Titelthema :: Seite 39
klettern, nicht am Kabel des Wasserkochers ziehen,
nicht in die Legobox des großen Bruders greifen.
Und dennoch sind auch Säuglinge immer wieder
in Unfälle verwickelt – oft mit schlimmen Folgen.
Für Säuglinge wie für kleine Kinder sind Stürze die
mit Abstand häufigste Unfallursache, vor allem der
Sturz vom Wickeltisch. Mehr als jeder zweite Unfall
wird durch einen Sturz verursacht. Während Klein-
kinder auch mal mit dem Laufrad hinfallen oder
über eine Kante stolpern, sind es bei Säuglingen fast
immer Stürze aus der Höhe. Meistens fallen sie da-
bei vomWickeltisch oder Sofa bzw. Elternbett. Auch
Stürze in einer vermeintlich schützenden Autoscha-
le sind gefährlich, daher Babywippe oder Autoscha-
le nur auf dem Boden abstellen, nie auf einem Tisch
oder Sofa.
Auch bei größeren Kindern sind Stürze die Haupt-
unfall-Ursache. Aber: Bei Säuglingen haben die
Stürze schlimmere Folgen: Sie enden oft mit
schweren Kopfverletzungen wie Gehirnerschütte-
rung oder Schädelbruch. Der Gang zum Kinderarzt
reicht dann nicht mehr, stattdessen heißt es: Kran-
kenhaus. 3 von 100 Kindern unter einem Jahr müs-
sen im Schnitt jedes Jahr wegen einer Verletzung
ins Krankenhaus, bei den über 5-Jährigen sind es
nur noch halb so viele.
Die wichtigste Unfall-Vermeidung für dieses Alter
ist und bleibt daher die Aufklärung der Eltern.
Es passiert jeden Tag und doch ist jeder schwere
Unglücksfall tragisch. Die vierjährige Lisa klettert in
der Kita. Dabei gerät die Kordel ihrer Jacke um ih-
ren Hals, das Mädchen bekommt minutenlang keine
Luft. Lisa überlebt, ist aber heute schwerbehindert.
Der sechs Monate alte Marvin macht mit seiner
Mama Mittagsschlaf im Elternbett. Ohne dass die
Mama es merkt, dreht er sich zur Seite und vergräbt
die Nase in ihrer Decke. Dass Marvin dabei erstickt,
merkt seine Mama erst, als sie aufgewacht ist. Wäh-
rend der Klassenfahrt ertrinkt die siebenjährige Ma-
rie unbemerkt beim Planschen im See. Der vierjäh-
rige Matthes entdeckt in der Küche eine Dose Zimt
und will davon probieren. Er atmet das Zimtpuder
ein und erstickt. Die anderthalbjährige Marie stürzt
aus dem Fenster im vierten Stock und stirbt an ihren
schweren Verletzungen.
Die Kinder heißen nicht wirklich so, die Unfälle
sind aber so oder ähnlich tatsächlich passiert. Diese
unheimliche Auflistung ließe sich fortsetzen. Von
den knapp 11 Millionen Kindern unter 15 Jahren in
Deutschland waren 1,7 Millionen Kinder im vergan-
genen Jahr nach einem Unfall beim Arzt. Das heißt:
Im Schnitt alle 20 Sekunden ist ein Kind in einen
Unfall verwickelt. Jungs sind häufiger betroffen als
Mädchen. Jedes Jahr müssen 14 Prozent der Mäd-
chen und 17 Prozent der Jungen wegen eines Unfalls
zum Arzt, also eins von sieben Kindern. Nicht alle
enden so tragisch wie die oben beschriebenen.
Damit es gar nicht erst zu einem tragischen Unfall
kommt, klären wir auf den folgenden Seiten umfas-
send auf über Unfallrisiken für jedes Alter, über die
kindersichere Ausstattung von Wohnung, Haus und
Garten und erläutern, was im Ernstfall zu tun ist.
Unfallrisiken für Säuglinge
Solange Kinder noch nicht krabbeln können, müss-
ten sie eigentlich ziemlich sicher vor häuslichen Un-
fällen sein – schließlich können sie sich noch nicht
selbst in Gefahr bringen. Sie können nicht zum offe-
nen Fenster krabbeln, nicht am Bücherregal hoch-
Redaktion:
Anett Linke, Foto links: Steffen Schwenk
(light-impression.de)»
Gabel, Schere, Licht
Ein Ratgeber rund um das kindersichere Zuhause
... und wie sich Unfälle vermeiden lassen.
BAG Mehr Sicherheit
für Kinder e.V.