Für eine erfolgreiche Therapie brauchen wir die Eltern
Cottbus ist der erste Standort in Ostdeutschland, der eine ambulante Kinder- und Jugendrehabilitation anbietet. Wir sprachen mit REHA VITA-Geschäftsführer Christian Seifert über das neuartige Konzept und darüber, warum Eltern eine entscheidende Rolle spielen.
Wie kam es, dass die Lausitz zur bundesweiten Pilotregion für die ambulante Kinder-Reha wurde?
Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass neben unseren vielfältigen Angeboten für Erwachsene, der Bedarf an Therapie für Kinder und Jugendliche immer mehr steigt. Dafür fehlten unseren engagierten Kindertherapeuten zunehmend die Räumlichkeiten. Daher entschieden wir uns 2017 für den Neubau eines Kinder-Therapiezentrums. Während des Baus wurde das Flexirentengesetz verabschiedet, das erstmals die ambulante Kinder- und Jugendrehabilitation ermöglichte. Wir passten die Baupläne an und konnten Räumlichkeiten für eine Kinderarztpraxis schaffen. Die für die ambulante Kinderrehabilitation erforderliche Kinderärztin sitzt direkt im Haus.
Und war es die richtige Entscheidung?
Ja, definitiv. Im Herbst haben wir beim Kostenträger, der Deutschen Rentenversicherung, unser Konzept eingereicht und es zugleich den hiesigen Kinderärzten vorgestellt. Wir haben schnell gemerkt, dass das Interesse der Ärzte, aber auch der Kinderklinik, sehr groß ist.
Welche Familien nutzen Ihr Angebot?
In der aktuellen Gruppe rehabilitieren wir acht Kinder im Alter zwischen elf und 13 Jahren mit jeweils einem Elternteil. Die Familien kommen aus einem Umkreis von bis zu 60 km nach Cottbus. Einige nehmen einen großen logistischen und organisatorischen Aufwand auf sich, um ihren Kindern das zu ermöglichen. Aber sie machen das gern, weil sie sehen, dass es ihren Kindern wirklich hilft. Einige der Kinder haben es zuvor bereits mit professioneller Ernährungsberatung oder einer stationären Reha probiert, ohne das längerfristige Erfolge zu verzeichnen waren.
Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen mit der ersten Gruppe?
Die erste Gruppe, mit der wir Anfang Januar gestartet sind, ist sehr gut angelaufen. Die Kinder sind in etwa einem Alter und harmonieren sehr gut miteinander. Auch die Eltern haben schnell zusammengefunden und sind dankbar, ihre Erfahrungen austauschen zu können.
Warum sind die Eltern Teil der Therapie?
Tatsächlich betreten wir mit der konsequenten Einbindung der Eltern Neuland bei der Kinder- und Jugendlichenrehabilitation. Die Eltern sind bei uns nicht nur Begleitperson oder „Taxifahrer“, sondern nehmen parallel zu ihren Kindern eigene Therapieangebote wahr. Ein Grund dafür ist, dass ohne Veränderung der Lebensgewohnheiten in den Familien keine nachhaltigen Therapieerfolge bei der Behandlung von Adipositas erreicht werden können. Üblicherweise sind die Eltern diejenigen, die Einkaufen und Kochen oder die Hobbys wie z.B. den Anschluss an Sportvereine mit organisieren, sie sind Vorbild für die Kinder. Deswegen bieten wir auch nach der dreimonatigen ambulanten Reha eine wöchentliche Nachsorge an.
Wie läuft diese ab?
Auch hier sind wir bundesweit Pionier, da bei der Kinder- und Jugendrehabilitation bisher nicht mit Nachsorge-Konzepten gearbeitet wurde. Bei unserem Konzept kommen die Kinder nach Abschluss der Reha für ein halbes Jahr ein Mal wöchentlich für 90 Minuten zu uns. Diese 90 Minuten teilen sich dann jeweils zur Hälfte in Ernährungsberatung und Sport auf. Dieses Angebot können übrigens auch jene Kinder nutzen, die zuvor zur stationären Reha waren.
Ist perspektivisch eine Ausweitung der behandelbaren Diagnosen angedacht?
Wir haben bereits die Zulassung für die Behandlung von psychischen Störungen, z.B. ADHS, ADS. Wir wollen uns aber in diesem Jahr zunächst bewusst auf die Behandlung übergewichtiger Kinder und Jugendlicher konzentrieren. Mittelfristig ist eine Erweiterung des Indikationsspektrums vorstellbar, z.B. auf neuropädiatrische Erkrankungen und Rheuma.