Balancieren, klettern, toben: Bewegungskitas schaffen den Kleinen vielfältige Möglichkeiten, sich zu bewegen. Foto: Designed by jcopm/Freepik
Pädagogische Konzepte im Überblick
Neben den ganz praktischen Rahmenbedingungen wie Öffnungszeiten und Wohnortnähe spielt bei der Wahl der Kita auch das pädagogische Konzept eine wichtige Rolle. Mit welchen Konzepten arbeiten die Erzieher, in der Tradition welcher pädagogischen Vorbilder stehen sie? Die Auswahl ist groß, wir stellen die wichtigsten pädagogischen Konzepte im Überblick vor.
Fröbel: Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852) gilt als Begründer des Kindergartens. In Fröbels Pädagogik stehen das Kind und das Spielen im Mittelpunkt. Beim freien Spiel und im Kontakt mit anderen Kindern und mit Erwachsenen lernen sie ihre Umwelt kennen und begreifen. Wichtigstes Ziel der Erziehung nach Fröbel ist der freie denkende, selbständige Mensch. Fröbel-Pädagogik geht davon aus, dass Bildung nur aus dem Kind selbst heraus möglich ist und nicht von außen aufgezwungen werden kann.
Montessori: Das nach der Ärztin und Pädagogin Maria Montessori (1870-1952) benannte Konzept stellt das Kind mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt. Es achtet das Kind in seiner Persönlichkeit. Die Kinder dürfen selbst entscheiden, womit sie sich beschäftigen, wann und in welcher Form. Dabei begleiten die Erzieher die Kinder und geben ihnen Anregungen, machen Angebote. Sie unterstützen nach dem Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun.“ Maria Montessori hat eigens für ihr Konzept Lern-Materialien entwickelt, die wahlweise Sinne aktivieren, die Sprache schulen oder das mathematische Verständnis fördern.
Waldorf: Die Waldorf-Pädagogik ist eine durch Rudolf Steiner (1861–1925) begründete Pädagogik. Eine wichtige Rolle nehmen die Erzieherinnen als Vorbild ein, da das Waldorf-Konzept davon ausgeht, dass die Kinder Erwachsene nachahmen. In Waldorf-Einrichtungen wird die Umgebung ästhetisch und anregend gestaltet, um den Kindern eine Vielzahl an Sinneseindrücken zu vermitteln. Auf klassisches Spielzeug wird verzichtet. Stattdessen soll die kindliche Phantasie mit Naturmaterialien und einfachen Puppen angeregt werden. Einen hohen Stellenwert hat die Förderung der künstlerischen Gestaltung und von rhythmischer Körperbewegung.
Reggio: Benannt ist das Konzept nach der norditalienischen Stadt Reggio Emilia, in der es erstmals erprobt wurde. Kinder werden hier als kleine Forscher und Wissenschaftler angesehen, die sich neues Wissen weitgehend selbständig aneignen. Erzieher und Eltern bieten nur Impulse an, aber keine fertigen Lösungen, sie leiten nicht an, sondern begleiten. Stattdessen entdecken und begreifen die Kinder ihre Umwelt selbst. Sie beschäftigen sich weitgehend selbständig mit den Dingen und Themen aus ihrer Lebenswirklichkeit, die sie interessieren und die ihre Neugier wecken.
Freinet: Das nach dem französischen Reformpädagogen Célestin Freinet benannte Konzept stellt noch konsequenter das Kind und seine Interessen in den Mittelpunkt. Die Kinder entscheiden nicht nur selbst, womit sie sich beschäftigen. Sie bekommen auch Verantwortung für die Organisation des Kitaalltags und der Räumlichkeiten übertragen. Die Kinder bestimmen weitgehend selbst über die Tagesstruktur, das Erzieher-Team steht ihnen begleitend zur Seite. Die Kinder lernen im freien Spiel, in Ateliers und Werkstätten, im Rollenspiel und im Austausch mit anderen Kindern.
Bewegungskita: Der natürliche Bewegungsdrang, der bei Kindern noch stark ausgeprägt ist, wird hier zum Programm gemacht. Die Kinder werden im Alltag immer wieder zu Bewegung angeregt. Klassische Sport- und Bewegungsangebote sind nur ein Aspekt. Die Räume sind so ausgestattet, dass die Kinder im Spiel immer wieder dazu angeregt werden, sich zu bewegen. Beispielsweise ist der Bauraum mit großen Bausteinen ausgestattet, die ganzen Körpereinsatz fordern, um aus ihnen einen Turm zu errichten. Da in diesen Einrichtungen die gesunde Entwicklung der Kinder im Fokus steht, gehen sie oft mit gesunder Verpflegung einher.
Waldkita: Hier ist der Name Programm. Die Kita ist der Wald, er ist Lehrer und Spielplatz zugleich. In Waldkindergärten findet der Alltag fast komplett an der frischen Luft statt, selbst die Mahlzeiten. Wie konsequent das Prinzip umgesetzt wird, hängt von der Einrichtung ab. Einige verzichten komplett auf klassische Gruppenräume und haben für schlechtes Wetter höchstens einen Bauwagen oder ein Tipi. Andere verbringen zumindest die Mahl- und Schlafenszeit drinnen, an sehr kalten Tagen auch Spielzeit. Die Kinder sind in jedem Fall bei Wind und Wetter draußen, spielen mit dem, was die Natur bietet. Klassisches Spielzeug gibt es nicht.
