Exkurs Erziehermangel: Über 300.000 fehlende Erzieher – wie kam es dazu?
Die Zahlen sind alarmierend: laut dem Nationalen Bildungsbericht 2018 der Kultusministerkonferenz fehlen in Deutschland bis 2025 über 300.000 Erzieher. Die Ursachen dafür sind vielfältig: So erreicht der Bedarf an Kitaplätzen infolge von gestiegenen Geburtenzahlen und hoher Bildungsbeteiligung im Bereich der unter 3-Jährigen neue Höchstmarken. Zahlreiche frühkindliche Pädagogen gehen in den nächsten zehn Jahren in Rente. Die Wertschätzung für den Beruf seitens des Staates und der Gesellschaft lässt nach dem subjektiven Empfinden der Erzieher zudem zu wünschen übrig. Wir gehen dem Erziehermangel in diesem Exkurs auf den Grund – und werfen einen Blick nach Finnland, wo so viel Kita-Personal bereitsteht, dass für ausfallende Kräfte Springer von langen Wartelisten eingesetzt werden können.
Der Betreuungsschlüssel
Der Betreuungsschlüssel spielt in Kitas eine entscheidende Rolle für die Qualität der Betreuung. Dieser gibt an, wie viele Kinder ein Erzieher gleichzeitig beaufsichtigen muss. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt, dass pro Erzieher 7,5 Kindergarten- bzw. 3 Krippenkinder betreut werden. Laut dem aktuellen Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann-Stiftung kommen auf einen Erzieher deutschlandweit 4,3 Krippen- bzw. 9,1 Kindergartenkinder. Je nach Bundesland können die Betreuungsschlüssel in Kitas stark variieren. Das Land Brandenburg weist im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittliche Zahlen auf: Rein rechnerisch kümmert sich ein Erzieher um 5,8 Krippen- bzw. 10,8 Kindergartenkinder. Baden-Württemberg führt die Statistik mit einem Betreuungsschlüssel von 1 zu 3,1 (Krippe) bzw. 1 zu 7,1 (Kindergarten) an. Im Krippenbereich ist Sachsen das Schlusslicht (1 zu 6,4), bei den Kindergartenkindern steht Mecklenburg-Vorpommern mit Werten von 1 zu 13,4 am schlechtesten da.
Selbst zwischen den Landkreisen und Kommunen gibt es innerhalb Brandenburgs erhebliche Unterschiede. In Krippengruppen schwankt der Betreuungsschlüssel zwischen 1 zu 5,4 (Landkreise Oberhavel und Dahme-Spreewald) und 1 zu 6,3 (Barnim und Kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)). In Kindergartengruppen schneidet landesweit der Landkreis Ostprignitz-Ruppin mit einer Quote von 1 zu 9,4 am besten ab, während Brandenburg an der Havel das Schlusslicht ist (1 zu 12,4). Die kreisfreie Stadt Cottbus rangiert mit 1 zu 12,1 auf dem landesweit vorletzten Platz.
Der Betreuungsschlüssel sagt allerdings noch nichts Konkretes darüber aus, wie viele Pädagogen sich tatsächlich mit den Kindern beschäftigen können. Dies wird erst mit der Fachkraft-Kind-Relation möglich. Dabei werden auch Zeiten für Urlaub, Krankheit, Fortbildung, Vor- und Nachbereitung sowie Elterngespräche berücksichtigt. Je nach Szenario und Situation nehmen diese Zeiten 25 bis 40 % der Arbeitszeit ein. Während sich in Deutschland in der Theorie also ein Erzieher um 4,3 Krippenkinder bzw. 9,1 Kindergartenkinder kümmert, sind es in der Praxis abzüglich aller Zeiten schon 5,7 bis 7,2 bzw. 12,1 bis 15,2.
Trotz allem kann festgehalten werden, dass sich der Betreuungsschlüssel und somit auch die Fachkraft-Kind-Relation in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert haben. So lag dieser 2012 deutschlandweit noch bei 1 zu 4,9 (Krippe) bzw. 1 zu 9,8 (Kindergarten). Im Land Brandenburg war vor sechs Jahren eine pädagogische Fachkraft noch für 6,6 Krippen- bzw. 11,6 Kindergartenkinder verantwortlich.