Dennoch gibt es Ratschläge, die den Alltag mit Alzheimer-Patienten für alle Beteiligten erleichtern können und trotz aller Schwierigkeiten noch schöne Momente ermöglichen.
(Die folgenden Zitate sind Büchern entnommen: Buijssen: Die magische Welt von Alzheimer. Zander-Schneider: Sind Sie meine Tochter?
Braam: ‚Ich habe Alzheimer.‘ Klessmann: Wenn Eltern Kinder werden und doch die Eltern bleiben.)
Die Krankheit kennen
„Nachträglich läßt es sich nicht mehr festlegen, wann es eigentlich begann. Sehr leise, sehr langsam auf jeden Fall. So unauffällig mehrten sich die kleinen Vergeßlichkeiten…, daß es niemand bemerkte – oder bemerken wollte.“
Für Alzheimer gilt das Motto: „Wissen ist Macht.“ Je mehr Sie über Alzheimer bzw. Demenz wissen, desto besser werden sie mit dem Erkrankten und der Diagnose umgehen können. Dieses Wissen hilft, sich vor Augen zu führen, dass der Erkrankte Sachen nicht vergisst, um einen zu ärgern. Er kann nichts dafür. Um sich über Alzheimer zu informieren, können Sie das Internet nutzen. Auch Bücher – insbesondere von Angehörigen verfasste Berichte – können hilfreich sein. Der behandelnde Arzt ist ebenfalls ein wichtiger Ansprechpartner und Ratgeber. Der Austausch in Selbsthilfegruppen kann nützliche Tipps für den Alltag bringen.
Die Krankheit akzeptieren
„Ich bin wütend, dass diese Krankheit ihr alles nimmt. Ich bin enttäuscht, dass ich es nicht verhindern kann. Ich bin entsetzt, dass sie nicht mehr weiß, wer ich bin.“
Wenn Sie die Hintergründe von Alzheimer kennen, dann heißt der nächste wichtige Schritt: Akzeptieren Sie die Krankheit. Sie können sie vielleicht eine Weile aufhalten, aber Sie können sie nicht heilen. Suchen Sie nicht auf Antworten nach dem „Warum?“, sondern suchen Sie Wege, den Alltag für den Erkrankten und Ihre Familie trotz der Diagnose zu erleichtern.
Lob statt Kritik
„Tut mir leid. Ich habe es im Kopf, aber ich kann es nicht erzählen.“
Alzheimer-Patienten haben das, was Sie ihnen vor zwei Minuten gesagt haben, unter Umständen schon wieder vergessen. Der Satz „Das habe ich dir doch schon so oft gesagt“, hilft weder Ihnen noch dem Erkrankten. Er frustriert beide Seiten unnötig. Kritisieren Sie nicht, wenn der Erkrankte wieder etwas verlegt oder vergessen hat, wenn er sich seltsame Sachen angezogen hat, wenn er im Wunsch nach Selbständigkeit gestürzt ist oder beim Essen gekleckert hat. Kritik hört niemand gern, auch nicht gesunde Menschen. Loben Sie stattdessen und versuchen Sie kleine Erfolgserlebnisse zu schaffen.
Konflikte vermeiden
„Frag mich nicht so viel, denn ich weiß nur noch wenig.“
Überhören Sie Vorwürfe und Schuldzuweisungen. Seien Sie stattdessen bereit, auch mal Schuld auf sich zu nehmen. Anfangs suchen die Erkrankten noch nach Ausreden für ihre zunehmende Vergesslichkeit: „Hast du etwa schon wieder meine Brille versteckt?“ Statt den unbegründeten Vorwurf von sich zu weisen, könnten Sie sagen: „Ja, da muss ich wohl nicht aufgepasst haben. Komm, ich helfe dir beim Suchen.“ Auch Ablenken oder Ignorieren kann bei drohenden Konflikten helfen. Vermeiden Sie Diskussionen und übergehen Sie Fehler.
