Helden des Alltags

Datum: Montag, 28. Mai 2018 11:51


Internet & Ehrenamt

Das Internet und die sozialen Medien sind heute fester Bestandteil im Alltag gerade auch junger Menschen. Insofern ist davon auszugehen, dass das Internet auch für freiwilliges Engagement genutzt wird: Verabredungen über WhatsApp-Gruppen, Terminabstimmung über doodle, Aufbau einer eigenen Homepage, online-Abstimmungen oder das Verabreden zu Flashmobs sind einige der Möglichkeiten. Insofern dient das Internet einerseits dazu, freiwilliges Engagement zu erleichtern und zu gestalten, andererseits – und hierin könnte durchaus großes Potential liegen – kann es jene jungen Menschen für Engagement mobilisieren, die bisher noch nicht aktiv sind. Reine online-Engagements wie die Unterstützung von Petitionen bieten zudem die immer stärker geforderte Flexibilität. Am Bildschirm kann man unabhängig von festen Treffen aktiv werden, zu jeder Zeit, an jedem Ort.

Wie genau die digitalen Möglichkeiten freiwilliges Engagement verändern, ist noch unklar: Erste Studien deuten darauf hin, dass Jugendliche das Internet v.a. nutzen, um ihre Zielgruppen gezielter zu erreichen, untereinander zu kommunizieren und sich selbst – auch unabhängig von festen Vereinsstrukturen – zu organisieren. Ein prominentes Beispiel dafür ist die weltweite Occupy-Bewegung, die vor etwa sieben Jahren als Reaktion auf die Finanzkrise entstand und die sich über social-media-Kanäle organisierte. Engagement könnte auf diesem Weg einfacher, weil flexibler werden. Man muss nicht mehr in einen Verein eintreten, man muss keine festen Zeiten für Sitzungen einplanen. Diese Form birgt aber auch das Risiko, Engagement unverbindlicher zu machen. Davon kann man sich schneller wieder lossagen. Ein Beispiel für online-Engagement, das sich zwischen Abendbrot und „Tatort“ vom Sofa aus ausfüllen lässt: „Digital Humanitarians“ werten ehrenamtlich nach Naturkatastrophen Satellitenfotos aus und markieren Schäden, um so die Helfer vor Ort zu unterstützen. Digitales Engagement wird das klassische Ehrenamt nicht ersetzen, aber es kann ergänzen und ungenutzte Potentiale aktivieren. Bisher werden über den digitalen Weg v.a. Unterstützer für die Bereiche Naturschutz und Politik rekrutiert.

Beispiele für digitales Engagement

www.opin.me/de Plattform für digitale Jugendbeteiligung, die Online-Tools zur Verfügung stellt, mit denen professionelle Partizipations-Prozesse einfach erstellt werden können.
www.youvo.org Engagement-Plattform, welche die Bedürfnisse sozialer Organisationen mit den Fähigkeiten Kreativer zusammenbringt. Sie bieten Unterstützung bei der Digitalisierung oder Öffentlichkeitsarbeit, z.B. Erstellen einer Homepage, eines Imagevideos oder eines Logos.
www.digitale-helden.de Gemeinnütziges Mentorenprogramm, bei dem Schüler über Webinare und Online-Kurse kostenfrei zu „Digitalen Helden“ ausgebildet werden, mit dem Ziel digitale Medien bewusst und kompetent zu nutzen.
www.betterplace.org/de Spendenplattform, bei der man nach Projekten suchen kann, für die man spenden möchte, aber auch selbst Projekte veröffentlichen oder ein Ehrenamt suchen kann.
www.mobile-retter.de App, bei der sich Ersthelfer wie Sanitäter, Ärzte und Krankenschwestern registrieren können. Sollten Sie bei einem Unfall zufällig in der Nähe sein, werden sie automatisch über die Leitstelle informiert, dass sie als Ersthelfer gebraucht werden.


