Pro & Contra zur Grundschrift
„Die Grundschrift ist die bessere Schrift für die Kinder.“
Ulrich Hecker Stellvertretender Vorsitzender des Grundschulverband e.V.
Noch lernen Kinder in den meisten Bundesländern zwei Ausgangsschriften: eine mit der Hand geschriebene Druckschrift und im Anschluss daran entweder die Lateinische, Vereinfachte oder Schul-Ausgangsschrift. Damit ergibt sich die unsinnige Situation, dass Kinder zwei Ausgangsschriften lernen: Von Schulbeginn an die Druckschrift, später eine der genormten Schulschriften. Alle drei sind inzwischen 60 bzw. gut 50 Jahre alt und waren tatsächlich als „Ausgangs-Schrift“ gedacht: als erste Schrift zum Schreibenlernen. Inzwischen sind die normierten Schulschriften lebensfremd: Sie kommen in der Lebenswelt der Kinder nirgendwo vor, nur in der Schule, für die sie ausschließlich konstruiert wurden. Mit der Grundschrift präsentiert der Grundschulverband eine Schrift, die alle Anforderungen an eine qualitätvolle Schreibschrift erfüllt: formklar und gut lesbar, flüssig zu schreiben und funktional für alle Verwendungen der Textproduktion. Aus ihrer ersten Schrift können Kinder eine flüssige und lesbare Handschrift entwickeln – die Schrift, die sie in Schule, Ausbildung, Beruf und leben (ge-)brauchen. Die Grundschrift ist eine Schrift für die Hand der Kinder, sie ist ihrer (Schreib-)Motorik angepasst. Die Buchstaben werden nicht „gedruckt“, sondern in zunehmend flüssiger Bewegung geschrieben. Kinder bringen Buchstaben in Bewegung, sie nehmen die Schrift in ihre eigene Hand. Dafür brauchen Kinder gerade Zeiten und Räume, um (ihr) Schreiben mit der Hand erfahren, üben, erproben und anwenden zu können. Nötig ist eine neue Wertschätzung für die Handschrift in der Schule. In den Bildungsstandards für das Fach Deutsch in der Primarstufe hat die Kultusministerkonferenz für alle Bundesländer zur Schrift als Kompetenzziel festgelegt: „eine gute lesbare Handschrift flüssig schreiben“. Und genau darum muss es gehen! Fazit: Eine Schrift zum Lesen- und Schreibenlernen ist genug.
Wolfgang Hildebrandt 1. Vorsitzender der Aktion Deutsche Sprache e.V.
Das deutsche Bildungssystem neigt dazu, Schulprobleme durch Eingriffe der Politik statt mit einer dem jeweiligen Problem angemessenen Methode zu lösen. Die Schwierigkeiten und Herausforderungen beim Erlernen der Schreibschrift sind bekannt, doch ist es der richtige Weg, diese einfach abzuschaffen? So sind einige Bundesländer dabei, die Schreibschrift abzuschaffen und stattdessen die Grundschrift einzuführen, die eine Druckschrift ist (allein diese Namensgebung ist ein Täuschungsmanöver), die durch das Verbinden der einzelnen Buchstaben angeblich zu einer flüssigen Schreibschrift werden soll. Was verlieren wir mit der Einführung dieser Schrift? Durch das ständige Auf und Ab der Linienführung bei der Schreibschrift erwerben Kinder wichtige Voraussetzungen für das Verständnis eines Bewegungszusammenhangs. Wenn wir Schreibschrift benutzen, so schreiben wir eben nicht Buchstaben für Buchstaben, sondern Ganzheiten, die der Lesende, wenn er denn diese Schreibweise gelernt hat, als Silhouetten auf einen Blick erfasst, ohne, wie ein Erstklässler, Buchstaben für Buchstaben buchstabieren zu müssen. Damit müssen wir auch nicht mehr Buchstaben für Buchstaben 100% „ausmalen“, sondern es reicht, die für dieses Wort typische Silhouette zu erzeugen, die jeder sofort „erliest“. Damit erlernen wir blitzschnelles Schreiben und – noch wichtiger – blitzschnelles Erfassen. Die Vertreter der Druckschrift verweigern sich der Erkenntnis, dass mit der Schreibschrift feinmotorische Anstöße gegeben werden. Diese sind für die Ausbildung des Gehirns und damit für die ganzheitliche Entwicklung des Kindes, ähnlich wie z. B. das Spielen eines Musikinstrumentes, von elementarer Bedeutung. Es wird den zukünftigen Generationen also eine wichtige Schreibtechnik und damit Schreibkultur vorenthalten!