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Titelthema :: Seite 35

Titelthema :: Seite 34

Wenn das Laufrad durch das erste Kin-

derrad ersetzt wird, steht die Frage an:

Worauf müssen Eltern achten, wenn sie

mit Kindern im Straßenverkehr per Rad unterwegs

sind? Das Fahrrad ist ebenso wie ein Auto ein Fahr-

zeug. Deshalb gelten zunächst die allgemeinen

Regeln für den Fahrzeugverkehr, mit allen Rech-

ten und Pflichten. Spezielle Vorschriften für den

Radverkehr enthält die Straßenverkehrs-Ordnung

(StVO).

Dürfen Kinder auf dem Fußweg fahren?

Radfahrer müssen in der Regel auf der Fahrbahn

(„auf der Straße“) fahren. Gibt es einen ausgeschil-

derten Radweg, müssen Radfahrer diesen benutzen

und dürfen nicht auf die Straße ausweichen. Für

Kinder gibt es Sondervorschriften, für sie gilt:

§2 (5) der StVO

„Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müs-

sen, ältere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebens-

jahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Auf

Fußgänger ist besondere Rücksicht zu nehmen.

Beim Überqueren einer Fahrbahn müssen die Kin-

der absteigen.“

Acht- und Neunjährige dürfen also auch auf dem

Radweg oder der Straße fahren. Sie dürfen aber

auch noch weiter den Fußweg nutzen. Der Gesetz-

geber begründet dies damit, dass Kinder unter

zehn Jahren im Verkehr besonders gefährdet sind,

weil sie sich noch nicht die nötigen Kenntnisse und

Fähigkeiten angeeignet haben. Sie haften deshalb

auch nicht für Verkehrsunfälle mit Kraftfahrzeu-

gen. Laut Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) müs-

sen andere Verkehrsteilnehmer auf Kinder beson-

dere Rücksicht nehmen.

Wo sollen die Eltern fahren?

In der Praxis treten bei dieser Regelung Probleme

auf. Die Begleitperson darf nicht auf dem Gehweg

fahren und kann in vielen Situationen, insbeson-

dere bei parkenden Autos, das Kind nicht ausrei-

chend anleiten bzw. beaufsichtigen. Es gibt zudem

zahlreiche Straßen mit wenig Verkehr und zum

Radfahren ungeeigneten Gehwegen (z. B. in Tempo

30-Zonen). In diesem Fall wäre es sicherer, wenn

Kind und Begleitperson auf der Fahrbahn fahren.

Laut StVO müssen Eltern getrennt von den Kindern

fahren – auf der Straße oder dem Radweg, falls vor-

handen. Doch das macht nicht immer Sinn – und

auch wer ein Kind begleitet, das noch nicht im Stra-

ßenverkehr geübt ist, hat die Aufsichtspflicht und

muss bei Fehlverhalten schnell reagieren können.

Die Rechtsprechung gibt keine klaren Regeln für

gemeinsame Touren vor. Einerseits könnten Eltern

ihre Aufsichtspflicht verletzen, wenn sie nicht in

der Nähe sind, um die Fahrweise ihres Kindes not-

falls zu korrigieren. Fahren Erwachsene aber mit

auf dem Gehweg, so verhalten sie sich ordnungs-

widrig und müssen bei einem Unfall zumindest

teilweise haften.

Experten sprechen sich trotz gegenteiliger Ge-

richtsurteile dafür aus, dass Kinder in Begleitung

von Erwachsenen auf der Fahrbahn fahren dürfen.

Der ADFC empfiehlt dafür: Eltern lassen ihr Kind

einige Meter vorausfahren und folgen ihm etwas

zur Straßenmitte versetzt. So schützen sie das Kind

gegenüber dem Autoverkehr von hinten. Im Notfall

können die Eltern dann rasch neben das Kind fah-

ren oder durch Zuruf eingreifen. Sie haben dadurch

die Situation im Blick. Wenn zwei Erwachsene mit-

radeln, nehmen sie die Kinder in den „Kasten“: ein

Erwachsener voraus, einer hinterher.

Das Bundesverkehrsministerium bereitet derzeit

zur Auflösung des Dilemmas eine Änderung der

StVO vor, die Aufsichtspersonen die Begleitung

von Kindern auf dem Gehweg erlaubt. Der ADFC

hat sich für eine weitergehende Lockerung aus-

gesprochen: Kinder sollen dort fahren dürfen, wo

auch ihre Eltern fahren.

Wer haftet bei Unfällen?

Seit 2002 haften Kinder bis zu zehn Jahren nicht für

Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem Kraft-

fahrzeug verursachen. Sie selbst erhalten auch bei

eigenem Verschulden – etwa Missachtung der Vor-

fahrt – vollen Schadenersatz. Anders ist die Rege-

lung bei parkenden Autos:

Fährt ein Kind, das älter als sieben Jahre ist, gegen

ein abgestelltes Kraftfahrzeug, so kann es abhängig

von seiner individuellen Einsicht für den Schaden

selbst verantwortlich sein. Darüber hinaus kommt

auch eine Haftung der Eltern in Betracht. Diese

müssen sich – auch durch entsprechende Kont-

rollen – davon überzeugen, dass sich ihr Kind im

Straßenverkehr auch alleine sicher bewegen kann.

Schüler sind auf dem Weg von und zur Schule im

Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung abge-

sichert. Dieser Versicherungsschutz besteht unab-

hängig vom Alter und auch dann, wenn die Kinder

mit dem Rad fahren, übrigens auch dann wenn die

Schule das Radfahren untersagt hat.

Welche Regeln gelten für Fahrrad-Kindersitze?

Für Kinder, die noch nicht allein mit dem Rad fah-

ren, sondern auf dem elterlichen Fahrrad mitfah-

ren, gilt

§

21 (3) der StVO

„Auf Fahrrädern dürfen nur Kinder bis zum vollen-

deten siebten Lebensjahr von mindestens 16 Jahre

alten Personen mitgenommen werden, wenn für

die Kinder besondere Sitze vorhanden sind und

durch Radverkleidungen oder gleich wirksame

Vorrichtungen dafür gesorgt ist, dass die Füße der

Kinder nicht in die Speichen geraten können. Hin-

ter Fahrrädern dürfen in Anhängern, die zur Beför-

derung von Kindern eingerichtet sind, bis zu zwei

Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr von

mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen

werden. Die Begrenzung auf das vollendete siebte

Lebensjahr gilt nicht für die Beförderung eines be-

hinderten Kindes.“

Mindestalter der Person, die auf dem Fahrrad

ein Kind transportiert:

16 Jahre

Höchstalter des transportierten Kindes:

6 Jahre.

Maximalgewicht des Kindes:

Minimal- und Maximalgewicht des Kindes für

Kindersitze nach DIN-Norm:

9 bis 15 Kilogramm bei Sitzmontage vorne

9 bis 22 Kilogramm bei Sitzmontage hinten

Erlaubt ist die Beförderung mehrerer Kinder. Die

Verkehrssicherheit des Fahrrades darf durch die

Kindermitnahme nicht beeinträchtigt werden.

Mit freundlicher Unterstützung des ADFC.

Sicher durch den Verkehr

Rechtliche Grundlagen für die Familienradtour

Redaktion:

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club

www.adfc.de

Foto: ADFC/Jens Lehmkühler