Wenn sich Geschwister ein Zimmer teilen, ergeben sich mehr Gelegenheiten zum gemeinsamen Spiel.
Eigenes oder gemeinsames Kinderzimmer?
Während unseren Eltern und Großeltern diese Frage gar nicht erst gestellt wurde, weil der Raum begrenzt war, wachsen Kinder heute in der Regel in getrennten Kinderzimmern auf. Insofern kann man die Frage nicht richtig oder falsch beantworten. In erster Linie geben die räumlichen Voraussetzungen die Antwort. Eine Familie, die mit drei Kindern in einer Vier-Zimmer-Wohnung lebt, kann eben nicht jedem Kind ein eigenes Zimmer bieten. Je nach Altersabstand und Geschlecht, kann man Geschwister durchaus bis in die Grundschulzeit in einem gemeinsamen Kinderzimmer lassen.
Größer als vier oder fünf Jahre sollte der Altersabstand aber nicht sein. Ist das jüngere Geschwisterkind ein Nachzügler und der große Bruder bei der Geburt schon in der Schule, wird er sein Reich kaum mehr mit dem Baby teilen wollen. Ab einem gewissen Alter kann auch das Geschlecht eine Rolle spielen. Zwei Schwestern, die nur zwei Jahre auseinander sind, werden sich länger im Prinzessinnen-Zimmer wohlfühlen als Bruder und Schwester. Nicht zuletzt hängt die Entscheidung davon, ob die Geschwister sich ein Zimmer teilen, vom Miteinander ab: Verstehen sie sich im Alltag gut miteinander, spielen sie gern gemeinsam, streiten sie viel?
Wenn die Wohnfläche kein eigenes Zimmer für jedes Kind hergibt, haben Familien folgende Möglichkeiten: Ein Raumteiler – das kann ein Bücherregal oder Kleiderschrank sein, aber auch ein Hochbett oder ein Vorhang – kann ein ausreichend großes Zimmer quasi zu zwei Zimmern machen. Spätestens wenn die Kinder in die Pubertät kommen, sind klare Regeln und Absprachen nötig: Hat eines der beiden Kinder Besuch von Freunden, sollte das andere sich bereit erklären, das gemeinsame Zimmer in dieser Zeit nicht zu nutzen. Eine weitere Möglichkeit kann sein, dass die Eltern ihr Schlafzimmer aufgeben und das Wohnzimmer doppelt nutzen.
Eine Herausforderung wird die Zimmeraufteilung für Familien mit drei oder mehr Kindern. Denn die wenigsten Wohnungen oder Häuser verfügen über mindestens sechs Zimmer. Hier hat es sich etabliert, dass das größte Kind ein eigenes Zimmer bekommt. Wenn es auszieht, kann das nächstgrößere Kind nachrutschen. Die jüngeren Geschwister teilen sich so lange wie nötig ein Zimmer.
Ein festes Alter, wann Kinder unbedingt ein eigenes Zimmer brauchen, gibt es nicht. Unsere Großeltern mussten sich oft die komplette Kindheit und Jugend ihr Zimmer mit meist mehreren Geschwistern teilen. Heute ist in vielen Familien spätestens mit Beginn der Pubertät Schluss mit einem gemeinsamen Kinderzimmer. Dann brauchen die Jugendlichen einen Rückzugsort und grenzen sich zunehmend ab, nicht nur von den Eltern, sondern auch vom Bruder oder von der Schwester. Manche Geschwister aber streiten so viel, dass es um des Familienfriedens sinnvoll sein kann, sie schon eher räumlich zu trennen.
Wichtig, wenn sich Geschwister ein Zimmer teilen: Ermöglichen Sie jedem Kind Individualität. Wenn ein Kind eher auf Pferde steht und das andere Planeten vorzieht, dann berücksichtigen Sie das bei der Einrichtung des Zimmers. Mit Accessoires wie Wandtattoos, Vorhängen oder Lampen lässt sich jeder Bereich unkompliziert den aktuellen Vorlieben anpassen.
Ein gemeinsames Kinderzimmer hat durchaus Vorteile: Die Kinder lernen eher, miteinander auszukommen, Spielsachen zu teilen, Konflikte auszutragen, sich nach einem Streit wieder zu versöhnen, Rücksicht aufeinander zu nehmen. Sie hören einander zu, erzählen sich abends noch Geschichten und Geheimnisse, trösten einander.
