Kolumne :: Seite 52
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
zum Umzug. Fieberhaft recherchierte ich Umzugsun-
ternehmen und wollte wenigsten dabei alles richtig
machen. Ich opferte einen halben Tag, vermaß den
gesamten Haushalt und schätzte das Volumen an
Kisten und Krimskrams ab. Ein schweres Unterfan-
gen für Männer, das können Sie mir glauben. Ich fo-
tografierte auch das Haus samt Balkon von allen Sei-
ten, damit die Kollegen auch wissen, wo der Lift am
besten anlegen kann. Aus dem vierten Obergeschoss
würde schließlich niemand den prähistorischen Ei-
chenschreibtisch und das Mobiliar durchs Treppen-
haus schleppen. Jedenfalls hatte ich eine endlose Lis-
te, viele Bilder und fragte fünf Umzugsunternehmen
an. Ganz der moderne Papa, waren auch zwei große
Onlineanbieter aus der Fernsehwerbung dabei. Ei-
ner von denen machte auch das beste Angebot und
noch am selben Abend prahlte ich beim abendlichen
Fernsehpäuschen vor den Kids, als genau diese Fern-
sehwerbung kam: „Seht ihr Kinder, die da machen
unseren Umzug, und der Papa hats organisiert.“ Sie-
ben Tage später kam der Tag der Tage, laut Angebot
sollte morgens das Umzugskommando eintreffen, ab
7 Uhr standen wir fix und fertig auf der Matte. Um 10
war immer noch kein LKW da, ich schwitzte, ohne
etwas getan zu haben. Um Ruhe bemüht, rief ich bei
der 24-Stunden-Hotline an. Die heißt sicher so, weil
man nur alle 24 Stunden jemanden erreicht. Als end-
lich doch jemand abnahm, herrschte auf der anderen
Seite große Verwunderung, angeblich sei die Spediti-
on auf dem Weg und müsse jeden Moment kommen.
Um 14 Uhr kamen dann zwei polnische Packesel mit
marginalen Deutschkenntnissen und einem abge-
schrammten Transporter. Statt Lift packten sie mit der
Kraft (und dem Duft) einer Packung Knoblauchfrika-
dellen an. Die Kids verdrehten die Augen: „Jaja, Papas
supermoderner Onlineumzug“. Ich trug die Kisten der
Kids sicherheitshalber selbst, da Przemeks und Pio-
trs Tragetechnik darauf schließen ließ, dass sie alles
für unkaputtbar hielten. Wie durch ein Wunder kam
nach sechs Touren bis Mitternacht dann doch noch
alles im neuen Haushalt an. Erleichtert packte ich
meine Sachen zuletzt aus. Staubfänger, Krüppelbe-
cher & Co. waren polnisch zerkleinert. „Mensch Papa,
da hat dein moderner Umzug die Sachen gleich di-
gitalisiert“ meinte mein Junior. Alles lachte, nur ich
stammelte ein „Naja“.
Euer lausitzDADDY
Ein Familienumzug ist kein Zuckerschle-
cken, das haben Sie bestimmt auch schon
gewusst. Umso schlimmer ist das aber, wenn
einem auf der Arbeit die Projekte nur so um die Ohren
fliegen undman gar keine Zeit dafür hat. So war es bei
uns. Seit einem Jahr stand der Umzug fest und eigent-
lich wollte ich alles mit vorbereiten und mit den Kin-
dern gemeinsam Kisten packen. Ich hatte natürlich
recherchiert, dass es für Kinder immer hilfreich ist,
wenn sie selbst ihr kleines Leben und ihre liebgewon-
nenen Begleiter, ob nun Kuscheltiere oder Spielzeuge
oder Bücher, selbst mit in die Kisten einpacken und
sehen, dass es ihnen dort gut geht. Natürlich wollte
ich auch mein eingestaubtes Sammelsurium, das von
einer historischen Schreibtischlampe mit Keramik-
stecker bis zur von mir eigens handgefertigten Vase
beim einstigen Familienausflug in eine Töpferei reich-
te, sorgsam umhüllt wissen. Den „Staubfänger“ und
den „Krüppelbecher“ wollte ich dann doch nicht den
pragmatischen Packtechnikenmeiner besseren Hälfte
überlassen. Doch wie so oft kam alles anders.
Zwei Wochen vorm Umzug war im Büro Land unter.
Selbst zu Hause musste ich weiter arbeiten, während
um mich herum der halbe Haushalt in Kisten ver-
schwand. Gedankenverloren murmelte ich ein „Jaja“
auf die Frage, ob ich wenigstens wie besprochen das
Umzugsunternehmen bestellt hätte. Kennen Sie die-
se „Jaja“-Augenblicke, in denen man eigentlich ganz
weit weg auf einem anderen Stern unterwegs ist und
eine unangenehme Frage, die wie durch Watte in
dieses Universum eindringt, einfach mit einem zu-
versichtlichen „Jaja“ wieder daraus verbannt? Genau
so ein Moment war das. Er fiel mir sechs Tage später
wieder ein. Verdammt, da war es noch eine Woche bis
Noch nicht genug gelacht?
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