Exkurs: Wahlrecht für Kinder?
Der Deutsche Familienverband hat das Wahlrecht für Kinder zum Wahlkampf-Thema gemacht. Er fordert ein Wahlrecht ab Geburt. Dieses, so der Vorschlag, üben die Eltern stellvertretend für ihr Kind aus, entweder bis dieses volljährig wird oder bis es selbst wählen möchte. Dazu lässt es sich ins Wählerverzeichnis eintragen, dann erlischt automatisch das stellvertretend ausgeübte Wahlrecht der Eltern. Die Befürworter des Kinderwahlrechts sagen, das derzeitige Wahlrecht schlie- ße 13 Millionen Bundesbürger von den Wahlen aus, obwohl sie ebenfalls von den Entscheidungen der Politik betroffen sind. „Demokratie heißt ‚Herrschaft des Volkes’ – nicht des volljährigen Volkes – und muss die Interessen aller Bevölkerungsgruppen einschließen“, sagt Sebastian Heimann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Familienverbandes (DFV). Ein Wahlrecht ab Geburt würde Familien und ihre Bedürfnisse sichtbar machen und dazu führen, dass Gesetze familiengerechter werden. Es gab bereits 2003 und 2008 Versuche, ein Wahlrecht für Kinder einzuführen. Bisher fand sich dafür aber keine Mehrheit.
Zu den prominenten Unterstützern der Kampagne gehören u.a. die ehemaligen Bundesfamilienministerin Renate Schmidt oder Bundespräsident a.D. Wolfgang Thierse. Gegner eines Kinderwahlrechts, wie die Autorin Kerstin Herrnkind, warnen vor der Entwertung des Wahlrechts Kinderloser: Sie würden zu Wählern zweiter Klasse gemacht, da ihre Stimmer weniger wert sei als die einer Mutter oder eines Vaters. Derzeit gilt in Deutschland für Bundestagswahlen das Mindestalter von 18 Jahren. In folgenden Bundesländern dürfen Jugendliche bereits ab 16 Jahren ihr Kreuz bei Kommunal- bzw. Landtagswahlen setzen:
Baden-Württemberg: Kommunalwahl
Brandenburg: Landtagswahl & Kommunalwahl
Bremen: Landtagswahl & Kommunalwahl
Hamburg: Landtagswahl & Kommunalwahl
Mecklenburg-Vorpommern: Kommunalwahl
Niedersachsen: Kommunalwahl
Nordrhein-Westfalen: Kommunalwahl
Sachsen-Anhalt: Kommunalwahl
Schleswig-Holstein: Landtagswahl & Kommunalwahl
Das passive Wahlrecht, also sich selbst für den Stadtrat oder Landtag aufstellen zu lassen, gibt es weiter erst ab 18 Jahren. Vorreiter in Europa ist Österreich, wo das aktive Wahlalter 2007 auf 16 Jahre herabgesetzt wurde – für Wahlen auf allen Ebenen, einschließlich Bundes- und EU-Wahl. Ansonsten gilt in Europa fast überall das Wahlrecht ab 18. Auch außerhalb der EU gibt es nur wenige Staaten, in denen unter 18-Jährige bereits Stimmrecht haben, u.a. Brasilien und Nicaragua. In vielen Staaten muss man sogar 21 Jahre alt sein, bevor man wählen darf.
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