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holen oder Uniabsolventen vor Ort zu halten. Diesen

muss man jetzt sagen: Das sind demnächst auch eure

Kitagebühren. Wir haben in Cottbus seit Jahren auch

einen Immobilienboom, bei dem alle Immobilienent-

wickler wirklich gutes Geld verdienen. Hier könnteman

darüber nachdenken, zu welchen Preisen und Aufla-

gen städtischer Immobilienbesitz in private Hände ge-

langt und wie Entwicklungsgewinne bei der Stadt ver-

bleiben. Fraglich ist außerdem der Nettoeffekt der Ki-

tagebührenerhöhung: Eltern haben jetzt weniger Geld

für Freizeitaktivitäten, Händler oder Vereine vor Ort.

Kurzfristig Löcher zu stopfen und langfristig eine Ne-

gativspirale zu verstärken, kann ja nicht ohne Alter-

native sein.

Welche Rolle spielt das Land in der Sache?

Die

Stadt schimpft auch aufs Land und benennt fehlen-

de Landeszuschüsse zur Kitafinanzierung als einen

Hauptgrund für die Gebührenerhöhung. Hier müss-

te Cottbus einfach mehr Rückgrat haben und gegen

das Land Flagge zeigen. Am 4. Oktober gibt es ein Fol-

getreffen mit der Brandenburger Familienministerin

zur Auszeichnung der Stadt Cottbus als kinderfreund-

liche Kommune. Ich fände es mannhaft, wenn Herr

Kelch der Landesministerin den Preis als „Familien-

und kinderfreundliche Gemeinde“ zurückgibt, weil fa-

milienfreundliche Politik auf Stadtebene nicht zu be-

treiben ist, weil das Land zu wenig Geld für die Kitas

zahlt. Das wäre ein Zeichen, statt sich Pokale hin und

herzuschieben und den Eltern zu erzählen, man kön-

ne nichts machen.

Empfängt man Ihre Anregungen in der Stadt mit of-

fenen Armen?

Ich bin ja froh, dass wir angehört wer-

den. Viele sind dort auch auf Zack und wissen, wo-

rüber wir sprechen. Allerdings müssen wir uns immer

wieder anhören, dass wir uns als Eltern früher hätten

einbringen sollen. Das ist Quatsch, denn wir sind

haupt nicht bewusst, inwelchen Größenordnungen die

Gebührenerhöhung stattfindet. Vielen war nicht klar,

dass alle Einkommensschichten mit teils empfindli-

chen Erhöhungen betroffen sind. Die Darstellungen

der Verwaltung für die Beschlussvorlage im Stadtpar-

lament wurden schöngemalt. Dort ist vonmonatlichen

prozentuellen Mehrbelastungen auf das Jahresbrutto-

einkommen mit einer Null vor dem Komma die Rede.

Es sollten nur 20% der Einkommensschichten betrof-

fen sein. All das entspricht nicht der Realität und die

Stadtverordneten haben das viel zu wenig hinterfragt.

Nun halten sich derzeit nicht alle Kitaträger an die

neue Gebührenordnung, sollten betroffene Eltern

jetzt die Kita wechseln?

Die Jugendhilfe als Träger

unserer Kita hat zum Beispiel einen begründeten Ge-

genvorschlag gemacht und folgt der Vorlage der Stadt

derzeit nicht. Es gibt hinter den Kulissen aber klare Si-

gnale, dass es von der Stadt „gern gesehenwird“, dass

die Träger Einvernehmen mit der Vorgabe herstellen.

Wennman nun betrachtet, dass diemeisten Träger au-

ßer den Kitas in vielen weiteren Projekten von kom-

munalen Zuwendungen abhängig sind, erschließt

sich, dass viele Träger diesen Kampf gar nicht führen.

Er bringt Stress und gefährdet dringend benötigte fi-

nanzielle Unterstützung der Stadt. Da ist es auch für

den Träger einfacher, die Eltern zu belasten und den

Schwarzen Peter hinter vorgehaltener Hand der Stadt

zuzuschieben.

In vielen anderenKommunenwerden die Beiträge

auch erhöht, haben wir in Cottbus eine besondere

Situation?

Das kann ich nicht einschätzen. Wir wis-

sen heute aber, dass das gesamte Land Brandenburg

in Sachen Demografie keine besseren Zeiten mehr vor

sich hat. Es wurde 25 Jahre verschlafen, hier sinnvol-

le Strukturen neben der Kohle aufzubauen. Man muss

sich heute überlegen, welche Einkommensschichten

und Menschen man künftig vor Ort haben möchte. In-

soweit ist die Entscheidung zur Erhöhung von Kitage-

bühren die denkbar schlechteste Entscheidung für die

Zukunft einer Stadt oder Region.

Sehen Sie für die Kommune beimderzeit klammen

Haushalt Alternativen?

Dazu habe ich zu wenig Ein-

blick in den Haushalt. Aber begrenzte Budgets treffen

wir überall an. Je begrenzter ein Budget, umso mehr

muss ich über die Investitionen nachdenken. Es wird

z.B. viel Geld ausgegeben, um Rückkehrer zurückzu-

Kitagebühren :: Seite 21

»

Hier können Sie den ausführlichen Beitrag zum

Thema Kitagebühren aus unserer Septemberaus-

gabe noch einmal nachlesen.