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Titelthema :: Seite 36

Armutsfalle. Dann führt Kinderreichtum zu Kinder-

armut. Besonders armutsgefährdet sind Alleiner-

ziehende, was allerdings auch bei weniger als drei

Kindern gilt. 12 Prozent der kinderreichen Familien

sind auf staatliche Leistungen, wie Sozialhilfe oder

Arbeitslosengeld angewiesen, aber nur 7 Prozent

der Zwei-Kind-Familien. In kinderreichen Famili-

en haben 32 Prozent der Mütter und 22 Prozent der

Väter keinen Berufsabschluss. Wenn beide Partner

berufstätig waren, fällt ab dem dritten Kind meist

ein Einkommen teils oder für eine bestimmte Zeit

ganz weg. Das ändert sich erst wieder, wenn die

Kinder größer und selbständiger werden. Ein wei-

terer entscheidender Grund für die Armutsfalle

Kinderreichtum: Kinder kosten Geld.

Die meisten Paare sind sich darüber im Klaren,

dass sie mit weniger Geld auskommen müssen,

wenn sie sich für eine Großfamilie entscheiden.

Den geringeren Lebensstandard nehmen sie gern

in Kauf – für mehr Lebensfreude. Neben den alltäg-

lichen Konsumausgaben für Essen und Kleidung,

kommen ab dem dritten Kind deutlich höhere Aus-

gaben für Wohnen und Auto hinzu. Kinderreiche

Familien brauchen große Wohnungen oder Häu-

ser. Die sind zum einen schwer zu finden und zum

anderen teuer. Während bei Ein-Kind-Familien im

Schnitt jedem Familienmitglied 52 qm Wohnfläche

zur Verfügung stehen, sind es bei Familien mit

vier Kindern 43 qm. Je größer die Familie, desto

seltener fällt die Entscheidung für die eigenen vier

Wände. Große Häuser sind schlicht zu teuer oder

schwer zu finden, zudem brauchen Paare kaum

mehr so viel Platz, wenn die Kinder aus dem Haus

sind.

Kinderreiche Familien brauchen zudem größere

Autos. Drei Kindersitze auf der Rücksitzbank eines

klassischen Kombis unterzukriegen, ist eine He-

rausforderung. Spätestens ab Kind Nummer vier

braucht es eine neue Familienkutsche. Idealer-

weise hat sie ein, zwei Plätze in Reserve, falls mal

Freunde der Kinder mitfahren wollen. Wer ganz

auf ein Auto verzichten möchte oder muss, steht

mit vielen Kindern vor einer logistischen Mammut-

aufgabe, gerade in ländlichen Regionen oder wenn

der Urlaub ansteht. Zugfahrten oder Flugreisen mit

kleinen Kindern sind oft turbulent – für die Eltern,

aber auch für die anderen Reisenden. Wer sich

trotz vieler Kinder Urlaub leisten kann, muss tief in

den Geldbeutel greifen. Fern- und Pauschalreisen

rechnen meist nur zwei Kinder mit, das dritte zahlt

deutlich drauf. Großfamilien kommen günstiger,

wenn sie in Ferienwohnung oder auf Bauernhöfen

übernachten und ihren Urlaub individuell planen

und buchen. So lassen sich bei der Wahl des Ur-

laubsorts und der Ausflüge auch die Bedürfnisse

aller Familienmitglieder unter einen Hut bringen.

Auf Ausflügen – sei es im Urlaub oder zu Hause

– ärgern sich Großfamilien über die Familienkar-

ten: Oft sind diese auf zwei oder drei Kinder be-

schränkt. Kaum ein Museum oder Schwimmbad

rechnet damit, dass auch mal eine achtköpfige

Familie vor der Tür stehen könnte. Dabei ließe sich

an dieser Stelle mit geringem Aufwand eine starke

finanzielle Entlastung und vor allem Wertschät-

zung für Großfamilien erreichen.

Nicht nur die gemeinsamen Wochenend-Ausflüge

belasten die Familienkasse, spätestens mit der

Schule und den Wandertagen dort werden auch

die Kinder teuer. Bei den Kleinen halten sich die

Kosten noch im Rahmen. Sie brauchen zwar viele

Windeln, Kleidung, Spielzeug und Kinderwagen

sind aber noch von den Geschwistern da. Die meis-

ten Kitas bieten in der Gebührenordnung Rabatte

für Geschwisterkinder an. Eintritt in den Zoo oder

ins Museum fällt für Kleinkinder oft noch nicht an.

Und bis zum 6. Lebensjahr dürfen Kinder in den

meisten Bussen und Bahnen kostenfrei mitfahren.

Spätestens ab der Schule steigen die Ausgaben für

Großfamilien deutlich. Zu den Mehrausgaben für

Essen und Kleidung kommen nun Schulsachen,

Klassenfahrten, Eintrittsgelder, Taschengeld, Han-

dykosten, Hobbys. Mitgliedschaften in der Musik-

schule oder im Sportverein sind nicht preiswert

und machen bei vielen Kindern einen großen Pos-

ten aus. Die finanzielle Unterstützung durch den

Staat kann diese Mehrkosten nur bedingt ausglei-

chen.

Die wichtigsten familienpolitischen Leistungen

in Deutschland im Überblick:

Kindergeld:

Seit Jahresbeginn gibt es für das erste

und zweite Kind monatlich 188 Euro, für das dritte

Kind 194 Euro und für jedes weitere 219 Euro. 2016

werden die Beträge erneut um jeweils 2 Euro ange-

hoben.

Elterngeld:

Der Staat zahlt Eltern, die ihr Kind in

den ersten 14 Monaten selbst zu Hause betreuen ei-