„Ich habe einen großen Bruder. Den mag ich, weil er mir manchmal hilft. Er bringt mir mein Spielzeug, wenn ich nicht rankomme. Und er teilt immer seine Süßigkeiten mit mir.“
Magdalena, 3
Zwillinge
Diese besondere Geschwister-Konstellation bedeutet für Familien nicht nur doppeltes Glück, sondern gerade in den ersten Lebensjahren viel Arbeit. Viele der in diesem Beitrag vorgestellten Tipps gelten so auch für Zwillinge. Da Zwillinge aber meist eine noch engere Bindung haben als „normale“ Geschwister und von ihrer Umwelt als Einheit wahrgenommen werden, fällt es ihnen etwas schwerer, sich voneinander abzugrenzen, ihre Besonderheit zu finden, ihre Persönlichkeit zu entwickeln. Zwillingseltern sollten sie dabei unterstützen. Das fängt schon mit der Alltagskommunikation an: Sprechen Sie Ihre Kinder nicht als Einheit an. Statt „Zwillinge, kommt mal bitte …“ oder „Könnt Ihr beiden mal …“ sollten die Kinder einzeln oder nacheinander und mit dem Namen angesprochen werden. Das Umfeld aus Erzieherinnen, Freunden und Lehrern wird die Zwillinge ohnehin oft genug über einen Kamm scheren. Daher sollten Eltern überlegen, ob sie ihre Zwillinge ständig gleich anziehen, denn das erschwert die Abgrenzung voneinander. Getrennte Hobbys entsprechend der jeweiligen Neigung können ebenfalls helfen. Ab wann Zwillinge jeweils ein eigenes Kinderzimmer brauchen und ob sie in Kita und Schule in getrennte Gruppen gehen sollten, lässt sich nicht pauschal sagen, hier kommt es auf das Miteinander der Geschwister und ihre Wünsche an. Achten Sie darauf, dass die Zwillinge jeweils eigene Freundschaften pflegen und nicht nur gemeinsame Freunde haben.
Halb- und Stiefgeschwister: Herausforderung Patchworkfamilie
Wird aus zwei Familien eine Patchwork-Familie, können sich von heute auf morgen die Geschwisterkonstellationen ändern. Der bisher Älteste ist auf einmal der Jüngste oder das Einzelkind bekommt mehrere Stiefgeschwister. Später können noch Halbgeschwister hinzukommen. In jedem Fall ist die neue Situation eine echte Herausforderung sowohl für die Erwachsenen als auch die involvierten Kinder.
Ein guter Start wird erleichtert, wenn sich die leiblichen Eltern im Einvernehmen getrennt haben und es ihnen gelingt, eventuelle Konflikte nicht vor den Kindern auszutragen. Gleichwohl kann es sein, dass Kinder den neuen Partner oder die ungewollten Geschwister zunächst nicht akzeptieren. Manchmal liegt das einfach daran, dass sie den neuen Familienmitgliedern bewusst oder unbewusst die Schuld an der Trennung der Eltern geben. In jedem Fall braucht es seine Zeit, bis die neue Familie zusammenwächst. Wie lange das dauert, hängt unter anderem vom Alter und Temperament der Kinder, vom praktizierten Wechselmodell und vom Verständnis der Erwachsenen ab.
Zunächst müssen sich die neuen Familienmitglieder kennenlernen, ihre neue (Geschwister-)Position in der Familie behaupten, die möglicherweise anderen Familienregeln aushandeln. Gerade das kann schwer sein, weil Kinder aus Patchwork-Familien häufig zwischen zwei Haushalten mit unterschiedlichen Regeln pendeln. Und so kann es durchaus ein bis zwei Jahre dauern, bis sich das neue Familiengefüge gefunden hat. Für die Erwachsenen ist es vor allem eine Herausforderung, sowohl den leiblichen als auch den Stiefkindern gerecht zu werden. In einer Patchwork-Konstellation kann es noch schneller zu dem Gefühl kommen, sich ungerecht behandelt zu fühlen.
Neben Geduld und Verständnis sowie klarer Kommunikation durch die Erwachsenen kann ein Familienrat helfen. Dabei setzen sich alle Familienmitglieder zusammen und besprechen aktuelle Probleme und Wünsche. Vorab werden die grundlegenden Regeln der Diskussion festgelegt: Dazu gehört, ausreden zu lassen, höflich zu bleiben, nicht zu schimpfen. Jeder darf zu Wort kommen. Umstrittene Punkte werden so lange diskutiert, bis sich alle Familienmitglieder auf einen Kompromiss geeinigt haben. Anschließend werden die vereinbarten Punkte schriftlich festgehalten und die Umsetzung beim nächsten Familienrat überprüft. Einen solchen Familienrat kann man nach Bedarf abhalten oder regelmäßig, beispielsweise ein Mal monatlich.