Tagesmütter betreuen in der Regel nur vier bis fünf Kinder und haben so Zeit für die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes. Foto: Designed by Freepik
Die familiennahe Alternative: Tagesmutter
Die Alternative zum klassischen Kindergarten ist die Tagespflege. Hier kümmert sich eine Tagesmutter oder ein Tagesvater um eine kleine Schar an Kindern – erlaubt sind höchstens fünf Kleinkinder. Die Kinder werden in einer eher familiären, vertrauten und ruhigen Atmosphäre betreut. Im Vergleich dazu kann es in einer größeren Kita mit 100 oder mehr Kindern deutlich lauter und anonymer zugehen.
Beide Betreuungskonzepte haben ihre Vor- und Nachteile. Hier ist es wichtig zu schauen, was zu den eigenen Wünschen und vor allem zum Kind passt. Kinder, die zu Hause mit mehreren Geschwistern aufwachsen oder viele Kontakte zu Freunden haben, kommen mit der offenen Atmosphäre einer Kita vermutlich besser zurecht als ruhige Kinder, die stärker die Nähe zu einer erwachsenen Bezugsperson suchen. Zudem können die Betreuungszeiten in der Tagespflege bei Bedarf flexibel abgesprochen werden, während Kitas feste Öffnungszeiten haben.
Tagesmütter bzw. -väter benötigen eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt. Diese erhalten sie, wenn sie eine pädagogische Ausbildung abgeschlossen haben oder aber eine Grundqualifizierung für die Tagespflege, die nicht so umfassend und umfangreich wie die Erzieherausbildung ist, aber die Grundlagen der kindlichen Pädagogik vermittelt. Zudem müssen sie einen Erste-Hilfe-Kurs für Säuglinge und Kleinkinder belegen, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und Sicherheits- und Hygienestandards in den Räumlichkeiten nachweisen. Tagesmütter betreuen die ihnen anvertrauten Kinder entweder in ihrer eigenen Wohnung oder in eigens dafür angemieteten Räumen. Theoretisch kann die Betreuung in der Wohnung des betreuten Kindes erfolgen, das ist aber die Ausnahme. In Sachsen nutzten 900 von insgesamt fast 1.700 Tageseltern im vergangenen Jahr gemietete Räumlichkeiten, 800 von ihnen betreuten die Kinder zu Hause. Männer spielen – ähnlich wie als Erzieher in der Kita – bisher nur eine marginale Rolle. Deutschlandweit sind knapp vier Prozent der Tageseltern männlich, in Sachsen und Brandenburg liegt die Quote mit gut sechs Prozent etwas höher.
Kleine Gruppen, feste Bindung
Der klare Vorteil, den eine große Krippe bzw. Kita nicht bieten kann, ist die familiennahe und bedarfsorientierte Betreuung. Die Kinder haben mit der Tagesmutter eine feste Bezugsperson statt wechselnder Erzieher. Für viele Familien wird sie durch die enge Bindung über die Jahre fast zu einer Art Familienmitglied. Das bestätigt Franziska Friedrich von der Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen: „Es ist die feste Bezugsperson und die kleine Gruppengröße, die viele Eltern überzeugt und die sich deswegen ganz bewusst für das Modell der Kindertagespflege entscheiden.“
In Sachsen waren die Tagesmütter aus diesem Grund auch die ersten, die nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 wieder öffnen durften – noch vor den Kitas. Aufgrund kleiner Gruppen mit einer festen Bezugsperson ermöglichte Kultusminister Christian Piwarz bereits Anfang Mai 2020 wieder die Betreuung: „Vor allem wegen ihrer Familiennähe und der Flexibilität bei den Betreuungszeiten wird die Kindertagespflege von den Eltern geschätzt. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie wird einmal mehr deutlich, wie wertvoll die Kindertagespflege als Stütze für das gesellschaftliche System ist.“
In Sachsen werden etwa 7.000 unter Dreijährige von einer Tagesmutter oder einem Tagesvater betreut. Zum Vergleich: Etwa 50.000 Kinder in diesem Alter besuchen in Sachsen eine Kindertageseinrichtung, das sind etwa sieben Mal so viele. In Brandenburg sind es acht Mal so viele. Die Zahl der Tageseltern ist hier seit Jahren leicht rückläufig, dabei ist die Nachfrage durchaus da, sagt Ingrid Pliske-Winter, Vorsitzende des Landesverbands Kindertagespflege Brandenburg: „Die Eltern suchen verstärkt nach freien Plätzen in der Kindertagespflege. Viele haben durch Corona erkannt, dass die kleinen Gruppen durchaus Vorteile bieten.“ Ingrid Pliske-Winter hat selbst fast 30 Jahre als Tagesmutter in dem Beruf gearbeitet und schwärmt noch immer: „Das ist der schönste Beruf. Viele Frauen entscheiden sich ganz bewusst für die Kindertagespflege, weil sie nicht in Kitas mit großen Gruppen arbeiten möchten.“ Damit der Beruf noch attraktiver wird, muss er zum einen stärker in den öffentlichen Fokus gerückt werden, zum anderen müssen die selbständig tätigen Tagesmütter und -väter finanziell besser abgesichert werden – vor allem für das Rentenalter. In der Lausitz wurden im vergangenen Jahr gut 1.200 Kinder durch 300 Tageseltern betreut.
