Titelthema :: Seite 40
die Kinder älter, lernen sie auch, dass sie selbst
für diese angenehmen Gefühle sorgen können.
Das können und sollen Eltern zulassen, dem Kind
aber auch klar machen, dass Selbstbefriedigung
zwar etwas Schönes, aber auch etwas Intimes ist,
und das sollte man in Ruhe für sich machen und
nicht vor anderen. Eltern sollten vor allem zwei
Dinge beherzigen: Sie sollten Kindern die Gelegen-
heit geben, ihren Körper zu erkunden, sie sollten
deren Intimsphäre und Schamgrenzen wahren und
das wenn gewünscht auch für sich selbst einfor-
dern. Sie sollten den Kindern aber auch klar ma-
chen, dass sie selbst über ihren Körper bestimmen.
Wenn sie körperliche Nähe nicht wollen, sei es das
Kuscheln mit Mama, der Kuss von der Tante oder
das Doktorspiel im Kindergarten, dann sollen und
dürfen sie klar „Nein!“ sagen. Beim Reden über Se-
xualität geht es nie nur um das Vermitteln von Fak-
ten, es geht immer auch um Gefühle, Vertrauen,
Respekt. Ansonsten können Eltern mit allen The-
men rund um Sex und Liebe entspannt umgehen.
Das ist leicht dahingeschrieben, im Alltag tun sich
viele Erwachsene doch schwer mit dem Thema.
Hier gilt: Übung macht den Meister und je früher,
desto besser. Kleine Kinder reden über Sexualität
genauso unbefangen wie über Dinosaurier oder
Ballett. Scham kennen sie noch nicht und das soll-
ten Eltern unbedingt nutzen. Haben die Kinder den
Eindruck, dass den Eltern manche Fragen unange-
nehm sind und sie gar nicht oder nur ausweichend
antworten, verschließen sie sich vielleicht und ho-
len sich die Antworten anderswo.
Zu einem entspannten, offenen Umgang mit dem
Thema Sexualität gehört auch, dass die Kinder
schon früh ihre Geschlechtsteile benennen kön-
nen. Bis zum Vorschulalter ist es völlig in Ord-
nung, die Geschlechtsteile mit verniedlichenden
Begriffen zu besetzen, anstatt sie direkt zu benen-
nen. Ab der Schule sollten Kinder auch die Fach-
begriffe kennen.
Begriffe für Penis: Nudel, Pipimann, Pullermann,
Pimmel, Hans, Pipimax, Schnidelwutz, Gliedchen,
Schniepel, Schniedel, Zipfel
Begriffe für Vagina: Schrippi, Vulva, Mumu,
Muschi, Blume, Schnecke, Bärchen, Gießkännchen
Bringen die Kinder obszöne Begriffe mit nach Hau-
se, sollten Eltern einerseits gelassen reagieren.
Fragen des Kindes oder auf Anlässe. Gerade bei
Themen wie Sterben und Tod oder Terroranschlä-
gen ist es nicht sinnvoll, als Elternteil mit dem The-
ma anzufangen, weil man es jetzt für angebracht
hielte oder die Zeit für ein ernstes Vater-Sohn-Ge-
spräch reif sei. Wenn Sie die Möglichkeit haben,
nutzen sie ruhige Momente abseits der Alltagshek-
tik für solche Gespräche. Wenn Sie keine passen-
de Antwort parat haben, holen Sie sich Unterstüt-
zung: Belesen Sie sich, fragen Sie andere Eltern,
wie sie mit dem Thema umgegangen sind. Gerade
bei jüngeren Kinder sind Bilderbücher Gold wert.
Zu jedem Thema gibt es ein oder mehrere Titel, in
denen die Problematik altersgerecht aufbereitet
wurde. Schauen Sie sich das Buch gemeinsam mit
dem Nachwuchs an.
Wann ein Kind für welche Information bereit ist,
muss jede Familie immer auch individuell für sich
beantworten. Es gibt sehr offene, wissbegierige,
selbstbewusste Kinder, denen man vielleicht mehr
zumutet. Es gibt sensible, ängstliche Kinder, bei
denen man mit bestimmten Informationen lieber
noch warten sollte. Und natürlich gehen auch Eltern
abhängig von ihrem Charakter unterschiedlich mit
schwierigen Themen um. Insofern sind die folgen-
den Altersangaben immer nur ein grober Richtwert.
Wer diese grundlegenden Tipps und Regeln beach-
tet, ist auf die ersten schwierigen Themen schon
gut vorbereitet. Auf den folgenden Seiten widmen
wir uns eben jenen Themen. Wir erklären, in wel-
chem Alter das Kind für welche Information bereit
ist und wie man diese altersgerecht vermittelt. Zu
einigen Themen haben wir Erziehungsberaterin
Maria Große Perdekamp befragt, sie erklärt aus
Expertensicht, was Kinder wissen müssen und was
nicht. Im ausführlichen Interview am Ende des
Beitrags berichtet sie von ihrer Arbeit beim online-
Beratungsportal des bke.
Sexuelle Aufklärung
Der Klassiker der heiklen Eltern-Kind-Themen ist
die sexuelle Aufklärung. Dabei umfasst das The-
ma sehr viel mehr als das dank Biologie-Unterricht
und Internet vielleicht gar nicht mehr notwendige
EINE Gespräch. Sexualität beginnt bereits im Baby-
alter. Schon die kleinsten lieben es, mit Mama und
Papa zu kuscheln, eng am Körper getragen zu wer-
den. So lernen sie von Beginn an, dass körperliche
Nähe angenehme Gefühle auslösen kann. Werden