So finde ich das passende Ehrenamt

Studien zeigen ganz klar: Das Internet mag eine immer größere Rolle spielen. Aber die meisten Menschen finden analog zu ihrem Engagement. Fast immer gibt es einen persönlichen Bezug: Kinder und Jugendliche haben meist über Freunde, Geschwister, den Verein oder die Schule ihr Ehrenamt gefunden. Nochmals die Soziologin Martina Gille: „Charakteristisch ist, dass das Engagement junger Menschen an ihre alltägliche Lebenssituation anknüpft. Ob sich ein Jugendlicher engagiert oder nicht, ist nicht zufällig. Entscheidend ist vielmehr, ob das Thema und die Tätigkeit junge Menschen ansprechen, ob sie über Freunde oder Bekannte auf Möglichkeiten des Engagements hingewiesen und dazu eingeladen werden, ob sie Gemeinschaft mit den anderen Engagierten erfahren und ob Jugendliche in ihrem Engagement unterstützt werden.“

Eltern wiederum finden über ihre Kinder häufig zum Ehrenamt: Sie engagieren sich im Elternrat der Kita oder Schule, sie unterstützen den Sportverein des Sprösslings. Ein persönlicher Bezug oder besonderes Interesse ist in der Regel die wichtigste Basis, wenn man ein Ehrenamt sucht. Während einige Menschen aktiv nach einer sinnvollen und sinngebenden Tätigkeit suchen, rutschen andere eher zufällig rein, weil sie vom Verein oder der Schule abgesprochen wurden. Eine wichtige Rolle spielen die Eltern: Sie üben durch ihr eigenes Engagement eine Vorbildfunktion für ihre Kinder aus.

Eine mindestens ebenso wichtige Funktion haben die Schulen: Durch Projekttage, Kooperationen mit Vereinen und Institutionen sowie Ganztagsangebote zeigen sie den Schülern Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten auf, woraus wiederum ein Ehrenamt erwachsen kann. Sie können sich in AGs oder Projektwochen ausprobieren und testen, was ihnen liegt und Spaß macht.

Auch das freiwillige Engagement in der Schule, beispielsweise als Klassensprecher oder in der Schülerzeitung, gehört dazu. Solche Formen der Beteiligung und Mitbestimmung von Kindern erhöhen die Lust am Mitmachen. Wer mitentscheiden darf, engagiert sich eher.

Wer aktiv nach einem Ehrenamt sucht und noch unschlüssig ist, was genau es werden kann, sollte für sich vorab folgende Fragen beantworten: Was liegt mir? Was mache ich gern? Was wollte ich schon immer mal ausprobieren? Wieviel Zeit kann ich für das Ehrenamt aufwenden? Viele Vereine bieten auch die Möglichkeit einer Art Probezeit, in der man testen kann, ob das wirklich das Passende ist.


Geeignete Ehrenämter

Wir stellen kurz die wichtigsten Bereiche vor, in denen sich v.a. Kinder und Jugendliche engagieren können:

Sport
Die beste Voraussetzung, um sich im Sport zu engagieren: Man ist selbst in einem Verein aktiv. Wer in seiner Sportart gut ist, kann auch Kinder- und Jugendgruppen trainieren. Teilweise sind dafür noch Qualifizierungen wie ein Übungsleiterschein nötig.
Ansprechpartner: Sportvereine
Tätigkeiten: Training von Kinder- und Jugendgruppen, Schiedsrichter, Wettkampfrichter, Organisation von Sportfesten und Wettkämpfen

Kirche
Auch die Kirche ist ein Ort, der stark von ehrenamtlichem Engagement lebt. Abgesehen vom Pfarrer gibt es nur wenig hauptamtliche Tätige in der Kirchgemeinde. Fast alle Aufgaben von der Seelsorge über die Organisation von Festen und der Kinderarbeit werden freiwillig von Gemeindemitgliedern übernommen.
Ansprechpartner: Kirchgemeinde vor Ort, Pfadfinder
Tätigkeiten: Messdiener, Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Vorbereitung (Kinder-)Gottesdienst, Organisation von Veranstaltungen

Soziales
Die Möglichkeiten im Sozialen sind vielfältig, immer hat man Kontakt zu anderen Menschen, denen es meist nicht so gut geht und die dankbar sind für jede Hilfe. Wer sozial eingestellt ist, anderen gern hilft und sich über direkte Wertschätzung freut, ist hier gut aufgehoben.
Ansprechpartner: Johanniter, DRK, Malteser, AWO, Arbeiter-Samariter-Bund, Krankenhäuser, Pflegeheime, Tafeln, Schulen, Kindergärten, Kirche
Tätigkeiten: Vorlesen, Essensausgabe, Streitschlichter, Schulsanitätsdienst

