Krieg der Sternchen

Datum: Montag, 13. Dezember 2021 11:46

Führen auch andere Länder diese Debatte?

Wer die oft hitzige Debatte in Deutschland verfolgt, fragt sich mitunter, ob auch andere Länder mit so viel Leidenschaft darüber diskutieren. Das passiert durchaus. So brach in Frankreich ein regelrechter Shitstorm über die Redaktion des Wörterbuchs Petit Robert her, das in Frankreich eine Stellung inne hat wie der Duden in Deutschland. Die Ursache: Das Wörterbuch hat in seiner Online-Ausgabe das Pronomen „iel“ aufgenommen, eine Zusammensetzung aus „il“ für „er“ und „elle“ für „sie“. Damit sollen jene Menschen benannt werden können, die sich keinem Geschlecht zuordnen. Das Wort werde zunehmend in der Praxis verwendet, so die Begründung der Redaktion. Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Während Transgender-Vertretungen die Neuerung als historischen, überfälligen Schritt begrüßen, sieht Frankreichs Bildungsminister Jean-Michel Blanquer die französische Sprache bedroht. Die Robert-Redaktion reagiert gelassen, sie freut sich über die angestoßene Debatte und will „iel“ ebenfalls in die nächste gedruckte Auflage aufnehmen. Auch die Diskussion um die Verwendung von Genderstern oder Bindestrich wird seit Jahren kontrovers geführt, an Schulen beispielsweise wurde sie untersagt – ähnlich wie in Deutschland.

In Schweden wurde diese Diskussion schon vor sechs Jahren geführt. Seitdem findet sich in schwedischen Wörterbüchern das Personalpronomen „hen“ – genutzt wird es analog zu „iel“. Es ergänzt somit die Pronomen „han“ für „er“ und „hon“ für „sie“. Mit „hen“ kann man sowohl Menschen ohne Geschlechtszugehörigkeit bezeichnen, es aber auch einfach allgemein nutzen, wenn kein Geschlecht explizit genutzt werden soll, beispielsweise in Kinderbüchern, in denen der Hauptfigur kein Geschlecht zugeschrieben wird, wie ein Elefant oder Monster. Als das Wörterbuch „hen“ aufgenommen hat, war das nur eine Reaktion auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Das Pronomen wurde in Medien und im Alltag zunehmend häufiger verwendet. Gleichwohl hat die Aufnahme ins Wörterbuch im Jahr 2015 zu Debatten geführt. Der schwedische Autor Jan Guillou warf militanten Feministinnen vor, sie würden die Sprache zerstören.

Andere Länder müssen diese Debatten erst gar nicht führen, weil es in ihrem Sprachsystem keine Unterscheidung zwischen männlichem und weiblichem Geschlecht gibt. So spielt die Genusunterscheidung im Chinesischen, Japanischen, Türkischen und Ungarischen keine Rolle.

Das Englische wiederum verzichtet weitgehend auf das grammatische Genus, unterscheidet aber bei den Pronomen zwischen den Geschlechtern. Dort steht doctor für Arzt und Ärztin, friend für Freund und Freundin. Wo es die Unterscheidung dennoch gibt, wird nach geschlechtsneutralen Lösungen gesucht. Statt policeman wird policeofficer genutzt. Die Pronomen sie und er werden mit she und her übersetzt. Um alle Geschlechter einzubeziehen, wir die Formulierung they genutzt. In der kanadischen Armee wurde im Frühjahr die Nutzung des Wortes unmanned/unbemannt durch das genderneutrale Wort „uncrewed“ ersetzt.