Gute Kita gesucht

Datum: Freitag, 28. Mai 2021 14:58


Monatliche Elternbeiträge für einen Kitaplatz über 9 Stunden bei einem Bruttojahresverdienst der Eltern von 60.000 Euro. Quelle: eigene Berechnungen auf Grundlage der kommunalen Satzungen, ohne Gewähr © zwei helden GmbH

Kitagebühren

Die Kita-Finanzierung in Deutschland ist für Außenstehende etwas unübersichtlich. Die Kosten teilen sich Bund, Länder, Kreise und Gemeinden sowie Träger und Eltern. Der Bund stellt den Ländern jährlich pauschale Fördergelder zur Verfügung, im Detail regeln die Länder die Kita-Finanzierung und leisten wiederum den Kommunen einen Zuschuss. Ebenso erbringt der Kreis seinen Anteil, den Rest müssen sich Eltern und Kommune teilen. Aufgrund unterschiedlicher Finanzstrukturen ist dieser verbleibende Kostenanteil überregional kaum vergleichbar. In Brandenburg zahlt man innerhalb der neuen Bundesländer vergleichsweise viel für die Betreuung der Kinder und deutlich mehr als bei den sächsischen Nachbarn, was unsere Erhebung in Lausitzer Kommunen bestätigt.

In Brandenburg beteiligt sich das Land in Form einer sogenannten Kinderkostenpauschale an den Kosten der Kindertagesbetreuung für Tagespflege, Krippe, Kindergarten und Hort. Diese erhalten die Landkreise und kreisfreien Städte. Den Löwenanteil der Kosten schultern dennoch die Kommunen für ihre eigenen Kitas oder für Zuschüsse an freie Träger. Nach eigenen Satzungen der Kommunen oder den Beitragsordnungen der Träger können die Eltern an den Kosten beteiligt werden. Die Höhe des Elternbeitrags regeln die Kommunen in den Kita-Gebührensatzungen. Je nach Standortmarketing oder kommunaler Haushaltslage können die Kommunen einen höheren Anteil übernehmen und Eltern entlasten. Dadurch schwanken die Elternbeiträge in Brandenburg von Ort zu Ort teils beträchtlich. Die Satzungen gelten für Kitas in kommunaler Trägerschaft. Kitas freier oder privater Träger müssen ihre Elternbeiträge selbst in Beitragsordnungen festlegen und darüber Einvernehmen mit dem örtlichen Jugendamt herstellen. Dabei darf der Beitrag für die Inanspruchnahme eines Betreuungsplatzes nicht höher sein als die Kosten, die der Einrichtungsträger für die Bereitstellung dieses Betreuungsplatzes aufzubringen hat.

Wie tief die Eltern für den Kitaplatz in den Geldbeutel greifen müssen, hängt also vom Wohnort ab. Der Betrag bemisst sich zum einen nach dem Alter des Kindes – Krippenplätze kosten mehr als Kindergartenplätze – und nach der Betreuungszeit. Zudem gewähren die Kommunen Rabatt für Geschwisterkinder, die eine Kita oder einen Hort besuchen. Alleinerziehende müssen ebenfalls weniger zahlen.

In Sachsen dürfen höchsten 23 Prozent der Betriebskosten in der Krippe auf die Eltern umgelegt werden, in Kita und Hort bis zu 30 Prozent. Eltern mit geringem Einkommen können die Beiträge teilweise oder komplett erlassen werden. Davon abgesehen spielt die Höhe des elterlichen Verdienstes bei der Beitragsbemessung in Sachsen keine Rolle.

In Brandenburg dagegen bemisst sich der Beitrag nach dem Einkommen der Eltern, mit dem Ziel, hier eine gewisse soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Die konkrete Höhe legen ebenfalls die Kommunen fest – und da gibt es große Unterschiede, wie unsere Tabelle zeigt. Das gilt auch für die Bemessung des Einkommens. Einige Kommunen nehmen das Nettoeinkommen als Grundlage, andere das Bruttoeinkommen. Das Kindergeld wird von einigen Kommunen beim Einkommen angerechnet, von anderen nicht. Jede Kommune hat einen Höchstbetrag festgelegt, der ebenfalls stark variiert. So zahlen „Spitzenverdiener“ für das von uns gewählte Beispiel einer 9-stündigen Kitabetreuung 367 Euro in Calau und 143 Euro in Spremberg.

Schrittweise beitragsfrei in Brandenburg

Die Elternbeiträge sind zwar in Brandenburg im Schnitt etwas höher als in Sachsen, dafür ist hier das letzte Kitajahr seit 2018 beitragsfrei. In Sachsen gab es diese Regelung schon einmal in den Jahren 2013 und 2014, sie wurde aber wieder gekippt. In Brandenburg müssen zudem Geringverdiener und Empfänger von Sozialleistungen keine Kitabeiträge zahlen. Mit diesen Regelungen besucht schon heute jedes dritte Kitakind in Brandenburg kostenfrei die Kita. In den kommenden Jahren soll die Beitragsfreiheit weiter ausgebaut werden. Bis 2022 soll auch das vorletzte Kitajahr beitragsfrei sein, zwei Jahre später die komplette Kindergarten-Zeit, also für Kinder von 3 bis 6 Jahren. Für diese Regelung setzt das Land Mittel aus dem 2019 vom Bund beschlossenen Gute-Kita-Gesetz um.

Blick ins Ausland – Wie machen es andere Nationen?

Wo derzeit die größten Mängel in deutschen Kitas liegen, haben wir dargestellt. An dieser Stelle folgt ein Blick ins Ausland. Er soll beispielhaft aufzeigen, wie Kita ebenfalls funktionieren kann und mögliche Anregungen geben.