Vertretung durch gute Planung
Zum Nachteil kann das Vertretungsproblem werden, das lässt sich aber durch gute Organisation und Abstimmung im Vorfeld gut klären. Geplanten Urlaub der Tagesmutter kann man im Vorfeld planen und den Familienurlaub ebenfalls in die Zeit legen oder rechtzeitig Ersatz organisieren. Wenn die Tagesmutter krank wird oder aus anderen Gründen kurzfristig ausfällt, muss es eine Vertretungsregelung geben. In der Praxis haben sich verschiedene Modelle etabliert, die je nach Kommune variieren. Beispielsweise können sich mehrere Tagesmütter vernetzen und gegenseitig vertreten. Dann belegen diese Tagesmütter maximal vier von fünf Betreuungsplätzen. Der fünfte Platz ist frei, um ein Kind einer anderen Gruppe vertretungsweise zu übernehmen. Andere Kommunen praktizieren eine Springerlösung, bei der eine feste Vertretungsperson mehrere Tagesmütter im Notfall vertritt. Auch die Kooperation mit einer Kita bzw. Krippe in der Nähe ist möglich. Wichtig bei all diesen Lösungen: Die Kinder sollten die mögliche Vertretungsperson kennen und mit ihr vertraut sein. Das kann durch regelmäßige Besuche erreicht werden. Für einige Kinder kann es dennoch zum Problem werden, wenn der Vertretungsfall tatsächlich eintritt, da sich ein enges Vertrauensverhältnis im Kleinkindalter nur schwer über wöchentliche Treffen für wenige Stunden aufbauen lässt.
Eine zweite Hürde: In der Regel dürfen Tagesmütter die Betreuung nur für Kinder im Alter bis zu drei Jahren übernehmen. Das heißt, danach muss sich das Kind an eine neue Einrichtung gewöhnen. Kinder, die von Beginn an eine Kita mit integrierter Krippe besuchen, wird der Übergang durch die Kontinuität der Kinder, des Ortes und möglicherweise der Erzieher vielleicht leichter fallen. Wichtig ist, dass Eltern ihr Kind rechtzeitig vor dem notwendigen Wechsel in der Wunsch-Kita anmelden. Zudem sollte die Entwöhnung ähnlich behutsam passieren wie die Eingewöhnung. Die Betreuungszeit bei der Tagesmutter wird schrittweise reduziert. Am besten legt man zwischen den letzten Tag bei der Tagesmutter und den ersten in der neuen Kita eine Urlaubswoche mit intensiver Familienzeit. Je nachdem, wie eng die Bindung zwischen Tagesmutter und Familie über die Jahre gewachsen ist, kann man den Kontakt auch noch länger aufrecht erhalten, vielleicht mit gelegentlichen Besuchen oder Telefonaten.
Soviel kostet die Tagesmutter
Die Kosten sind für Tageseltern in der Regel die gleichen wie für einen Platz in der Kita. Die öffentlich geförderte Kindertagespflege ist in Deutschland der Kindertagesbetreuung rechtlich gleichgestellt, daher soll es auch keine Unterschiede bei den Elternbeiträgen geben. Ist wie in Brandenburg ein Kitajahr beitragsfrei, dann gilt das auch für Tagesmütter. Praktisch spielt das bisher nur für Geringverdiener und Empfänger von Sozialleistungen eine Rolle. Da für sie die komplette Kitazeit einschließlich der Krippe beitragsfrei ist, gilt das auch für Tageseltern. Wer nicht unter die Beitragsfreiheit fällt, zahlt jene Elternbeiträge, die laut kommunaler Satzung auch für die städtischen Kitas zu zahlen sind.
Wo finde ich eine Tagesmutter?
Wer sein Kind in den ersten Jahren gern zu einer Tagesmutter bzw. -vater geben möchte, informiert sich am besten zunächst auf der Homepage der Stadt. Idealerweise sind dort nicht nur alle Kitas aufgelistet, sondern auch die Tageseltern. Das variiert aber von Kommune zu Kommune. Man kann sich auch direkt ans zuständige Jugendamt wenden. Dort gibt es eine Übersicht über alle tätigen Tageseltern, denn diese brauchen eine Zulassung vom Jugendamt. In Sachsen hat die Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen eine Karte mit Tageseltern veröffentlicht, die allerdings nicht vollständig ist: www.iks-sachsen.de/kindertagespflegepersonen_finden. Ansonsten ist der eigene Freundes- und Bekanntenkreis eine gute Informationsquelle.