Auf zu neuen Ufern!

Datum: Mittwoch, 26. August 2020 13:55

Strukturbruch einst, Modellregion heute

Insofern ist es etwas überraschend, dass derzeit noch gar nicht richtig wahrgenommen wird, dass die Lausitz gerade mitten im Wandel zur Zukunftsregion steckt. Während viele, die von außen neu in die Region kommen, die Lausitz als eine der spannendsten Regionen Europas wahrnehmen, überwiegt gerade bei der älteren Generation der Einheimischen noch eine gewisse Skepsis. Das lässt sich vielleicht am ehesten mit einem kurzen Blick zurück erklären. Ein Grund dafür liegt in dem Strukturbruch nach 1990, der Politiker und Bürger gleichermaßen überfordert hat. Galt das Lausitzer Braunkohlerevier bis 1989 noch als Superlativ der DDR-Wirtschaft, wurde dieser Industriezweig in Folge der Wiedervereinigung radikal gestutzt. Im Kombinat Schwarze Pumpe waren bis zu 18.000 Menschen beschäftigt. Sie stillten fast den gesamten Energiehunger ihres Landes. Mit knapp 790 Mio. DDR-Mark Gewinn im Jahr vor der Wende gehörte es zu einem der erfolgreichsten DDR-Betriebe. Nach dem Mauerfall wurden Tagebaue im Eiltempo stillgelegt, Brikettfabriken geschlossen, Kraftwerke abgerissen, Kohlekumpel entlassen oder vorzeitig in den Ruhestand geschickt. Die Kohle, die einst für Versorgungssicherheit und Wohlstand gesorgt hatte, verlor an Bedeutung.

Für die Lausitz bedeutete das nicht Strukturwandel, sondern einen Strukturbruch. Aus Vollbeschäftigung wurde Massenarbeitslosigkeit. Waren 1989 noch knapp 100.000 Menschen im Lausitzer Revier in Kraftwerken und Tagebauen beschäftigt, sind es heute noch etwa 8.000 – kein Zehntel der einstigen Belegschaft. Mit diesem wirtschaftlichen Aderlass ging ein Aderlass an Menschen einher. Nachdem sie ihre Arbeit verloren hatten, verließen Zehntausende die Region – vor allem junge Menschen und Familien – auf der Suche nach einer wirtschaftlichen Perspektive. Viele von ihnen blieben in Sachsen oder Brandenburg, zogen aber in die Großstädte oder deren Umland. Auch westdeutsche Regionen wie Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg zogen viele Lausitzer an. Der Publizist Wolfgang Kil schrieb 2001 in einem Aufsatz: „Und niemals zuvor wurde im reichen und allzeit auf „Sozialverträglichkeit“ achtenden Westen ein Strukturwandel dermaßen planlos und ungeschützt dem Selbstlauf überlassen ... direkt über dem Abgrund.“ Er spricht von der „kollapsartigen Preisgabe der ostdeutschen Industrien“. Die Regierenden sahen sich nicht in der Lage, diesen Strukturbruch zu begleiten oder gar abzufedern.

Erprobt im Wandel

Vielleicht macht der Gedanke Mut, dass die Menschen in der Lausitz schon seit Jahrhunderten immer wieder vor wirtschaftlichen und politischen Veränderungen standen. Aus Sumpfland machten die Lausitzer eine lebenswerte Heimat. Politisch unterstanden die Ober- und die Niederlausitz seit der frühen Neuzeit unterschiedlichen Herrschaften, gehörten zu Böhmen, dann zu Schlesien, Sachsen und Preußen. Mit der Industrialisierung blühte nicht nur die Kohlewirtschaft auf, auch die Textil- und die Glasindustrie gewannen an Bedeutung, bevor sie später wieder weitgehend verschwanden. All diese Herausforderungen haben die Lausitzer gemeistert – oft ohne Unterstützung der Oberen.