Kneipp: Dieses Konzept geht zurück auf den Naturheilkundler Sebastian Kneipp (1821-1897), der sich auf die gesunde Entwicklung des Menschen fokussierte und dafür ganzheitliche Ansätze entwickelt hat, die Körper und Geist gleichermaßen in den Blick nehmen. Am bekanntesten sind die Wasseranwendungen, sogenannte Kneipp-Bäder, die sich auch in Kneipp-Kitas finden. Darüber hinaus stehen folgende Aspekte im Vordergrund: Spiel und Bewegung sowie der verantwortungsvolle Umgang mit der Natur. Die Kinder sind viel draußen, gesunde Ernährung spielt eine Rolle, gern werden Kräuter sowie Obst und Gemüse aus dem eigenen Kita-Garten verarbeitet. Wer sich für eine Kneipp-Kita interessiert, sollte auf eine Zertifizierung achten. Die garantiert die Einhaltung bestimmter Standards.
Situationsansatz: Dieses Konzept hat sich in den vergangenen 50 Jahren entwickelt und kommt in vielen Kindergärten zum Einsatz, ohne dass es immer explizit so benannt wird. Es geht darum, die Kinder mit ihren aktuellen Interessen, Wünschen und Sorgen wahrzunehmen und diese in konkrete Projekte und Spiele umzusetzen. Das Konzept orientiert sich stark an der Lebenswelt der Kinder. Das, was sie aktuell beschäftigt (der Schmetterling im Garten, das Wetter, ein Streit der Eltern, das neue Haustier, der Tod des Opas…), wird durch die Erzieher aufgegriffen und in die pädagogische Arbeit einbezogen.
Offenes Konzept: Kindergärten, die nach diesem Konzept arbeiten, verzichten auf die in Kitas übliche Raum- und Gruppenaufteilung. Stattdessen gibt es unterschiedliche Themenräume, wie einen Sport-, Musik- und Theaterraum, ein Atelier und eine Werkstatt. Die Kinder können sich entsprechend ihrer Interessen frei im Haus bewegen. Ihre Spielpartner können sie ebenfalls frei aussuchen, da es keine festen Gruppen gibt. Im Mittelpunkt stehen auch hier die Neigungen und Bedürfnisse des Kindes. Es gibt auch teiloffene Kitas, die das Prinzip weniger konsequent umsetzen und Stammgruppen mit eigenen Räumen beibehalten, diese aber tagsüber zeitweise öffnen.
Inklusion: Dieses Konzept könnte und sollte sich theoretisch jede Kita auf die Agenda schreiben – unabhängig vom gewählten pädagogischen Schwerpunkt. In der Praxis findet Inklusion von Kindern, die vermeintlich anders sind, nur selten statt. Es geht vor allem – aber nicht nur – um die Inklusion von Kindern mit Behinderung oder Beeinträchtigungen. In Inklusions-Kitas wird vermittelt, dass jedes Kinder anders und besonders ist und mit all seinen Besonderheiten normal ist. Unterschiede werden thematisiert – aber alle Kinder unabhängig von ihren körperlichen, ethnischen oder sozialen Besonderheiten in den Kita-Alltag integriert. Es wird bewusst vermieden, Kinder mit in extra Gruppen zu fördern, um Ausgrenzung und Stigmatisierung zu vermeiden. Stattdessen wird jedes Kind individuell nach seinen Bedürfnissen gefördert. Davon sollen am Ende alle Kinder profitieren. Sie lernen schon früh, dass es normal ist anders zu sein, werden offen und tolerant, bekommen Werte wie Mitgefühl und Gleichberechtigung vermittelt.
Kirchliche Kita: Kirchliche Kitas arbeiten ebenfalls mit den hier vorgestellten pädagogischen Konzepten. Sie unterscheiden sich in erster Linie durch den Träger – in der Regel die evangelische oder katholische Kirche – von nicht-kirchlichen Kitas. Kitas mit kirchlichem Träger legen besonderen Wert auf die Vermittlung christlicher Werte wie Nächstenliebe, Respekt, Wertschätzung und Ehrlichkeit. Wie stark religiöse Bräuche den Kita-Alltag bestimmen, hängt von der Einrichtung ab. Einige feiern Gottesdienste mit den Kindern, andere beschränken sich auf das Tischgebet vor dem Essen. Christliche Themen spielen im Alltag eine größere Rolle. So werden religiöse Feste wie Weihnachten und Ostern zum Anlass genommen, über Gott und Glauben zu sprechen. In der Regel ist es erwünscht, aber nicht erforderlich, dass das Kind bzw. die Eltern Mitglied der Kirche sind.
Zweisprachigkeit/ Witaj: Eine Besonderheit in der Lausitz sind zweisprachige Kindergärten. Zum einen gibt es in Grenznähe deutsch-polnische und in Richtung Zittau deutsch-tschechische Kitas. Zum anderen spielt das Sorbische/Wendische in der Region eine wichtige Rolle. Kinder in sorbischen Familien wachsen zweisprachig auf. Mit dem Witaj-Konzept können sie diese Zweisprachigkeit auch in der Kita und später an der Schule im Alltag leben. Diese Kitas sind für alle Kinder offen, unabhängig von der Muttersprache. Es gibt Kindergärten, deren Alltag komplett in sorbischer Sprache stattfindet und solche, bei denen nur einzelne Gruppen sorbisch sprechen.