Interview :: Seite 52
In den ersten Expeditionen lag der Fokus noch auf
dem Land Brandenburg, nun geht’s immer öfter in
die Ferne, warum?
Weil wir Brandenburg schon so
gut erkundet haben. Da gibt es kaum Ecken, in de-
nen wir auf den ersten Expeditionen nicht waren.
Von daher schauen wir jetzt lieber über den Teller-
rand hinaus.
Hand aufs Herz, Sie müssen es ja wissen: ist der
Brandenburger muffliger als der Durchschnitts-
deutsche andernorts?
Das ist ein großes Gerücht,
das ich nicht bestätigen kann. Ich habe die Bran-
denburger sehr herzlich erlebt und vor allem sehr
bodenständig. Das ist für mich ein absolut positi-
ver Begriff. Sie waren offen und auch sehr humor-
voll. Ich hatte mit den Brandenburgern großen
Spaß und schätze diese Offenheit und trotzdem
das Normale an ihnen. Der Brandenburger ist über-
haupt nicht so mufflig wie sein Ruf vermuten lässt.
Ich habe das schon in vielen anderen Interviews
gesagt: die Darstellung des Ostens ist nach dem
Verfliegen der Wendeeuphorie oft sehr negativ und
undifferenziert geworden. Es ist einfach, auf einem
Brandenburger Dorfplatz blöde Fragen zu stellen
und das dann passend zusammen zu schneiden,
dass der Brandenburger so mufflig rüberkommt.
Das ist aber nicht die Realität.
Mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass unser Fa-
milienmagazin in der Lausitz erscheint: Wo in
Brandenburg hat es Ihnen am besten gefallen?
Na
in der Lausitz (lacht). Nein, das wäre ja gemein,
wenn ich das sagen würde. Dann wären alle ande-
ren traurig. Für mich gab es diesen schönsten Ort
in Brandenburg nicht. Mich begeistert an Branden-
burg in vielen Teilen die Weite und die Ruhe. Es
gibt Landschaften, in denen lange kein Haus und
kein Strommast zu sehen ist. Wo kann ich noch in
die Ferne schauen und einfach nur Natur sehen?
Das ist ein unfassbar großer Vorteil von Branden-
burg, den ich immer genieße.
Sie zählen zu den wandlungsfähigsten Comedians
Deutschlands, warum entstand über die rbb-Ex-
peditionen ausgerechnet zu den Brandenburgern
eine solch innige Beziehung?
Ich habe über ein
anderes Projekt mit einem Berliner Produzenten
gearbeitet, der einen guten Draht zum rbb hatte. So
kam es erst zur Serie mit der Berliner Nacht-Taxe.
Ich bin ja gar kein Berliner, aber die Zusammenar-
beit war toll und so folgten die Expeditionen.
Wonach wählen Sie Ihre Arbeiten aus?
Inzwischen
bin ich in der luxuriösen Situation, mir das aussu-
chen zu können. Das war nicht immer so. Ich inter-
essiere mich für Formate, die ich für spannend und
eine neue, andere Art halte, Fernsehen zu machen.
Ich bin kein Mikrowellenkünstler, der alte Sachen
aufwärmt und meint, das würde wieder funktionie-
ren. Ich will Zuschauer fürs Fernsehen begeistern,
und das gelingt nur mit neuen, überraschenden
Dingen. Oder wie bei den Expeditionen mit ehrli-
chem Fernsehen, da ist z.B. keines der Gespräche
gestellt oder vorher abgesprochen.
Sie haben schon mehrfach kritisiert, dass Fernse-
hen heute immer bedeutungsloser und inhaltslee-
rer wird, wie halten Sie dagegen?
Switch und spä-
ter Switch reloaded war schon ein sehr satirisches
Format, das die Medienwelt auf die Schippe ge-
nommen hat. Die Expeditionen sind ein Versuch,
die Realität einzufangen. Ich finde es absurd, dass
man heute viel von Reality-Formaten spricht, die
gefaked und zusammengelogen sind und nichts
mit der Realität zu tun haben. Da versuche ich,
mit ehrlichem Fernsehen oder einem Format wie
„Kessler ist…“ dagegen zu halten, indem ich Pro-
mis von einer anderen Seite zeige und der Pro-
minente sich am Ende auf überraschende Weise
selbst befragt.
Für Theater hatten Sie noch weniger übrig, das
wurde ihnen zu krank, zu depressiv, zu elitär und
humorlos …
Über das Theater habe ich das tat-
sächlich gesagt. Ich war fünf Jahre am Theater und
wollte das dann nicht mehr. Ich fand das so an-
strengend, es hat für mich nicht funktioniert. Ich
habe später mit Bastian Pastewka und Christian
Maria Herbst noch lange Zeit das Stück „Männer-
hort“ gespielt, das war aber eine andere Konstel-
lation. Das war eine Sache mit Freunden und das
Team haben wir uns selbst aussuchen können. Das
hat Spaß gemacht, das war großes Theater. Eigent-
lich ist das Theater meine Wurzel. Die Bedingun-
gen müssen aber stimmen. Ich bin ein Handwerker
und kein Kunsthandwerker. Ich spiele für das Pu-
blikum und mag keine abstrakten Dinge, die nie-
mand versteht.