Frankreich: Kleinkinder unter drei Jahren werden, wenn sie nicht zu Hause bleiben, bei Tagesmüttern oder in der Krippe betreut. Hier ist der Bedarf noch größer als das Angebot. Ein stärkerer Fokus liegt in Frankreich auf dem Angebot für Kinder ab drei Jahren. Sie besuchen die école maternelle, eine Art Vorschule, die für alle Kinder in Frankreich kostenfrei und verpflichtend ist und im Vergleich zum deutschen Kindergarten stark verschult ist. Die Kinder werden dort bereits auf die klassische Schule vorbereitet. Die Pädagogen der école maternelle haben ein Studium absolviert und sind eher Lehrer als Erzieher. Es gibt zwar keinen klassischen Unterricht nach Fächern, aber Projekte in den Bereichen Sprache, Musik, Kunst, Sport und Naturwissenschaft. Die konkreten Bildungsinhalte sind in einem Lehrplan festgelegt. Die Tage sind klar strukturiert. Die Kinder lernen früh Disziplin und stillsitzen. Zeit für freies Spiel gibt es wenig. Wenn die Kinder mit sechs Jahren in die Grundschule kommen, können sie meist schon etwas schreiben.

Schweden: Die skandinavischen Länder gelten im schulischen Bereich als vorbildlich. Auch der vorschulische Bereich hat durchaus Vorzüge. Ein Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung besteht, sobald das Kind ein Jahr ist. Eltern, die nicht arbeiten, können ihr Kind allerdings nur für wenige Stunden täglich schicken. Ab drei Jahren und dann noch mal im Jahr vor dem Schuleintritt erhöht sich die Stundenzahl. Verpflichtend wie in Frankreich ist der Besuch der Kita oder Vorschule nicht. Die Schulpflicht beginnt mit 7 Jahren. Zwischen 1 und 6 Jahren besuchen die Kinder Kitas bzw. Vorschulen, für die ein Elternbeitrag in Abhängigkeit des Einkommens fällig wird. 6 bis 7-Jährige besuchen die kostenfreien Vorschulklassen, die direkt an der Schule angesiedelt sind und bereits auf den Schulbesuch vorbereiten. Mehr als 95 Prozent der Kinder besuchen die Vorschulklassen, bei den unter Dreijährigen liegt die Betreuungsquote bei etwa 60 Prozent. Der Betreuungsschlüssel gilt als vorbildlich. In der Kita/ Vorschule kommen auf einen Erzieher fünf Kinder, in der Vorschulklasse betreut ein Pädagoge etwa 16 Kinder. Ein Großteil der Erzieher hat ein mindestens dreijähriges Hochschulstudium absolviert. Hervorzuheben ist auch die Evaluation: Alle Kitas und Vorschulklassen müssen sich regelmäßig einer externen Überprüfung unterziehen. Diese systematische Qualitätsdokumentation fokussiert nicht auf die Leistungen der Kinder – wie bei PISA, sondern auf eine Verbesserung der Einrichtungen.

Neuseeland: In Neuseeland gehen viele Kinder bereits mit einem halben Jahr in den Kindergarten. Der Staat zahlt nur für 26 Wochen Elterngeld, danach gehen die meisten Eltern wieder arbeiten. Ihre Kinder können sie guten Gewissens in den Kindergarten bringen. Das neuseeländische Curriculum für Kinder bis zum Schuleintritt (mit fünf Jahren) gilt als vorbildlich. Bereits 1996 wurde der „Te Whariki“ genannte Bildungsplan für 0 bis 5-Jährige eingeführt. Er ist in Anlehnung an die Ureinwohner Neuseelands, die Maori, zweisprachig und berücksichtigt beide Kulturen. Kulturelle Vielfalt ist ein zentraler Punkt. Whariki kommt aus der Sprache der Maori und heißt Flechtmatte. Im übertragenen Sinne sind darin die Prinzipien frühkindlicher Bildung (ganzheitliche Entwicklung, Befähigung, Familie & Gemeinschaft, soziale Beziehungen) verwoben mit den Lernzielen: Wohlbefinden, Zugehörigkeit, Teilhabe, Kommunikation, Erforschen & Entdecken. Dabei fällt auf, dass anders als bei uns in Deutschland nicht Themen wie Sprache und Mathematik im Fokus stehen. Stattdessen möchte der ganzheitliche neuseeländische Ansatz jedes Kind dazu befähigen, auf seine Weise aufzuwachsen, ihm die notwendigen Freiräume zu ermöglichen und es bei seinen Lernprozessen unterstützen. Die individuellen Lernfortschritte des Kindes werden beobachtet und dokumentiert. Anders als in Deutschland üblich werden dabei nicht Kompetenzen wie Ausschneiden und Zählen geprüft und abgehakt, sondern Fortschritte in den Bereichen Mut, Zutrauen, Verspieltheit, Verantwortungsgefühl, Beharrlichkeit aufgeschrieben. Etabliert hat sich dafür die Form von Lerngeschichten. Dieses in Neuseeland entwickelte Dokumentationsmodell wird mittlerweile auch in anderen Ländern angewandt. Möglich ist das auch dank eines hervorragenden Betreuungsschlüssels. Auf eine Erzieherin kommen drei bis fünf Kinder. Fachkräfte in den Kitas haben in der Regel ein mindestens dreijähriges Studium absolviert. Anschließend folgt eine zweijährige Anerkennung in der Kita, während der man von einem Supervisor begleitet wird. Vergleichbar ist dies in etwa mit dem Referendariat angehender Lehrer in Deutschland.