Titelthema :: Seite 38
klar wird, dass nicht immer ihr eigenes Tun die Ur-
sache für alles ist, was um sie herum geschieht.
Mit dem Vorschulalter beginnt meist das Frage-
Alter. Das Kind beginnt über seine eigenen Erfah-
rungen, Vorstellungen und Gefühle nachzuden-
ken. Im Laufe der Jahre wird das Denken immer
vielschichtiger und komplexer. Einhergehend mit
der sprachlichen Entwicklung erweitert sich die
Welt des Kindes. Es lernt, dass es nicht nur sein
Haus und seine Kita gibt, dass es viele Städte, Län-
der gibt, dass hinter dem Himmel der Weltraum
wartet. Es entwickelt ein Zeitverständnis, kennt
Wochentage und Monatsnamen. Es verortet sich in
Raum und Zeit. Es kann mit Maßen, Zahlen, Sym-
bolen umgehen, versteht Gesetzmäßigkeiten und
kann diese auf neue Probleme übertragen.
Selber Ausprobieren und Beobachten sind den-
noch weiter wichtig. Es kann vorausschauen und
planen, verlässt häufiger das Hier und Jetzt. Das
logische Denken verfeinert sich. Bis es allerdings
den Regeln der Erwachsenenlogik folgt, dauert
es bis zum Beginn der Pubertät. Je komplexer das
kindliche Denken wird, desto mehr hinterfragt das
Kind. Es gibt sich nicht mehr mit dem zufrieden,
was es sieht, hört und fühlt. Es will Hintergründe,
Ursachen, Zusammenhänge verstehen.
Gespräche mit Kindern: Regeln & Gelegenheiten
Früher oder später kommt die erste Warum-Frage.
Egal, ob mit zwei oder vier Jahren, Eltern sollten
darauf vorbereitet sein und eine passende Antwort
parat haben. Für die erste Warum-Frage gilt ge-
nauso wie für alle späteren Fragen rund um heikle
Themen: Das Kind ernst nehmen und auf seinen
Wissensdurst eingehen. Es gibt noch einige weitere
allgemeingültige Regel für die Gesprächsführung
mit Kindern – unabhängig vom Thema:
Manche Frage trifft einen unvorbereitet. Das ist
nicht schlimm: Viel wichtiger, als eine wissen-
schaftlich korrekte Antwort, ist zunächst einmal
die Reaktion selbst. Eltern sollten sich Zeit nehmen
und auf die Fragen eingehen. Sie können nachfra-
gen, wie es denn jetzt darauf komme. Sie können
eine einfache Antwort geben und gemeinsam mit
dem Kind nach einer Antwort suchen. Sie können
das Gespräch weiter vertiefen und weitere Fragen
und Antworten zu dem Thema suchen. Wissen Sie
partout keine passende Antwort, ist es auch völlig
legitim zu sagen: Das weiß ich jetzt auch nicht so
Lern-Mittel des Kindes. Es riecht die Mama, hört
Papas Stimme, erkennt das Gesicht des Bruders.
Bereits mit wenigen Monaten fängt das Kind an,
die Welt zu begreifen – im Wortsinne, alles was es
in die Finger oder in den Mund bekommt, wird er-
kundet. In den ersten Jahren leben Kinder im Hier
und Jetzt, ihr Denken ist sehr Ich-bezogen. Dass
jemand die Welt anders wahrnimmt als sie, kommt
in ihrer Vorstellungskraft noch nicht vor. Typisches
Beispiel: Der Zweijährige zeigt seinem Gegenüber
am Telefon (ganz klassisch, ohne skype) sein neu-
estes Auto. Dass der andere ihn nur hört, nicht aber
sieht, erschließt sich noch nicht. Oder die Dreijäh-
rige schaut sich auf der Rücksitzbank im Auto ein
Bilderbuch an und zeigt der Mama etwas. Auch hier
ist ihr nicht klar, dass die Mama die Bilder im Buch
nur sehen kann, wenn sie neben ihr sitzt. Das sich
Hineinversetzen in andere und auch in die Gefühle
anderer beginnt in der Regel mit dem Vorschulalter.
Kinder verstehen jetzt auch, dass der Kitakumpel
traurig ist, wenn man ihn ärgert.
Das Denken im Kleinkindalter ist zudem geprägt
von der „magischen Phase“. Kinder können im Al-
ter von etwa 3 bis 7 Jahren nur bedingt zwischen
Realität und Fantasie unterscheiden. In dieser
Phase haben sie Halloween tatsächlich Angst vor
den verkleideten Hexen und Geistern, sie glau-
ben fest an den Weihnachtsmann und brauchen
Eltern, die gemeinsam mit ihnen vor dem Schla-
fengehen die Gespenster und Monster verjagen.
In der magischen Phase erklären sich die Kinder
die Welt auf ihre eigene Art, sie finden fantasievol-
le Erklärungen für Naturphänomene. Eltern sollten
in diesem Alter nicht versuchen, Warum?-Fragen
mit wissenschaftlichen Abhandlungen zu erläu-
tern. Ein Vierjähriger muss noch nicht wissen, dass
Verstorbene unter der Erde begraben werden oder
die Sonne nur auf die andere Erdhalbkugel wan-
dert. Fragt ein Kind „Warum ist das so?“ könnten
Eltern zunächst gemeinsam mit ihm überlegen:
„Was glaubst Du, warum das so ist?“ Vielleicht er-
klärt das Kind dann, dass die Sonne schlafen geht
und Opa jetzt eine Wolke ist.
Den Zusammenhang von Ursache und Wirkung
versteht ein Kind schon früh: Wenn ich auf den
Schalter drücke, geht das Licht an. Wenn ich wei-
ne, tröstet mich der Papa. Allerdings dauert es eine
Weile, bis Kinder Ursache und Wirkung richtig
voneinander unterscheiden können und bis ihnen