Blick nach Finnland
Anders sieht das beispielsweise in Finnland aus. In jeder Kindergartengruppe befindet sich üblicherweise ein sogenannter Kindergartenlehrer mit akademischem Abschluss in einer leitenden Position. Dieser erhält dasselbe Gehalt wie ein Grundschullehrer. Allein dadurch hebt der finnische Staat die Wertigkeit des Berufs – während studierte Pädagogen in Deutschland noch eher als überqualifiziert gelten und genauso viel verdienen, wie ihre Kollegen mit abgeschlossener Ausbildung.
Die höhere Anerkennung des Erzieherberufs zieht sich durch den ganzen Arbeitsalltag. So wird in gesundheitlicher Hinsicht viel für finnische Erzieher getan: So können sie 3-jährige Rehabilitationsprogramme wahrnehmen, wenn sie angeschlagen sind. Arbeitsgesundheitsärzte besuchen regelmäßig die Einrichtungen und verschaffen sich einen Eindruck über die Arbeitsbedingungen. Nach zehn oder mehr Jahren Dienstzugehörigkeit haben Erzieher zudem die Möglichkeit, im Rahmen eines Sabbaticals drei Monate bis ein Jahr vom Beruf zu pausieren. In dieser Zeit bekommen sie trotzdem noch 1.000 Euro monatlich aus der Rentenkasse. All diese Anreize sorgen dafür, dass es in Finnland kaum einen wahrnehmbaren Erziehermangel gibt. Ganz im Gegenteil: fallen Mitarbeiter z.B. krankheitsbedingt aus, können sogenannte Springer eingesetzt werden.
Auch für Eltern stellt sich die Kitasituation in Finnland angenehmer dar, als in Deutschland. Sie müssen sich nicht um einen Kindergartenplatz bemühen – stattdessen müssen die Kommunen sicherstellen, dass für jedes Kind ein Platz angeboten werden kann. An hoher Beliebtheit vor allem bei Schichtarbeitern erfreuen sich in Großstädten die 24-Stunden-Kindergärten, die in Deutschland kaum verbreitet sind. Zu guter Letzt profitieren auch die Kinder von dem gut ausgebauten, frühkindlichen Bildungssystem: So rangiert Finnland im internationalen Vergleich regelmäßig auf den vorderen Plätzen bei der PISA-Studie.
Erkenntnisse und Vorschläge
Um dem Erziehermangel in Deutschland entgegenzuwirken, müsse die Politik laut Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Direktor des Deutschen Jugendinstituts, an mehreren Stellschrauben drehen. Ein großer Anreiz wäre eine Annäherung des Einkommens an die Vergütungsstruktur im Grundschulbereich. Das würde auch eine Stundenerhöhung für die vielen Teilzeitbeschäftigten attraktiver machen. Darüber hinaus sollte massiv die Werbetrommel gerührt werden, um neues Personal zu gewinnen. Möglichkeiten zur Umschulung sollten erweitert und staatlich gefördert werden.
Auch von Staaten wie Finnland kann das deutsche Kitasystem einiges lernen. Die Akademisierung der Erzieherberufe ist dort nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Damit geht eine höhere Wertschätzung einher, die sich bis hin zu verschiedenen, gesundheitsfördernden Maßnahmen ausweitet. Im Endeffekt herrscht dadurch eine höhere Arbeitszufriedenheit und weniger Erzieher scheiden krankheitsbedingt vorzeitig aus dem Beruf aus.