Das Glück dieser Erde

Datum: Dienstag, 24. März 2020 15:33

Foto: Frau Schmitt

Pferde lassen sich leichter erziehen als Kinder

Bernd Hackl ist als Pferdeprofi aus der gleichnamigen VOX-Sendung bekannt. Im Interview mit der lausebande spricht der zweifache Familienvater über Parallelen in der Pferde- und der Kinder-Erziehung, verrät uns ein Tipps im Umgang mit Pferden und erklärt, warum es sich in Brandenburg schöner reitet als in seiner bayrischen Heimat.

Vor allem Mädchen sind häufig mit dem „Pferdevirus“ infiziert. Sie haben selbst zwei Söhne, die bei Ihnen auf dem Pferdehof aufwachsen. Sind die zwei auch „pferde-verrückt“?

Bei uns ist das eher umgekehrt, weil wir viele Problempferde auf dem Hof haben. Als unser Großer zu sprechen angefangen hat und wir immer gefragt haben: „Wie macht der Hund? Wie macht die Kuh?“, da hat er geantwortet: wau wau, muh. Aber als wir gefragt haben: „Wie macht das Pferd?“, hat er gesagt: „Das Pferd macht aua.“ Ich musste viel ins Krankenhaus, weil die Problempferde mich häufig verletzt haben. Eine Zeitlang hatten wir ein sehr gefährliches Pferd. Die Kinder haben zwar nichts mitbekommen vom Training, aber von den Spannungen in der Familie. Eines Tages weinte mein Großer am Frühstückstisch und wollte nicht in den Kindergarten. Er hatte Angst, dass ich tot bin, wenn er wieder zurückkommt. Das war der Moment, wo ich gemerkt habe: Das geht so nicht weiter. Wir kümmern uns für die Pferdeprofis immer noch um Problempferde. Aber es sind deutlich weniger geworden, stattdessen setzen wir jetzt mehr auf die Erziehung von Jungpferden.

Gibt es Parallelen, die für die sowohl für die Erziehung von Pferden als auch von Kindern gelten?

Früher habe ich immer gesagt: „Das ist wie bei Kindern…“. Heute habe ich selbst Kinder und musste feststellen, das funktioniert nicht immer so. Ein Pferd folgt den Regeln, die ich aufstelle. Ein Kind hinterfragt die Regeln, was ja auch gut ist. Wir wollen ja Kinder heranziehen, die selber nachdenken und nachfragen und nicht alles mitmachen.

Also lassen sich Pferde leichter erziehen als Kinder?

Ja eindeutig, weil Pferde Grenzen akzeptieren. Wenn ich dem Pferd sage, hier geht’s nicht weiter, dann hört es darauf. Wenn ich meinem Kind sage, da darfst Du nicht hin, dann fragt es: „Warum nicht?“ und wird neugierig und geht erst recht da hin.

Gibt es dennoch Erziehungsmethoden, die Sie erfolgreich bei Ihren Pferden und Ihren Kindern anwenden?

Ja, das gibt es tatsächlich, auch wenn ein Pädagoge jetzt vielleicht den Kopf schütteln würde: Wenn sich ein Pferd so verhält, wie ich es nicht will, dann lasse ich es nicht in meine Herde und Obhut, sondern schicke es weg. Das habe ich auch bei meinen Kindern so gemacht, als sie in die Trotzphase kamen. Ich schicke sie nicht aus dem Zimmer, aber ich sage zum Beispiel: So wie du dich gerade verhältst, möchte ich nicht mit dir zusammen sein. Steh jetzt bitte vom Tisch auf uns setz dich auf die Couch. Das funktioniert gut, denn kleine Kinder suchen die Nähe und Zuneigung der Eltern. Meine Kinder entschuldigen sich dann und können dann wieder zu uns an den Tisch.

In Ihrer VOX-Sendung „Die Pferdeprofis“ kümmern Sie sich um „Problempferde“. Liegt das Problem tatsächlich bei den Pferden oder nicht eher bei den Menschen?

Also da habe ich eine ganz einfache und ehrliche Grundeinstellung, die nicht jeder nachvollziehen kann: Wenn es tatsächlich so wäre, dann wäre ein Pferd ein charakterloses, willenloses Wesen und dann bräuchte es auch keine Pferdezucht. Natürlich gibt es auch charakterstarke Pferde, die klare Regeln und Konsequenz brauchen. Wer sein Pferd wirklich liebt, der behandelt es auch wie ein Pferd. Dazu braucht es vor allem Verständnis dafür, wie ein Pferd denkt und handelt. Wir vergessen oft, dass wir es mit einem Fluchttier zu tun haben, dass von Natur aus auf seinen eigenen Vorteil und den Fortbestand der Herde angelegt ist. Jeder der ein Pferd hält, sollte sich zunächst darüber informieren, wie ein Pferd funktioniert.