Umwelt- und Naturschutz
Wer sich in diesem Bereich engagiert, tut Natur und Tieren etwas Gutes. Die Aufgaben sind vielfältig: Wanderwege instandhalten, Wälder von Müll befreien, Nistkästen für Vögel und Insekten bauen, Kröten sicher über die Straße bringen, Vögel zählen, … Ein Engagement in diesem Bereich findet fast immer draußen statt, ist also nichts für Kinder, die bei Wind und Regen lieber zu Hause bleiben.
Ansprechpartner: Greenpeace, Nabu, BUND, Tierheim, Tierschutzverein, Tierpark
Tätigkeiten: Tier- und Naturschutz

Rettungsdienste
Wer sich für ein Ehrenamt im Rettungsdienst oder Katastrophenschutz entscheidet, der hilft Menschen in Not. Einsätze sind nicht planbar, der Ehrenamtliche und auch dessen Arbeitgeber müssen immer damit rechnen, zum Einsatz gerufen zu werden. Ein Ehrenamt in diesem Bereich geht aufgrund der erforderlichen Fachkenntnisse mit Qualifizierungen einher. Für Kinder erfolgt der Einstieg meist spielerisch und über Wettkämpfe.
Ansprechpartner: Freiwillige Feuerwehr, THW, Johanniter, DRK, Malteser
Tätigkeiten: Sanitätsdienst, Erste Hilfe, Rettungsschwimmer/ Wasserwacht, später Lebensrettung und Brandbekämpfung

Kinder- und Jugendarbeit
Hier ist man gut aufgehoben, wenn man gern mit jüngeren Kindern spielt, Verantwortung übernehmen kann und möchte. Man begleitet Kindergruppen auf Feriencamps oder zu Ausflügen, betreut sie dort, spielt mit ihnen, leitet sie an, man ist Spielpartner, Tröster, aber auch Erzieher.
Ansprechpartner: CVJM, Pfadfinder, Vereine/ Träger der Kinder- und Jugendarbeit (z.B. Naturfreundejugend Brandenburg)
Tätigkeiten: Betreuung und Begleitung von Ferienzeiten, Freizeitaktivitäten planen und organisieren

Politik
Ein gewisses Interesse an Politik und Zeitgeschehen sollte man mitbringen, wenn man sich in diesem Bereich engagieren will. Geeignet ist es für Jugendliche ab etwa 16 Jahren. Am besten sucht man sich eine Partei, die man unterstützen möchte, z.B. im Wahlkampf. Kommunen freuen sich über ehrenamtliche Wahlhelfer. Auch haben viele Gemeinden ein Jugendparlament.
Ansprechpartner: Parteien, Kommunen
Tätigkeiten: Wahlhelfer, Bürgerinitiativen, Parteimitgliedschaft, ab 18: Mandatsträger z.B. als Stadtrat

Freiwilligendienste
Freiwilligendienste fallen in eine extra Kategorie, da sie zeitlich begrenzt sind, nicht neben sondern nach der Schule stattfinden und eine Vergütung in Form von Taschengeld erfolgt. Ein freiwilliges Jahr kann Jugendlichen eine gute Orientierung geben, in welche Richtung sie sich beruflich entwickeln wollen. Möglichkeiten sind das Freiwillige Soziale Jahr, das Freiwillige Ökologische Jahr, der Internationale Freiwilligendienst und der Bundesfreiwilligendienst. Sie dauern üblicherweise 12 Monate und sind bis auf den Bundesfreiwilligendienst für Jugendliche bis 27 Jahren gedacht.

Mehr Informationen:

www.bafza.de/aufgaben/freiwilligendienste.html

Einnahmen: Wer sich ehrenamtlich engagiert, tut dies in der Regel unentgeltlich, er wird für diese Tätigkeit nicht bezahlt, so steht es auch im BGB. Möglich ist die Erstattung von Ausgaben, die Leistung von Sachzuwendungen (wie der Blumenstrauß als Dankeschön) und die Zahlung von (pauschalen) Aufwandsentschädigungen, wie es z.B. bei der Freiwilligen Feuerwehr oder bei Übungsleitern gemacht wird. Übungsleiterpauschalen sind bis zu einer Höhe von 2.400 Euro im Jahr steuerfrei, sie können Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer geltend machen. Wer mehr bekommt, muss die Einnahmen versteuern. Für die übrigen ehrenamtlichen Tätigkeiten ist eine jährliche Vergütung bis 720 Euro steuerfrei. Von dieser sogenannten Ehrenamtspauschale profitieren v.a. Vereinsvorstände. Diese steuerfreien Pauschalen werden bei Studenten übrigens nicht aufs BAFöG angerechnet.
Da die ehrenamtliche Tätigkeit unentgeltlich erfolgt, müssen auch keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. Dennoch sind Ehrenamtliche im Schadensfall über eine Haftpflicht- und die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert.

