Titelthema :: Seite 32
Wann sollte die musikalische Be-
gleitung/Erziehung der Kinder be-
ginnen? Schon vor der Geburt, im
Bauch der Mutter?
Es ist ganz si-
cher vorteilhaft, wenn Kinder be-
reits vor der Geburt Musik erleben.
Sollten die Menschen der eigenen
Umwelt, also der Familie, in dieser
Zeit singen, kann das nur förderlich
sein. Das Gehör ist ja der erste Kon-
takt des Kindes zur Außenwelt. Von
Erziehung würde ich in diesem Sta-
dium nicht sprechen wollen. Post-
natal ist noch genug Zeit zum Ler-
nen… Ich sage dies im Bewusstsein
dessen, dass manche Fachleute das
anders sehen.
Ab welchem Alter können Kinder
ein Instrument lernen?
Grundsätz-
lich kann man schon sehr früh be-
ginnen. ImAllgemeinen ist der Weg
über die elementare Musikerzie-
hung ab ca. 4 Jahren sehr gut geeig-
net, über einen vielfältigen aktiven
Umgang mit Musik in der Gruppe
zum eigenen Weg auf einem Inst-
rument zu finden. Dennoch: Es gibt
Kinder, die sehr früh, mit zwei, drei
Jahren eine große Sehnsucht nach
einem bestimmten Instrument ent-
wickeln. Wenn es dann gelingt,
den richtigen Pädagogen zu fin-
den, kann das zu einem ganz [...].
Beim Begriff Musik den-
ke ich zuerst ans Singen
und Instrumente spielen.
Wie würden Sie Musik definieren?
Was gehört noch dazu?
Victor Hugo
hat gesagt: „Die Musik drückt das
aus, was nicht gesagt werden kann
und worüber zu schweigen unmög-
lich ist.“ Sie ist eine wichtige Brü-
cke zum anderen Menschen, sei es
im gemeinsamen Singen, Musizie-
ren oder Tanzen, sei es, indem wir
aufeinander hören.
Warum ist Musik für Kinder so
wichtig?
Kinder erleben die Welt
akustisch nicht nur durch Sprache,
sondern ganz wesentlich durch
Klänge. Das gilt auch für die Spra-
che selbst: „Der Ton macht die Mu-
sik“. Wir entnehmen Sprache viel
mehr als nur Information – und die-
ses „mehr“ ist im weitesten Sinne
die Musik in der Sprache. Darüber
hinaus lieben Kinder, ihre Umwelt
zu entdecken, indem sie ihr Klänge
entlocken und ihnen nachlauschen.
Und Kinder entdecken Gemeinsam-
keit mit anderen im Singen, Musi-
zieren und Tanzen. Gleichzeitig ent-
wickeln und erfahren sie sich selbst
als „Person“ bzw. Persönlichkeit –
das kommt ja vom lateinischen per-
sonare, durchklingen.
Welchen Einfluss hat Musik auf die
körperliche Entwicklung, welchen
auf die geistige und soziale?
Aktives
Musizieren fördert intensiv die Ver-
netzung des Gehirns, die Verbin-
dung von Hören, Denken und Mo-
torik. In den Vordergrund möchte
ich dennoch den wichtigen Beitrag
der Musik zur emotionalen und so-
zialen Entwicklung der Persönlich-
keit stellen.
Müssen Eltern selbst musikalisch
sein, um bei ihren Kindern die Lie-
be zur Musik zu wecken?
Die meis-
ten Menschen unterschätzen ihre
Musikalität. Wenn Eltern mit ihren
kleinen Kindern singen, leisten sie
einen wichtigen Beitrag – ganz jen-
seits jeglichen Leistungsanspruchs.
Auf jeden Fall aber sollten sie ihr
Kind mit Musik in Berührung brin-
gen und ihm signalisieren, dass sie
selbst Freude daran haben.
Wenn ich selbst nicht singen kann,
ist dann eine CD mit Kinderliedern
eine gute Alternative?
CD’s kön-
nen zum Mitsingen geeignet sein,
wenn die Musik dementsprechend
ist. Wenn die Mama oder der Papa
es auch versucht, wird es unabhän-
gig von deren musikalischer Kom-
petenz allen viel Freude machen.
Meine Kinder haben bestimmte
CD’s geliebt, die wir vor allem auf
längeren Autofahrten gemeinsam
mitsangen.
Interview mit Prof. Martin Maria Krüger, seit 2003 Präsident des Deutschen
Musikrates. Er lernte als Kind mehrere Instrumente und machte die Musik
später zum Beruf. Er hat weltweit konzertiert und ist Institutsleiter und
Dozent an der Münchner Hochschule für Musik und Theater. 2013 hat ihm
Bundespräsident Joachim Gauck für sein vielfältiges Engagement das Bun-
desverdienstkreuz erster Klasse verliehen.
Über Musik entdecken Kinder
sich selbst und die Welt
[...Das ganze Interview gibts online
auf
www.lausebande.de]