Gesetzliche Grundlagen
Pflegekinder stehen an der Schnittstelle von Familien- und Jugendhilferecht und damit zwischen privatem und öffentlichem Recht. Gesetzliche Regelungen, die die Beziehungen zwischen leiblichen Eltern, Pflegeeltern, Kind und Jugendamt regeln, finden sich sowohl im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) als auch im Sozialgesetzbuch VIII (SGB). Die Gesetzestexte legen die Rahmenbedingungen für Pflegefamilien fest. Dazu zählen Beginn und Ende eines Pflegeverhältnisses, Sorge- und Umgangsrecht, Zuständigkeit und Kontakt zum Jugendamt. Viele Regelungen sind vage, ohne konkrete Zeit- und Zahlenangabe. Das ermöglicht ein flexibles Agieren je nach Situation und Bedarf des Kindes, schafft aber auch Unsicherheiten für alle Beteiligten.
Die Bundesländer haben jeweils eigene Richtlinien zur Pflegekinderhilfe erlassen, die konkrete Umsetzung liegt in der Hand des Jugendamtes.
Derzeit plant das Bundesfamilienministerium eine umfangreiche Reform des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (SGB VIII). Ziel ist es u. a., die Interessen der Kinder stärker in den Mittelpunkt zu rücken, den Jugendämtern mehr Kompetenzen zu geben und Pflegefamilien zu stärken. So ist eine intensivere Beratung und Unterstützung von Pflegekindern und Pflegeeltern angedacht sowie die Überprüfung des Pflegeverhältnisses. Bei gravierenden Konflikten zwischen den leiblichen Eltern und den Pflegeeltern soll das Jugendamt eingeschaltet werden und im Sinne des Kindes entscheiden.
Den Kontakt zur Herkunftsfamilie regelt § 1684 des BGB. Dieser Paragraph beschreibt die Rechte von (leiblichen) Eltern und besagt:
- Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil, auch jeder Elternteil hat das Recht auf Umgang mit dem Kind.
- Befindet sich das Kind in einer Pflegefamilie, darf das Verhältnis zu den Elternteilen nicht beschränkt oder die Erziehung erschwert werden.
- Bei Konflikten entscheidet das Familiengericht über das Umgangsrecht der Eltern mit dem Kind.
Wie wird man Pflegefamilie?
Paare, die sich entscheiden, Pflegekinder bei sich aufzunehmen, tun das aus unterschiedlichen Motiven heraus: Sie wollen Kindern, denen es nicht so gut geht wie ihren eigenen, eine Perspektive bieten. Sie können gut mit Kindern umgehen und wollen ihre eigene Familie noch größer und bunter machen. Es gibt auch Paare, die ungewollt kinderlos sind und daher Pflegekinder großziehen wollen. Was auch immer der Hauptgrund sein mag – die Voraussetzungen, um ein Pflegekind bei sich aufzunehmen, sind für alle Personen gleich.
Voraussetzungen für Pflegeeltern
- Da Pflegekinder wegen ihrer Erfahrungen im Elternhaus oft „schwierig“ sind, sollten Pflegeeltern belastbar, tolerant, offen und einfühlsam sein. Humor und Gelassenheit helfen ungemein. Selbstverständlich sollten sie Kinder mögen und sich gern mit ihnen beschäftigen.
- Eine spezielle Ausbildung ist außer für die professionelle Sonderpflege besonders traumatisierter oder behinderter Kinder nicht erforderlich.
- Der Altersabstand zwischen Pflegekind und Pflegeeltern sollte dem natürlichen Eltern-Kind-Abstand entsprechen, wenn möglich nicht mehr als 40 Jahre.
- Sowohl verheiratete als auch unverheiratete Paare, gleichgeschlechtliche Paare, kinderlose Familien, aber auch Alleinstehende können Pflegekinder bei sich aufnehmen.
- Die Pflegeeltern sollten finanziell abgesichert und nicht auf das Pflegegeld angewiesen sein.
