ein Erziehungsratgeber aus dem
Bücherregal. Wir machen keine
08/15-Beratung. Wir bieten auch
keine fertige Lösung an, sondern
geben nur Vorschläge und Rat-
schläge. Wir sind keine Besserwis-
ser, wir bestimmen nicht, wie es für
die Familie weitergeht, wir geben
mit unseren Experten das nötige
know-how weiter.
Gibt es Fälle, die Ihnen besonders
in Erinnerung geblieben sind?
In
Erinnerung bleiben vor allem jene
Fälle, in denen – im Kontext der
Anonymität – viel Vertrauen ent-
steht, vor allem bei heiklen, kom-
plexen Themen. Da gibt es einen
intensiven Austausch, der für Be-
troffene und auch uns Berater oft
einzigartig erlebt wird.
Sind Kinder heute generell aufge-
klärter als vor 10 oder 20 Jahren?
Ich denke ja. Das liegt zum einen
daran, dass Informationen durch
das Internet heute viel leichter
verfügbar sind. Zum anderen hat
sich die Präventionsarbeit ver-
stärkt, sie beginnt bei bestimm-
ten Themen schon im Kinder-
garten. Es gibt heute auch mehr
Beratungsangebote und Erzie-
hungskurse für Eltern.
Wann sollten Eltern generell mit
einem „heiklen“ Thema anfangen?
Generell bieten sich Anlässe an.
Sie sind seit vielen Jah-
ren in der Erziehungsbe-
ratung tätig. Haben sich
die Themen in den letzten Jahren
geändert?
Es gibt weiterhin die
„Dauerbrenner“, also Themen,
die immer wieder nachgefragt
werden: Einschulung, Loslösung
in der Kita, Pubertät, Scheidung.
Letzteres war lange ein Thema
alleinerziehender Mütter. Heute
bringen sich die Väter mehr in die
Erziehung ein. Das ist einerseits
sehr schön, führt aber auch zu
mehr Konflikten zwischen den El-
ternteilen. Was neu ist, sind The-
men, die sich um Mediennutzung
drehen. Der Streit um die Han-
dynutzung spielte vor zehn Jah-
ren noch keine Rolle, heute ist
er Dauerbrenner. Auch PC-Spie-
le oder Datensicherheit sind heu-
te bei Erziehungsfragen präsen-
ter, das liegt ein Stück weit auch
an der fehlenden Erfahrung und
Sicherheit der Eltern im Umgang
mit Internet und Smartphone. Das
ist in ein oder zwei Generationen
vielleicht gar kein Thema mehr.
Neu seit ein paar Jahren ist auch
die Angst vor Terror.
Wann wenden sich Eltern an Sie?
Unser Beratungsangebot wird vor
allem bei schambesetzten Themen
genutzt wie Sucht, Alkohol, Sexu-
alität. Themen, die man vielleicht
nicht mal mit der besten Freun-
din besprechen will. Da ist unser
großer Vorteil die Anonymität, die
Vertraulichkeit. Ansonsten wen-
den sich vor allem medienaffine
Eltern und jene Eltern an uns, die
wenig Zeit haben und unser An-
gebot abends, wenn die Kinder
schlafen, oder am Wochenende
nutzen. Das sind vor allem Be-
rufstätige und Alleinerziehende.
Generell decken wir ein sehr brei-
tes Themenspektrum ab, präventi-
ve Themen ebenso wie akute oder
komplexe Probleme.
In Ihrer Arbeit haben Sie täglich
mit den Anliegen und Sorgen von
Eltern zu tun. Gibt es noch Fragen,
wo Sie erst mal überlegen müssen,
welche Lösung hier die passende
ist?
Wir haben uns schon zu sehr
vielen Themen Gedanken gemacht
und entsprechende Anfragen be-
antwortet. Dadurch haben wir im-
mer ein paar best-practice-Beispie-
le parat. Trotzdem betrachten wir
jede Frage, die uns erreicht, ganz
genau: Wie ist der kulturelle oder
familiäre Hintergrund? Jede Fa-
milie ist anders und verdient eine
individuelle Antwort. Eine Mutter
wollte mal wissen, ob wir ihre Fra-
ge mit fertigen Satzbausteinen be-
antworten. Da musste ich schmun-
zeln. Wir arbeiten natürlich nicht
mit vorgefertigten Antworten. In-
sofern können wir auch viel indi-
vidueller und konkreter helfen, als
Interview mit Maria Große Perdekamp, Diplom-Heilpädagogin, Kinder- und
Jugendlichen-Psychotherapeutin. Seit 2014 leitet sie die Online-Beratungs-
stelle der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. bke. Im Gespräch
erklärt sie, wie sich ihre Arbeit in den letzten Jahren durch Internet und Han-
dy verändert hat und gibt Eltern Tipps für heikle Themen.
Der Streit ums Handy ist ein
Dauerbrenner in Familien
Foto: Sächsischer Handwerkstag / Schmidt
Titelthema :: Seite 48