Nun aber stehen erstmals die Bundesregierung und sogar die Europäische Union hinter dem Wandel in der Lausitz. Aus den Folgen des völlig planlosen Strukturbruchs nach 1990 haben Bund, Länder und die Lausitz gelernt. Einen zweiten Strukturbruch soll und wird es nicht geben. Der Ausstiegsplan ist festgezurrt, Bund und EU flankieren den Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung hin zu einer modernen, nachhaltigen Zukunftsregion mit Investitionen und Infrastruktur.

Alles, was Familien brauchen

Wollte man mit dem gern genutzten Prädikat „familienfreundlich“ eine ganze Region auszeichnen, die Lausitz wäre dafür ein guter Kandidat. Von Arbeitsplätzen und Infrastruktur bis hin zu Freizeitangeboten und Bildungsmöglichkeiten haben Familien im grünen Vorgarten der Metropolen alles, was sie brauchen. Hier finden sie eine großartige Landschaft, idyllische Dörfer oder lebendige, aber doch überschaubare Städte. Für Familien besonders wichtig: Es gibt ausreichend Kita-Plätze. Wurden vor Jahren noch Kindergärten und Schulen geschlossen, hat sich auch hier das Blatt gewendet. In Cottbus, Weißwasser und Hoyerswerda gibt es Initiativen für neue freie Schulen, die Zahl der Kitaplätze wird aufgrund des steigenden Bedarfs erhöht. An vielen Orten wird saniert oder gleich neu gebaut. In Hoyerswerda hat zum neuen Schuljahr eine Oberschule eröffnet, die sowohl baulich als auch konzeptionell innovative Lern- und Lehrformen umsetzt und mit ihrem Konzept überregional ausstrahlen will. Die typische Raumaufteilung in Klassenzimmer wird abgelöst durch Lernlandschaften. Der Stundenplan weicht ebenfalls von den üblich 45-min-Einheiten ab und ermöglicht längere Lernphasen und zugleich längere Pausen. In Weißwasser hat zum vergangenen Schuljahr eine freie Schule eröffnet, die aufgrund steigender Nachfrage mehr Plätze anbieten will. In Hoyerswerda wird derzeit die größte Kita modernisiert. In Cottbus werden in den kommenden Jahren mehrere hundert neuer Kitaplätze entstehen.


Frisch im Mai 2020 eröffnet: Die Betriebskita des Carl-Thiem-Klinikums „Carl & Carla“ mit 168 Plätzen (Bild: CTK).

Genug Platz für alle: neue Kita- und Schulplätze in der Lausitz

Neue Kitaplätze in den Jahren 2018 bis 2020:

  • Kita „Carl & Carla“ am Carl-Thiem-Klinikum Cottbus mit 168 Plätzen
  • Erweiterung der Kita Spreewald-Lutki in Burg
  • Kita „Sagenhaft“ in Lübbenau mit 15 Plätzen
  • Kita „Regenbogen“ in Weißwasser mit 144 Plätzen
  • Kita-Neubau „St. Marien“ in Wittichenau (215 Plätze statt vormals 140)
  • Kita „Calauer Spielträume“ in Calau mit 43 Plätzen
  • Diverse Kitaerweiterungen und neue Tagespflegeplätze


Zukünftige Kitaplätze bis 2022:

  • Schaffung von 110 Plätzen durch die Kita „Campus“ am Cottbuser BTU-Campus
  • Schaffung von 100 neuen Plätzen in Cottbus-Ströbitz
  • Schaffung von 100 neuen Plätzen inCottbus-Mitte
  • Sanierung der Wehrpromenade 2 und damit 80 neue Plätze in Cottbus-Sandow
  • Schaffung von 80 Plätzen in Kolkwitz
  • Schaffung von 60 Plätzen in Rohne (Gemeinde Schleife)
  • Schaffung von 110 Plätzen in Lübben
  • Schaffung von 60 Plätzen in Mühlrose
  • Schaffung von 140 Plätzen in Großräschen
  • Neubau der Kita in Schwarzkollm (45 Plätze)


Neue Schulstandorte bis 2023:

  • Neue Grundschule in Cottbus bis 2022
  • Neue, freie Schule „Wurzelwerk Lausitz“ in CB
  • Neue Grundschule in Döbern bis 2021
  • Neue Gesamtschule in Kolkwitz bis 2023