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Wenn das Laufrad durch das erste Kin-
derrad ersetzt wird, steht die Frage an:
Worauf müssen Eltern achten, wenn sie
mit Kindern im Straßenverkehr per Rad unterwegs
sind? Das Fahrrad ist ebenso wie ein Auto ein Fahr-
zeug. Deshalb gelten zunächst die allgemeinen
Regeln für den Fahrzeugverkehr, mit allen Rech-
ten und Pflichten. Spezielle Vorschriften für den
Radverkehr enthält die Straßenverkehrs-Ordnung
(StVO).
Dürfen Kinder auf dem Fußweg fahren?
Radfahrer müssen in der Regel auf der Fahrbahn
(„auf der Straße“) fahren. Gibt es einen ausgeschil-
derten Radweg, müssen Radfahrer diesen benutzen
und dürfen nicht auf die Straße ausweichen. Für
Kinder gibt es Sondervorschriften, für sie gilt:
§2 (5) der StVO
„Kinder bis zum vollendeten 8. Lebensjahr müs-
sen, ältere Kinder bis zum vollendeten 10. Lebens-
jahr dürfen mit Fahrrädern Gehwege benutzen. Auf
Fußgänger ist besondere Rücksicht zu nehmen.
Beim Überqueren einer Fahrbahn müssen die Kin-
der absteigen.“
Acht- und Neunjährige dürfen also auch auf dem
Radweg oder der Straße fahren. Sie dürfen aber
auch noch weiter den Fußweg nutzen. Der Gesetz-
geber begründet dies damit, dass Kinder unter
zehn Jahren im Verkehr besonders gefährdet sind,
weil sie sich noch nicht die nötigen Kenntnisse und
Fähigkeiten angeeignet haben. Sie haften deshalb
auch nicht für Verkehrsunfälle mit Kraftfahrzeu-
gen. Laut Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) müs-
sen andere Verkehrsteilnehmer auf Kinder beson-
dere Rücksicht nehmen.
Wo sollen die Eltern fahren?
In der Praxis treten bei dieser Regelung Probleme
auf. Die Begleitperson darf nicht auf dem Gehweg
fahren und kann in vielen Situationen, insbeson-
dere bei parkenden Autos, das Kind nicht ausrei-
chend anleiten bzw. beaufsichtigen. Es gibt zudem
zahlreiche Straßen mit wenig Verkehr und zum
Radfahren ungeeigneten Gehwegen (z. B. in Tempo
30-Zonen). In diesem Fall wäre es sicherer, wenn
Kind und Begleitperson auf der Fahrbahn fahren.
Laut StVO müssen Eltern getrennt von den Kindern
fahren – auf der Straße oder dem Radweg, falls vor-
handen. Doch das macht nicht immer Sinn – und
auch wer ein Kind begleitet, das noch nicht im Stra-
ßenverkehr geübt ist, hat die Aufsichtspflicht und
muss bei Fehlverhalten schnell reagieren können.
Die Rechtsprechung gibt keine klaren Regeln für
gemeinsame Touren vor. Einerseits könnten Eltern
ihre Aufsichtspflicht verletzen, wenn sie nicht in
der Nähe sind, um die Fahrweise ihres Kindes not-
falls zu korrigieren. Fahren Erwachsene aber mit
auf dem Gehweg, so verhalten sie sich ordnungs-
widrig und müssen bei einem Unfall zumindest
teilweise haften.
Experten sprechen sich trotz gegenteiliger Ge-
richtsurteile dafür aus, dass Kinder in Begleitung
von Erwachsenen auf der Fahrbahn fahren dürfen.
Der ADFC empfiehlt dafür: Eltern lassen ihr Kind
einige Meter vorausfahren und folgen ihm etwas
zur Straßenmitte versetzt. So schützen sie das Kind
gegenüber dem Autoverkehr von hinten. Im Notfall
können die Eltern dann rasch neben das Kind fah-
ren oder durch Zuruf eingreifen. Sie haben dadurch
die Situation im Blick. Wenn zwei Erwachsene mit-
radeln, nehmen sie die Kinder in den „Kasten“: ein
Erwachsener voraus, einer hinterher.
Das Bundesverkehrsministerium bereitet derzeit
zur Auflösung des Dilemmas eine Änderung der
StVO vor, die Aufsichtspersonen die Begleitung
von Kindern auf dem Gehweg erlaubt. Der ADFC
hat sich für eine weitergehende Lockerung aus-
gesprochen: Kinder sollen dort fahren dürfen, wo
auch ihre Eltern fahren.
Wer haftet bei Unfällen?
Seit 2002 haften Kinder bis zu zehn Jahren nicht für
Schäden, die sie bei einem Unfall mit einem Kraft-
fahrzeug verursachen. Sie selbst erhalten auch bei
eigenem Verschulden – etwa Missachtung der Vor-
fahrt – vollen Schadenersatz. Anders ist die Rege-
lung bei parkenden Autos:
Fährt ein Kind, das älter als sieben Jahre ist, gegen
ein abgestelltes Kraftfahrzeug, so kann es abhängig
von seiner individuellen Einsicht für den Schaden
selbst verantwortlich sein. Darüber hinaus kommt
auch eine Haftung der Eltern in Betracht. Diese
müssen sich – auch durch entsprechende Kont-
rollen – davon überzeugen, dass sich ihr Kind im
Straßenverkehr auch alleine sicher bewegen kann.
Schüler sind auf dem Weg von und zur Schule im
Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung abge-
sichert. Dieser Versicherungsschutz besteht unab-
hängig vom Alter und auch dann, wenn die Kinder
mit dem Rad fahren, übrigens auch dann wenn die
Schule das Radfahren untersagt hat.
Welche Regeln gelten für Fahrrad-Kindersitze?
Für Kinder, die noch nicht allein mit dem Rad fah-
ren, sondern auf dem elterlichen Fahrrad mitfah-
ren, gilt
§
21 (3) der StVO
„Auf Fahrrädern dürfen nur Kinder bis zum vollen-
deten siebten Lebensjahr von mindestens 16 Jahre
alten Personen mitgenommen werden, wenn für
die Kinder besondere Sitze vorhanden sind und
durch Radverkleidungen oder gleich wirksame
Vorrichtungen dafür gesorgt ist, dass die Füße der
Kinder nicht in die Speichen geraten können. Hin-
ter Fahrrädern dürfen in Anhängern, die zur Beför-
derung von Kindern eingerichtet sind, bis zu zwei
Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr von
mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen
werden. Die Begrenzung auf das vollendete siebte
Lebensjahr gilt nicht für die Beförderung eines be-
hinderten Kindes.“
Mindestalter der Person, die auf dem Fahrrad
ein Kind transportiert:
16 Jahre
Höchstalter des transportierten Kindes:
6 Jahre.
Maximalgewicht des Kindes:
Minimal- und Maximalgewicht des Kindes für
Kindersitze nach DIN-Norm:
9 bis 15 Kilogramm bei Sitzmontage vorne
9 bis 22 Kilogramm bei Sitzmontage hinten
Erlaubt ist die Beförderung mehrerer Kinder. Die
Verkehrssicherheit des Fahrrades darf durch die
Kindermitnahme nicht beeinträchtigt werden.
Mit freundlicher Unterstützung des ADFC.
Sicher durch den Verkehr
Rechtliche Grundlagen für die Familienradtour
Redaktion:
Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club
www.adfc.deFoto: ADFC/Jens Lehmkühler