Previous Page  54 / 72 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 54 / 72 Next Page
Page Background

Kolumne :: Seite 54

lausitzDADDY

Innenansichten eines verzweifelten Vaters

kratie ist, wenn alle mitmachen dürfen und sich an

vereinbarte Regeln halten. Dann gibt es in euremHort

aber auch die Zickenfraktion, die gleich rummosert,

wenn es Probleme gibt und die anderen gern Angst

macht. Das ist dann die AFD. Und wenn bei denen im-

mer mehr mitmachen, ist das nicht gut für den Hort.“

Boah, war ich stolz wie Bolle. Sie hatte alles verstan-

den. Anschließend erklärte ich ihr sogar noch, was es

mit den Prozenten bei der Wahl auf sich hatte.

Am Nachmittag kam meine Kleine ebenso stolz aus

dem Hort zurück und sagte, dass sie mit den Kindern

die ganze Zeit Wahlkampf gespielt hat – und die Zi-

cken von der AFD haben nicht einmal 10 Prozent

bekommen. Ich nahm sie spontan in die Arme und

sagte ihr, dass Papa auf sein kluges Mädchen sehr,

sehr stolz ist. Nur eine kurze Erklärung, und sie hatte

in einem Abwasch gelebte Demokratie, Wahlkampf

und Prozentrechnung verstanden. Das soll mir mal

einer nachmachen. Triumphierend schlenderte ich

den Flur auf und ab und ließ das Volk der kleinen

Leute über meinen Erziehungserfolg jubeln – ein Bild

wie einst bei Cäsars Rückkehr auf die Prachtstraßen

Roms, nachdem er Gallien erobert hatte. Meine besse

Hälfte rollte nur mit den Augen – die übliche Univer-

salgeste der Frauen, wenn wir Männer uns mal so

richtig im Recht fühlen.

Leider lag sie mit ihrem Augenrollen auch diesmal

richtig. Die Freude über meinen multiplen Erzie-

hungserfolg währte nämlich nicht lange. Genauge-

nommen nur bis zum nächsten Tag. Da ereilte uns

ein Anruf aus dem Hort, dass es doch einen Sachver-

halt zu klären gäbe und wir am Nachmittag bitte zum

Gespräch erscheinen sollten. Nichtsahnend machte

ich mich auf den Weg und saß gleich vier Elternpaa-

ren mit hochrotem Kopf gegenüber, die ich sogar

alle kannte: ein führender Gewerkschaftsvertreter,

einer von der Linkspartei, zwei Pärchen aus dem

sozialpädagogischen Bereich. Alle waren sie Eltern

von Mitgliedern der Zickenfraktion des Horts, die seit

gestern nur noch als AFD bezeichnet wurde. Ich sah

mich der geballten Wut von Demokratieverfechtern,

geeint im antiauoritäten und zickenbegünstigenden

Erziehungsstil gegenüber, die ihre Töchter wieder

aus der AFD raus haben wollten – und musste klein

beigeben. Demokratie ist eben auch, wenn die Ver-

nunft mal unterliegt.

Euer lausitzDADDY

Im letzten Monat habe ich zum ersten Mal

die hautnahen Auswirkungen von Landtags-

wahlen auf unsere Familie gespürt. Dabei

waren die Wahlen nicht einmal bei uns, sondern in

ganz anderen Bundesländern. Sicher ist das kleine

politische Beben auch an Ihnen nicht vorbeigegan-

gen, egal wie sehr Sie sich für Politik interessieren.

Mich erwischte es am Frühstückstisch – bei uns im-

mer ein lebhafter Austausch mit den Kindern über

alles, was am Vortag geschah und das, was der kom-

mende Tag mit sich bringt. Als die Nachrichten mit

den Wahlergebnissen kamen, bat ich laut um Ruhe –

und alles schwieg andächtig. Nachdem klar war, dass

eine Partei namens AFD wohl ganz wichtig geworden

ist, fragte meine Kleine, was die Sache mit der Wahl

denn bedeutet. Ich nuschelte was von Demokratie

und alle können mitbestimmen in mein Marmeladen-

brötchen – als ich einen strengen Blick meiner bes-

seren Hälfte erntete: „Wenn du schon in Ruhe deine

Nachrichten hören musst, dann erkläre den Kindern

auch vernünftig, was es damit auf sich hat“.

Also erklärte ich zwischen Frühstück und Zähneput-

zen kindgerecht, was sich eigentlich hinter Wahl-

kampf und Demokratie verbirgt. Mein Praxisbeispiel

war der Hort meiner Kleinen: „Siehst du, da wollen ja

auch alle mitmachen und müssen sich auf bestimmte

Regeln einigen, dass auch alles klappt. Dazu haben

alle Gruppen Vertreter bestimmt, die wie du in der

Hortkonferenz gemeinsam die Regeln besprechen

(ja, meine Kleine ist auch ein Wahlsieger!). Trotzdem

gibt es große und kleinere Grüppchen, die sich besser

untereinander verstehen und mehr miteinander spie-

len, aber immer Rücksicht auf andere nehmen und

vernünftig sind. Das sind dann sozusagen die demo-

kratischen Volksparteien, die „Guten“ – denn Demo-

Noch nicht genug gelacht?

Alle Kolumnen

zum Nachlesen unter

www.lausebande.de