondere zum Thema „Traumatisierte Kinder“. Bei Erziehern und Lehrern würde ich mir manchmal mehr Verständnis für die besondere Situation der Kinder wünschen. Manchmal reichen viel Liebe und Fürsorge nicht aus, um spezielle Verhaltensweisen oder Entwicklungsdefizite völlig zu beheben. Wir als Familie lernen unsere Pflegekinder zu verstehen und damit umzugehen. Sehr hilfreich ist der Austausch mit anderen Pflegeeltern, da ist mittlerweile ein kleines Netzwerk entstanden. Auch die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt klappt wunderbar. Voraussichtlich werden unsere beiden Pflegekinder auf Dauer bei uns leben. Man baut zu jedem Pflegekind schon nach kurzer Zeit eine enge Bindung auf und natürlich würde es mir sehr schwer fallen, sie wieder gehen zu lassen.“ Mutter zweier erwachsener eigener Kinder und zweier kleiner Pflegekinder, mit denen sie im Landkreis Spree-Neiße lebt.