Krieg der Sternchen

Datum: Montag, 13. Dezember 2021 11:46


Der Duden gilt vielen als Referenz für die korrekte Rechtschreibung und Grammatik, er nimmt immer mehr gendergerechte Einträge auf.

Die Sprachinstitute und ihre Positionen

Neben dem Rat für deutsche Rechtschreibung verfügt Deutschland über weitere Institute und Vereine, die sich um die Pflege und den Erhalt der deutschen Sprache kümmern. Hier ein Überblick zu ihren Positionen zur gendergerechten Sprache.

Das Leibniz-Institut für Deutsche Sprache begleitet die Debatte wissenschaftlich. Einen offiziellen Standpunkt hat es nicht, es finden sich unter den Forschenden sowohl solche, die das Gendern befürworten und solche, die es ablehnen. Intensiv damit beschäftigt sich Prof. Dr. Carolin Müller-Spitzer. Sie leitet das am Institut beheimatete Forschungsprojekt Empirische Genderlinguistik. Im Interview mit der „lausebande“ wünscht sich Spitzer mehr Gelassenheit in der Debatte: „Es geht nicht darum, alles in schnellem Tempo mitzumachen. Vielmehr sollte man diejenigen, die neue Sprachformen ausprobieren möchten, entspannt experimentieren lassen und schauen, wo es uns hinführt. Die sprachliche Welt geht davon ganz bestimmt nicht unter, im Gegenteil: vielleicht werden uns so neue Horizonte eröffnet.“

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ist eine Vereinigung von knapp 200 Menschen, die sich für Sprache und Dichtung interessieren. Zuletzt hat sich der Verein 2019 zum Thema positioniert: Demnach „bietet die deutsche Sprache, so wie sie sich im Lauf der Jahrhunderte entwickelt hat, ein schier unerschöpfliches Repertoire an Ausdrucksmöglichkeiten. Alle Sprecher, Sprecher und Sprecherinnen, SprecherInnen, Sprecher!innen, Sprecher_innen, Sprecher*innen, Sprecher/innen, Sprecherïnnen, Sprechex und Sprechys sind aufgefordert, von diesem Reichtum guten Gebrauch zu machen. Dazu kann man Ratschläge geben; pauschale Vorgaben oder gar Vorschriften sollte sich niemand anmaßen.“ Ausgenommen von dieser sprachlichen Freiheit seien offizielle Kontexte wie der Deutschunterricht an der Schule oder Behörden. Hier müsse sowohl auf die im Grundgesetz garantierte Gleichberechtigung als auch auf Verständlichkeit geachtet werden. Auf ihrer Homepage nutzt die Akademie die grammatische männliche Form mit dem Verweis, dass damit ebenso Frauen gemeint seien.

Die Duden-Redaktion hat seit 1996 keine offizielle Funktion mehr, gibt aber bis heute das meist genutzte Wörterbuch der deutschen Sprache heraus. Für Aufsehen sorgte die Anfang des Jahres vorgenommene Neuerung, wonach bei männlichen Nomen wie Arzt oder Bäcker nun auch die weibliche Form einen extra Eintrag erhält. Zusätzlich wurden neue gewöhnungsbedürftige Kreationen wie Gästin oder Schuftin aufgenommen. In einem Presseinterview kurz nach der Veröffentlichung sagte die Chefredakteurin des Dudens, Kathrin Kunkel-Razum: „Wir plädieren für einen Mix, also für das Ausschöpfen aller sprachlichen Möglichkeiten, die es gibt. Wenn aber ein Zeichen verwendet werden soll – und dafür gibt es gute Gründe –, dann sehen wir aktuell, dass der Stern am häufigsten verwendet wird, und dann würden wir auch dazu raten, diesen zu benutzen. Aber, wie gesagt, es gibt ganz viele Möglichkeiten, geschlechtergerecht zu formulieren.“ Im Sommer 2020 war bereits die aktuelle Auflage der gedruckten Version erschienen – dort noch ohne weibliche Einträge, dafür aber mit einem dreiseitigen Überblick über die Möglichkeiten, die das Deutsche für das Gendern bereithält.

Die Gesellschaft für deutsche Sprache ist ein gemeinnütziger Verein, der nach eigenem Bekunden das Bewusstsein und das Interesse für die deutsche Sprache fördern will. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören die Sprachberatung und die Vornamenberatung. Vielen dürfte die einmal jährlich vom Verein veröffentlichte Liste der beliebtesten Vornamen bekannt sein. Die Gesellschaft unterstützt die Bemühungen um eine sprachliche Gleichbehandlung, gleichwohl empfiehlt sie nicht alle derzeit gängigen Methoden, nämlich dann nicht, wenn sie die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten einschränken und nach heute gültigen Regeln grammatikalisch und orthografisch nicht vertretbar sind. Dazu zählt beispielsweise das Gender-Sternchen.

Der Verein Deutsche Sprache tritt für die Rettung der deutschen Sprache ein und vereint eher konservative Meinungen. Die zunehmende Nutzung von Anglizismen ist ihm ebenso ein Graus wir das Gendern. Er positioniert sich sehr klar gegen die Nutzung gendergerechter Sprache. Gendern sei nutzlos, unwissenschaftlich, sexistisch und undemokratisch. Der Verein verweist darauf, dass die Mehrheit der Deutschen sprachliches Gendern ablehne und sieht eine sprachliche Gängelung der Menschen. Er hat eine Petition zur Rettung der deutschen Sprache gestartet, die sich gegen die durch den Duden vorgenommene „Sexualisierung der deutschen Sprache“ richtet und unterstützt eine Unterlassungsklage eines Audi-Mitarbeiters, der sich durch die Gender-Richtlinien seines Arbeitgebers gegängelt sieht.