Unfallversicherung: Die meisten Ehrenamtlichen sind über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert, falls sie während ihrer Tätigkeit verunfallen. Greift die gesetzliche Unfallversicherung nicht, haben viele Verbände und Vereine ihre Ehrenamtlichen abgesichert. Für Ehrenamtliche, die weder über die gesetzliche Unfallversicherung noch über ihren Verein abgesichert sind, haben viele Bundesländer, darunter auch Brandenburg und Sachsen eine Unfallversicherung abgeschlossen.

Haftpflicht: Für Ehrenamtliche gibt es keine gesetzliche Haftpflichtversicherung. Sie sind jedoch in der Regel über die Haftpflicht des Vereins bzw. Verbandes abgesichert. Die springt allerdings nicht bei grob fahrlässigem Verhalten ein. Darüber hinaus haben auch hier die Bundesländer eine Sammel-Haftpflichtversicherung für jene Ehrenamtlichen abgeschlossen, die sich ohne feste Strukturen engagieren.

Sowohl für Haftpflicht- als auch Unfallversicherung gilt: Der Versicherungsschutz besteht auch für Ausbildungen und Lehrgänge innerhalb des Ehrenamts. Und man sollte sicherheitshalber vorab klären, ob und wie man versichert ist.

Freistellung und Sonderurlaub: Wer sich ehrenamtlich engagiert, muss dies in seiner Freizeit tun. Einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit gibt es nur für Aufgaben im öffentlichen Interesse, wie Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr oder des Technischen Hilfswerks sowie Tätigkeiten als Richter bzw. Schöffe, im IHK-Prüfungsausschuss, als Mitglied im Gemeinderat oder als Wahlhelfer.

Diese öffentlichen Aufgaben sieht der Gesetzgeber als besonders schutzwürdig an. Daher muss der Arbeitgeber den betreffenden Mitarbeiter für solche Einsätze freistellen und weiter bezahlen. Allerdings kann der Arbeitgeber im Einsatzfall in der Regel eine Ausgleichszahlung bei der Kommune beantragen. Die Arbeitnehmer müssen nicht nur für Einsätze, sondern auch für Übungen oder Lehrgänge freigestellt werden. Detailliert ist das in Gesetzen auf Landesebene geregelt.

Einen Anspruch auf Sonderurlaub gibt es nur für eine Gruppe von Ehrenamtlichen: jene im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit. Weil dieser eine so große Bedeutung zugemessen wird, haben die Bundesländer Gesetze erlassen, die Arbeitnehmern Sonderurlaub garantieren. In Brandenburg gibt es bis zu zehn und in Sachsen bis zu zwölf Tage unbezahlten Sonderurlaub pro Jahr, wenn man eine Jugendfreizeit begleitet oder an Veranstaltungen bzw. Lehrgängen teilnimmt. Weitere Sonderregelungen gibt es zudem für Beamte, diese sind auf Länderebene festgelegt.

All diese Regelungen zeigen auch, wie wichtig dem Staat das Ehrenamt ist. Er weiß um die Bedeutung der heimlichen Helden. Umso wichtiger ist es, sie schon früh fürs Ehrenamt zu begeistern. Einige dieser jungen heimlichen Helden aus der Lausitz haben wir auf den vergangenen Seiten vorgestellt. Diese nicht repräsentative Umfrage zeigt: Während die Vereine, mit denen wir gesprochen haben, bestätigen, wie schwer es ist, Nachwuchs zu gewinnen, haben die Kinder und Jugendlichen selbst klar gemacht: Mein Ehrenamt macht mir Spaß, es gibt mir viel, ich kann damit etwas bewegen, ich fülle es mit Leidenschaft und Freude aus. Machen wir es ihnen nach!