- Die Wohnung bzw. das Haus sollten groß genug sein, um ein oder mehrere Kinder bei sich aufzunehmen, ein eigenes Kinderzimmer für das Pflegekind ist wünschenswert.
- Je nach Alter und Betreuungsbedürfnis des Kindes sollte ein Elternteil zu Hause bleiben oder nur in Teilzeit arbeiten.
- Die Religionszugehörigkeit spielt nur insofern eine Rolle, dass versucht wird, auf die Wünsche der leiblichen Eltern Rücksicht zu nehmen.
- Die Pflegeeltern sollten gesundheitlich in der Lage sein, das Pflegekind zu versorgen.
- Für Pflegeeltern mit eigenen Kindern: Das Pflegekind sollte das jüngste oder älteste sein (Altersabstand von mindestens 3 Jahren zu den eigenen Kindern wird empfohlen). Günstig ist es, mindestens zwei Pflegekinder aufzunehmen, einige Bundesländer haben eine Maximalzahl festgelegt.
- Kriminelle Vergangenheit ist ein Ausschlusskriterium, man muss ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.
Wer schon eigene Kinder hat, sollte diese unbedingt in die Entscheidung miteinbeziehen, ob Pflegekinder aufgenommen werden. Denn die Entscheidung über weiteren Familiennachwuchs von außen betrifft die eigenen Kinder stark. Und ein „fremdes“ Kind ist noch mal etwas anderes als die leibliche Schwester oder der Bruder. Sie sollten entsprechend ihres Alters darüber aufgeklärt werden, was auf die Familie zukommt. Sie sollten wissen, dass das Pflegekind gerade in der ersten Zeit vielleicht etwas anstrengend sein kann, dass es vielleicht mehr Zeit und Aufmerksamkeit von den Eltern braucht, dass die leiblichen Kinder ihre Spielsachen auch mit dem neuen Geschwisterkind teilen müssen. Wenn die eigenen Kinder dem Ganzen aufgeschlossen gegenüber stehen, kann das Projekt Pflegefamilie beginnen. Je größer der Altersabstand zwischen Pflegekind und eigenem Kind ist, desto reibungsloser verläuft in der Regel der Alltag.
Wer die Voraussetzungen erfüllt und sich vorstellen kann, Pflegekinder bei sich aufzunehmen, wendet sich an den zuständigen Träger, in den Lausitzer Landkreisen und Städten ist das in der Regel das örtliche Jugendamt (Kontakte am Ende des Artikels) und bewirbt sich als Pflegefamilie. Es kann sinnvoll sein, zunächst an einem Infoabend für (interessierte) Pflegeeltern teilzunehmen oder sich mit anderen Pflegeeltern auszutauschen.
Dann erfolgt die offizielle Bewerbung als Pflegefamilie. Das Jugendamt prüft zunächst die Eignung als Pflegefamilie und fordert dazu Unterlagen an:
- polizeiliches Führungszeugnis
- ärztliches Attest
- ausgefüllter Fragebogen vom Jugendamt
- Lebensbericht (mit Informationen zu eigener Kindheit, Lebenssituation, Motivation)
- Einkommensnachweis
Auf die schriftliche Bewerbung folgen Gespräche mit Fachleuten, die Teilnahme an Seminaren. In der Regel kommen die zuständigen Mitarbeiter zum Hausbesuch, um sich die Gegebenheiten vor Ort anzusehen. Ob man als Pflegeeltern geeignet ist, entscheidet am Ende das Jugendamt. Diese Phase von der Interessensbekundung bis zur Genehmigung dauert etwa sechs Monate. Ist man offiziell als Pflegefamilie registriert, heißt es warten: Bis das erste Pflegekind kommt, können Tage vergehen, manchmal auch Monate. Das hängt von der Region ab, vom Bedarf an Pflegefamilien, aber auch davon, ob Pflegekind und Pflegefamilie zueinander passen.