Rituale und Gewohnheiten beibehalten
„Sobald Menschen an Demenz erkranken, werden sie zu Gewohnheitstieren… Nichts ist kostbarer für sie als ihre vertraute, feste Routine.“
Alzheimer-Patienten brauchen eine feste Struktur. Auch wenn sich das spätestens mit dem Umzug ins Pflegeheim nicht mehr umsetzen lässt, sollten die Betroffenen so lange wie möglich in vertrauter Umgebung oder mit vertrauten Gegenständen und Möbeln leben. Veränderungen, neue Einrichtungsgegenstände und Überraschungen überfordern sie schnell. Stattdessen sollte man versuchen, liebgewonnene Rituale und Gewohnheiten beizubehalten.
Aufgaben geben
„Solange wir noch zu etwas fähig sind, sind nur wenige von uns glücklich, wenn sie ihren Tag im Müßiggang verbringen.“
Versuchen Sie die Selbständigkeit lange zu erhalten. Solange es noch möglich ist, sollten Sie den Erkrankten einfache Dinge des Alltags allein machen lassen und ihm einfache Aufgaben übertragen, auch wenn es so unter Umständen länger dauert. In Frage kommen Stricken, Kartoffeln-Schälen, Blumen-Gießen, Wäsche-Aufhängen, Abtrocken. Besonders geeignet sind Tätigkeiten, die sie schon früher (gern) gemacht haben und bei denen nichts passieren kann. Die Erkrankten fühlen sich so noch gebraucht und können anderen eine Freude machen. Nehmen Sie keine Aufgaben ab, die der Erkrankte noch allein bewältigen kann.
Im Hier und Jetzt leben
„Morgen? Sprich nicht von morgen. Ich muss erst versuchen, mir das Heute zu merken.“
Alzheimer-Patienten verlieren zuerst ihr Kurzzeit-Gedächtnis, später gehen Stück für Stück auch die im Langzeitgedächtnis abgelegten Erinnerungen verloren. Mit Alzheimer-Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium lohnt es sich nicht mehr, Pläne für morgen oder nächste Woche zu schmieden oder über den gestrigen Spaziergang zu reden. Genießen Sie schöne Momente oder gute Tage.
Erinnerungen wachrufen
„Ich bringe manchmal die Zeiten durcheinander. Das hat auch witzige Seiten. Manchmal genieße ich dreimal denselben Tag.“
Eine Ausnahme von der eben genannten Regel: Solange sich der Betroffene noch an seine frühere Vergangenheit erinnern kann, können diese Erinnerungen Grundlage für schöne Gespräche sein. Schauen Sie sich gemeinsam alte Fotoalben an, lassen Sie sich Anekdoten von früher erzählen, auch wenn sie diese schon allzu oft gehört haben. Musik oder alte Fernsehfilme können ein Anker in die Vergangenheit sein, wenn der Betroffenen damit noch Erinnerungen verbindet. Es ist erstaunlich, wenn Patienten, die bereits schwer an Alzheimer erkrankt sind, in einem lichten Moment ein Klavierstück von früher spielen oder ein Gedicht aufsagen können.
Zeit lassen
„Ich mache in letzter Zeit so viele Fehler, dass ich Angst habe, man findet mich schrullig.“
Bei Alzheimer-Patienten dauert vieles länger: Das Anziehen, die Mahlzeiten, das Fertigmachen für einen Spaziergang. Durch den Verlust vieler Fähigkeiten und Fertigkeiten, brauchen diese Menschen länger. Geben Sie Ihnen die Zeit, lassen Sie sie Fehler machen, Stress ist kontraproduktiv und führt zu unnötigem Frust.
