Wie Corona den Blick für regionales Einkaufen stärkt
Wenn das Corona-Virus etwas Gutes bewirkt hat, dann ist es unsere Einstellung zu Konsum und Globalisierung. Ein sinnvoller Ansatz, den in diesen Tagen viele Familien für sich entdecken: Wir kaufen Produkte von hier. Denn eines hat Corona ebenfalls gezeigt: Die Globalisierung ist in Krisenzeiten sehr anfällig, unterbrochene Lieferketten, Grenzschließungen und fehlender Nachschub stellen Supermärkte, Apotheken und Kliniken vor große Herausforderungen.
Schon gibt es prominente Stimmen, die eine Abkehr vom Mantra der Globalisierung fordern: „Wir werden überlegen, ob Globalisierung der richtige Weg ist und aufhören, Autoteile in China und Korea produzieren zu lassen und hier zusammenzubauen. Es wird wieder mehr vor Ort produziert werden“, prognostiziert der Bergsteiger Reinhold Messner im Münchner Merkur. Die SPD-Vorsitzender Saskia Esken sagte im Interview mit dem Handelsblatt: „Wir müssen uns schon fragen, ob wir die Globalisierung ein Stück überdreht haben. Wir müssen uns in den wichtigen Sektoren darauf besinnen, national oder zumindest europäisch handlungsfähig sein. Bei digitalen Technologien sind die Abhängigkeiten besonders deutlich.“
Und Zukunftsforscher Matthias Horx prognostiziert in einem Beitrag auf seiner Homepage horx.com für die Zeit nach Corona: „Aber die globale Just-in-Time-Produktion, mit riesigen verzweigten Wertschöpfungsketten, bei denen Millionen Einzelteile über den Planeten gekarrt werden, hat sich überlebt. Sie wird gerade demontiert und neu konfiguriert. Überall in den Produktionen und Service-Einrichtungen wachsen wieder, Zwischenlager, Depots, Reserven. Ortsnahe Produktionen boomen, Netzwerke werden lokalisiert, das Handwerk erlebt eine Renaissance. Das Global-System driftet in Richtung GloKALisierung: Lokalisierung des Globalen.“
Regional statt global?
Ist dieser Abgesang auf die Globalisierung realistisch und vor allem sinnvoll? Jein. Viele Wirtschaftswissenschaftler warnen vor einer Verteufelung der Globalisierung. Denn bei allen Nachteilen, die in der Krise sichtbar werden, bringt sie auch Vorzüge. Ohne Erntehelfer aus Rumänien würde der Spargel auf unseren Feldern verkümmern. Ohne Ärzte aus Tschechien müssten viele Kliniken in der Region ganze Stationen schließen. Ohne die Mitarbeiter aus Polen müssten einige hiesige Unternehmen die Produktion reduzieren oder gar einstellen.
Dass wir nach Corona bereit sind für ein T-Shirt 80 statt 10 Euro zu bezahlen, weil es in Deutschland genäht wurde und nicht in Bangladesch, darf bezweifelt werden. Die Globalisierung hat den westlichen Staaten Wohlstand gebracht. Gerade eine Exportnation wie Deutschland profitiert stark von einer internationalen, vernetzten Wirtschaft.
Eine Rolle rückwärts bei der Globalisierung wird es kaum geben, aber vielleicht ein paar Korrekturen. Das kann zum einen bedeuten, wieder mehr und größere Lager zu schaffen, um im Krisenfall über ausreichend Reserven zu verfügen. Das kann auch die Rückverlagerung der Produktion nach Deutschland in bestimmten sensiblen Bereichen sein. So denkt Gesundheitsminister Jens Spahn öffentlich darüber nach, Schutzausrüstung wie Mundschutzmasken und bestimmte Arzneiwirkstoffe wieder in Deutschland herstellen zu lassen, um so die Abhängigkeit vom Ausland zu verringern.
Vorzüge regionaler Produkte
Doch dort, wo wir schon heute problemlos lokal einkaufen können, sollten wir es auch tun. Denn einen klaren Vorteil haben heimische Produkte: Sie stärken regionale Wirtschaftskreisläufe und Nachhaltigkeit. Wer regional kauft, unterstützt heimische Produzenten, Lieferanten und Händler, das Geld bleibt in der Region. Regionale Produkte, die hier hergestellt und verkauft werden, bedeuten Wertschöpfung und damit auch Arbeitsplätze vor Ort. Kurze Lieferwege schonen die Umwelt.
Die Globalisierung und später die Digitalisierung hat viele solcher regionalen Kreisläufe zerstört oder zumindest unterbrochen. Das Buch, das wir bei Amazon bestellen, mag vielleicht nicht aus der Feder eines heimischen Autors stammen. Aber wenn wir es aus Bequemlichkeit online kaufen statt beim Buchhändler um die Ecke, dann profitiert davon am Ende Jeff Bezos und nicht die Inhaberin des örtlichen Buchladens. Bücher sind ein gutes Beispiel, wie sich ziemlich unkompliziert mit kleinen Verhaltensänderungen Händler vor Ort stärken lassen. Denn durch die Buchpreisbindung kostet das gewünschte Exemplar im Laden genauso viel wie im Internet. Und durch Vorbestellung per Telefon oder Internet sind lieferbare Bücher in der Regel innerhalb eines Tages da – und damit unter Umständen sogar schneller als beim Versandhändler.
Straupitzer Leinöl: mit Geschmack und Tradition
Die Straupitzer Holländerwindmühle bringt wahre regionale Schätze hervor. So zum Beispiel das berühmte Spreewaldgold-Leinöl, das spreewaldtypisch geröstet wird und dadurch eine ganz eigene Geschmacksnote trägt. Nach der Herstellung wird es ohne weitere Zwischenschritte abgefüllt und behält damit sämtliche natürliche Wirkstoffe.
Im Hofverkauf und im Online-Shop ist das flüssige Gold neben Leinkuchen, Geschenkartikeln und Tongefäßen erhältlich. Seit Ende April sind in der Holländerwindmühle auch Besichtigungen wieder möglich – sobald die Terrasse wieder genutzt werden kann, begrüßt sie ihre Besucher zudem mit einem neu hergerichteten Außenbereich.