Ablauf der Vermittlung
Die Vermittlung eines Kindes beginnt in der Regel mit einem Anruf des Jugendamtes bei der Pflegefamilie. Zunächst sollten sich die Pflegeeltern einige Informationen zu dem zu vermittelnden Kind einholen:
- Warum kann es nicht mehr bei seinen leiblichen Eltern leben?
- Wie ist seine bisherige Kindheit verlaufen, welche traumatischen Erlebnisse hatte es bereits?
- Wie stehen die Herkunftseltern zur Vermittlung in eine Pflegefamilie?
- Wie oft und in welchem Rahmen soll das Kind seine leiblichen Eltern sehen?
- Soll das Kind dauerhaft in der Pflegefamilie bleiben oder ist eine Rückkehr zu den leiblichen Eltern angedacht?
Gerade wer erstmalig das Abenteuer Pflegekind wagt, sollte ungefähr wissen, worauf er sich einlässt und was für Schwierigkeiten und Eigenheiten das neue Pflegekind vielleicht mit in die Familie bringt. Sind die Pflegeeltern prinzipiell bereit, steht ein erstes Treffen mit dem Kind und ggf. auch mit den leiblichen Eltern an. Dieses Treffen dient dazu, herauszufinden, ob die Chemie stimmt, ob sich beide Seiten prinzipiell vorstellen können: Ja, mit dir möchte ich längere Zeit zusammenleben. Dann folgt die sogenannte Anbahnung, in der die Pflegeeltern ihr künftiges Pflegekind an seinem derzeitigen Wohnort besuchen oder bei gemeinsamen Treffen kennenlernen und eine Beziehung zu ihm aufbauen. Wie lange die Anbahnung dauert, hängt davon ab, wie dringend das Kind vermittelt werden muss: Muss es schnellstmöglich aus seinem Elternhaus raus? Kann es noch einige Zeit bei der Bereitschaftspflegefamilie bleiben? So kann die Anbahnung innerhalb weniger Tage passieren oder sich über Wochen hinziehen. Ist die Anbahnung geglückt, kann der Einzug des neuen Familienmitglieds geplant werden.
Grundlage für das Pflegeverhältnis ist ein Hilfeplan, der mit der Aufnahme des Kindes erstellt und dann regelmäßig aktualisiert wird. In diesem wird festgeschrieben, wie das Pflegeverhältnis konkret ausgestaltet werden soll. Hier werden alle Vereinbarungen und Entwicklungen festgehalten, welche die Unterbringung und Erziehung des Kindes betreffen. Der Hilfeplan beschreibt, was das Pflegekind braucht, was die Pflegeeltern leisten sollen, wie die Besuchskontakte der leiblichen Eltern gestaltet werden und gegebenenfalls welche weiteren Leistungen durch Dritte (z.B. Therapien) zu erbringen sind.
Dies kann folgende Punkte umfassen:
- Erziehungsziele
- Förderungen für das Kind
- Häufigkeit und Dauer der Besuchskontakte zu den Herkunftseltern
- Unterstützungsangebote des Jugendamtes
- Perspektive für das Kind: Dauerpflege oder Rückführung?
- Pflegegeld
Dieser Hilfeplan wird gemeinsam von Mitarbeitern des Jugendamtes, von Pflege- und Herkunftseltern, ggf. vom Vormund des Kindes und ggf. weiteren Personen wie Großeltern, Lehrern oder Therapeuten erarbeitet. Der Hilfeplan wird regelmäßig überprüft und erneuert, immer unter Mitwirkung der Pflegeeltern.
Rolle des Jugendamtes
Bei der Vermittlung zeigt sich bereits, was sich Pflegeeltern bewusst machen sollten: Sie lassen nicht nur ein neues Kind in ihr Leben, sondern viele weitere Personen, darunter die Herkunftseltern und das Jugendamt. Mit ihnen werden sie immer wieder Kontakt haben. Laut SGB VIII ist das Jugendamt die „Exekutive der Kinder- und Jugendhilfe“, es setzt die gesetzlichen Vorgaben in der Praxis um. Das Jugendamt betreut alle an einem Pflegeverhältnis beteiligten Personen und hat eine Wächterfunktion inne: Es muss für das Wohl des Kindes sorgen.
Das Jugendamt oder der zuständige private Träger ist wichtigster Ansprechpartner für die Pflegefamilie, ebenso für die Pflegekinder und deren leibliche Eltern. Es vermittelt zwischen beiden Familien und entscheidet langfristig – ggf. gemeinsam mit dem Gericht – wo das Kind am besten aufgehoben ist. Es prüft regelmäßig, ob Pflegekind und Pflegeeltern miteinander klar kommen, ob Beratungsbedarf besteht, wo Schwierigkeiten sind und hilft bei Bedarf. Routinekontrollen im Sinne regelmäßiger Hausbesuche sind eher die Ausnahme. Durch das jährliche Gespräch zum Hilfeplan ist ein regelmäßiger Austausch gewährleistet. Besteht ein begründeter Verdacht, dass es dem Pflegekind in der Pflegefamilie nicht gut geht, ist das Jugendamt zum Besuch berechtigt und verpflichtet – auch unangemeldet. Dies ist aber die Ausnahme. In der Regel funktionieren die Pflegeverhältnisse so gut, dass keine zusätzlichen Kontrollen nötig sind.