Humor hilft
„Ohne Galgenhumor wäre es unmöglich, das Zusammenleben mit Mama zu gestalten. Gott sei Dank hat sie ihre gute Laune zum größten Teil behalten.“
Lachen ist die beste Medizin, heißt es. Das gilt auch für Alzheimer. Humor kann die Krankheit nicht heilen, aber er kann sie für alle Beteiligten leichter machen. Mit Alzheimer-Patienten kommt es immer wieder zu merkwürdigen Situationen, lachen Sie gemeinsam mit dem Erkrankten, aber nicht über ihn. Das entspannt die Situation.
Der Ton macht die Musik
„Man müßte die Zuversicht haben können, in Ruhe den Verstand verlieren zu dürfen, und man müßte in dem Gefühl leben können, daß die ‚normalen‘ Menschen einen auch dann als Mensch behandeln werden, wenn man in eine andere Welt verrückt ist.“
Auf eine freundliche Bitte reagieren wir anders als auf eine barsche Aufforderung. Alzheimer-Patienten reagieren ohnehin emotionaler und sind für Tonlage, Stimme und Sprachmelodie besonders empfänglich, während sie den Inhalt des Gesagten immer schlechter aufnehmen können. Lächeln Sie, wenn Sie mit dem Erkrankten sprechen, das sorgt automatisch für einen freundlichen Ton. Auch demente Menschen haben einen respektvollen und verständnisvollen Umgang verdient.
Emotionale Zuwendung
„Man wird da – wenn man nicht aufpaßt – vereinsamt, weil die anderen sagen, mit der kannst du nicht reden, die redet ja lauter Quatsch.“
Zuneigung und körperliche Nähe tun jedem von uns gut. Je älter ein Alzheimer-Patient, desto einsamer wird es in der Regel um ihn und desto weniger empfänglich wird er für andere Reize wie Sprache. Umso mehr freut er sich über Zuneigung. Anfangs können das gemeinsame Spaziergänge sein, kleine Geschenke oder ein Stück Kuchen, gemeinsame Zeit. Gegen Ende der Krankheit ist es vor allem körperliche Nähe, welche die Patienten noch erreicht. Auch wenn sie fast nur noch im Bett liegen und scheinbar nichts mehr wahrnehmen, freuen sie sich, wenn man sie umarmt, ihnen über das Gesicht streichelt oder einfach ihre Hand hält.
Hilfe annehmen
„Sie wird nach und nach vollständig die Fähigkeit verlieren, auch nur im Geringsten für sich selbst zu sorgen.“
Je nachdem wie lange man Opa oder Oma bei sich zu Hause betreut und pflegt, geht die Erkrankung, die oft mehrere Jahre dauert, mit einer großen Belastung für die nächsten Angehörigen einher. Daher ist es wichtig, sich rechtzeitig Hilfe von außen zu holen. Wenn Sie zu Hause pflegen, versuchen Sie gelegentlich Freunde, Nachbarn, andere Familienmitglieder einzuspannen, damit Sie eine kurze Atempause haben. Auch eine Kurzzeitpflege oder ein ambulanter Pflegedienst können kurzzeitige Entlastung bringen. Sobald Sie an Ihre Grenzen stoßen und die häusliche Pflege zur Belastung für die Familie wird, sollten Sie eine Betreuung im Pflegeheim in Betracht ziehen.
An sich selbst denken
„Mutter wird durch die Erkrankung mehr und mehr zum Dreh- und Angelpunkt unseres eigenen Lebens.“
Wer Angehörige zu Hause pflegt, läuft schnell Gefahr, sich selbst zu vernachlässigen. Es ist wichtig, dass sie trotz aller Belastungen versuchen, Ihr normales Leben weiterzuführen. Geben Sie nicht Beruf, Hobbys, Freundschaften und die Partnerschaft auf. Nehmen Sie sich genug Zeit für Ihre Kinder. Achten Sie auf Ihre Gesundheit, gönnen Sie sich Zeiten der Erholung und Urlaub. Das ist schwer umzusetzen, aber wichtig.