Für kleine Antikörperchen

Datum: Dienstag, 02. November 2021 16:35

Autoimmunerkrankungen – wenn das Immunsystem verrückt spielt

Selbst wenn Familien all die eben genannten Tipps beherzigen, gerät das Immunsystem manchmal trotzdem auf die schiefe Bahn. Dann hat es Schwierigkeiten, körpereigene Zellen von gefährlichen Erregern zu unterscheiden und bekämpft beide gleichermaßen leidenschaftlich. Das Immunsystem richtet sich gegen den eigenen Körper und löst Entzündungsprozesse aus, die Folge sind sogenannte Autoimmunerkrankungen. Dazu zählen Rheuma, Diabetes Typ I, Schuppenflechte, Multiple Sklerose und chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Auch Allergien, Heuschnupfen und Asthma sind Nebenwirkungen eines überbordenden Immunsystems.

Eine im Frühjahr 2021 veröffentlichte Untersuchung belegt, dass die Zahl dieser Erkrankungen in den vergangenen Jahren in Deutschland zugenommen hat. Nach Angaben des Versorgungsatlas, einer Einrichtung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung, ist der Anteil gesetzlich krankenversicherter Patienten mit mindestens einer dieser Autoimmunerkrankungsdiagnosen von 2012 bis 2018 von 3,5 auf 4 Prozent angestiegen. Dies entspricht einem Zuwachs von etwa 500.000 Patienten. Die genauen Ursachen kennt man nicht, vermutlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Übergewicht, Stress, übertriebene Hygiene. Viele der genannten Erkrankungen finden sich in Urvölkern nicht, sie scheinen also auch eine Folge des westlichen Lebensstils zu sein.

Ob Pandemie und Lockdown diese Zahlen weiter nach oben schnellen lassen, ist derzeit noch ungewiss. Die kurzfristigen Folgen der mehrmonatigen Kontaktbeschränkungen und Schließungen haben wir oben schon beschrieben. Die Kinder holen jetzt die verpassten Infekte nach. Der Kinderarzt Tobias Tenenbaum hält langfristige Effekte für eher unwahrscheinlich (siehe Interview). Der Wissenschaftler Thomas Bosch von der Universität Kiel ist da etwas skeptischer und hält langfristige Auswirkungen zumindest für möglich. In einem im Frühjahr veröffentlichten Aufsatz schreibt er: „Es werden für die kommenden Jahren noch weitreichende gesundheitliche Konsequenzen der Corona-Pandemie und insbesondere die Zunahme von Krankheiten, die auf einem Verlust an mikrobieller Vielfalt im menschlichen Körper beruhen (wie Diabetes, Adipositas oder chronische Entzündungen), befürchtet.“

Behandlung von Infekten

Mit dem Herbst und dem bevorstehenden Winter werden die Infekte weiter zunehmen. Das war schon vor Corona so. Wir verbringen wieder mehr Zeit drinnen, da können die Viren leichter von einem zum nächsten springen. Daher folgen abschließend noch ein paar Tipps, welche Mittel und Therapien gegen Erkältungsinfekte helfen und wann der Gang zum Arzt nötig wird.

Vielleicht vorab: Kinder müssen nicht bei jedem Infekt dem Kinderarzt vorgestellt werden, solange sie keinen Krankenschein brauchen. Dass Kinder krank werden, ist ganz normal. Dazu gehört auch hohes Fieber. Auch wenn die 40 vor dem Komma erschrecken kann, können Eltern zunächst ruhig bleiben. Fieber ist eine natürliche Reaktion des Immunsystems auf Krankheitserreger. Es zeigt an, dass der Körper versucht, diese zu bekämpfen. Insofern helfen einem fiebernden Kind zunächst Ruhe, Wärme und ausreichend zu trinken am besten. Ein Arztbesuch wird erst nötig, wenn weitere Symptome hinzukommen, oder das Fieber länger als zwei bis drei Tage anhält. Ob bzw. ab wann man das Fieber senken sollte, darüber ist die Wissenschaft uneins. Per se ist das Fieber vom Körper gewollt und sinnvoll. Insofern sollten Eltern zunächst schauen, ob es dem Kind trotz Fieber halbwegs gut geht. Wer das Fieber senken will, aber nicht auf klassischen Fiebersaft wie Ibuprofen oder Paracetamol zurückgreifen will, kann lauwarme Wadenwickel nutzen. Immer wichtig bei Fieber: ausreichend trinken, am besten Wasser oder Tee.