„Problempferde“ mal außen vor gelassen – haben Sie ein paar grundsätzliche Tipps zum Umgang mit Pferden?

Bei uns gibt es drei goldene Regeln: Ein Pferd muss Abstand zu uns halten, es darf nicht rempeln, treten oder Taschen durchsuchen. Und die Kinder müssen bescheid sagen, wenn das Pferd sich respektlos verhält. Die zweite Regel: Wir füttern nicht aus der Hand. Wenn die Kinder Leckerlis geben wollen, legen sie diese auf den Boden. Drittens, läuft das Pferd immer mit Abstand hinter uns, wenn wir mit ihm unterwegs sind. Denn wenn ein Pferd wegläuft, dann bricht es zur Seite aus und rennt das Kind so nicht um.

Gibt es ein gutes Einstiegsalter für das Hobby Pferd?

Ein Arzt sagte mir, dass Kinder erst etwa ab dem 8. oder 9. Lebensjahr für tägliches regelmäßiges Reiten die körperlichen Voraussetzungen haben. Aber gelegentlich Reiten und das Pferd versorgen können sie schon früher. Bei meinen Kindern ist es so, dass sie durchaus ans Pferd wollen, aber nicht unbedingt reiten wollen. Mein Großer will sein Pony wie ein Cowboy selbst von der Koppel holen, es säubern und versorgen. Das war auch für mich ein Lernprozess, weil die Kinder andere Prioritäten setzen und weil sie ein anderes Arbeitstempo haben. Da haben mich meine Kinder entschleunigt. Und meine Kinder sind daran ungemein gewachsen. Im Umgang mit Pferden lernen Kinder Verantwortung.

Wie können Eltern beim Hobby Pferd unterstützen?

Indem sie das Hobby zulassen und ermöglichen. Es muss nicht immer gleich das eigene Pferd sein, sondern man kann erstmal mit einer Reitbeteiligung starten. Die Eltern sollten Interesse zeigen, aber das Reiten muss nicht unbedingt im Vordergrund stehen. Das beginnt schon bei der Fragestellung: Also das Kind nicht fragen: Bist du heute geritten?, sondern: Wie war es heute im Stall? Ich persönlich will auch, dass meine Kinder mir gegenüber immer ehrlich sein können und mich alles fragen können, ohne Angst haben zu müssen.

Wie sind Sie selbst eigentlich zum Reiten und zum Pferd gekommen?

Mein Vater war absoluter Pferdenarr und hat mich viel auf Veranstaltungen mit Pferden mitgenommen hat. Außerdem hat er gern Westernfilme gesehen, John Wayne war quasi wie ein Familienmitglied für uns. So hatte ich schon als Kind Interesse an Pferden. Mit 14 Jahren bin ich dann durch meinen Freundeskreis etwas abgerutscht und mir drohte eine kriminelle Laufbahn. Meine Eltern haben dann mit mir geredet und gefragt: Was muss sich ändern? Ich habe gesagt: Ich will ein eigenes Pony. Das Geld dafür musste ich mir selbst verdienen. Meine Eltern sind davon ausgegangen, dass ich das ohnehin nicht schaffe. Aber ich habe mit Nebenjobs 1.600 Mark verdient und mir einen Araber-Mischling gekauft. Von da an habe ich meine komplette Freizeit mit Max verbracht. Er war schlecht erzogen und ist mir häufig durchgegangen. Es wurde erst besser, als Max beinahe in ein Auto gelaufen ist. Die Fahrerin war Reitlehrerin und hat mir angeboten, dass sie mich unterrichtet. Bei ihr habe ich das erste Mal erlebt, wie ein Mensch mit klaren Regeln auch ein schwieriges Pferd handhaben kann.

Das war sozusagen der Beginn Ihrer Karriere als Pferdeflüsterer. Bei uns in der Lausitz gibt es Weite, schöne Landschaften und viele Reiterhöfe – waren Sie hier schon einmal samt Pferd unterwegs?

Ich habe für unsere Drehs mit meiner Kollegin Katja Schnabel von den Pferdeprofis schon ein paar Mal Brandenburg besucht. Und tatsächlich ist die Gegend ein absolutes Pferdeland mit den Sandböden und der weiten Fläche. Im Vergleich dazu kann Bayern mit den matschigen Humusböden nicht mithalten. Aber das machen wir reiterlich wett.

Vielen Dank für das Gespräch.