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Titelthema :: Seite 36

Gütesiegel

Wer trotz aller Kritik an der Textilindustrie neue

Kleidung kaufen möchte oder muss, der kann sich

an verschiedenen Siegeln orientieren. Je nach Kri-

terien und Ausrichtung garantieren sie eine weit-

gehend schadstofffreie und/oder soziale Kleider-

produktion. Das optimale Siegel gibt es nicht, sie

sind alle ausbaufähig. Am weitesten verbreitet ist

der Ökotext-100-Standard, der sich auch bei Dis-

countern findet. Die Kriterien sind vergleichsweise

lax. Wir stellen dieses und weitere gängige Siegel

kurz vor.

Öko-Tex Standard 100:

Dieses am weitesten verbreitete

Siegel ist ein reines Verbrau-

cherschutzsiegel: Es prüft nur

die Schadstoffrückstände am

Endprodukt. Die Herstellungsbedingungen in den

Nähereien und Färbereien werden nicht berück-

sichtigt. Damit ist der Nutzen für die Umwelt eher

gering, das Siegel ist jedoch sehr massentauglich.

Die Anforderungen werden von Jahr zu Jahr stren-

ger, bleiben jedoch weit hinter Siegeln wie GOTS

oder IVN Best zurück. Je nach Produktgruppe wer-

den unterschiedlich strenge Grenzwerte erlaubt: Je

intensiver der Hautkontakt eines Produkts und je

empfindlicher die Haut, desto strengere Anforde-

rungen müssen eingehalten werden. Am strengs-

ten sind die Regularien für Babykleidung, Gardi-

nen und Sofabezüge fallen in die letzte Kategorie.

Global Organic Textile Standard GOTS:

Mit einem GOTS-zertifizierten

Produkt kauft man ökologisch

einwandfreie Kleidung. Es zer-

tifiziert die komplette Textilket-

te nach strengen ökologischen

Kriterien, alle Betriebe der Lie-

ferkette müssen zertifiziert sein und sich einmal

jährlich einer Vor-Ort-Inspektion unterziehen. Alle

Produkte müssen zu mindestens 70 Prozent aus

biologisch erzeugten Naturfasern bestehen. Giftige

Schwermetalle, Formaldehyd, gentechnisch ver-

änderte Organismen sind verboten – ebenso wie

Accessoires aus PVC, Nickel oder Chrom. Der So-

zialstandard ist ausbaufähig: Garantiert sind Min-

destlöhne, aber keine existenzsichernden Löhne.

beim Schwitzen nicht unangenehm riechen, dass

Kleidung nicht leicht entflammbar ist, dass die Far-

be am Stoff hält, dass Kleidung wasserdicht ist, dass

die Rückstände bestimmter Chemikalien reduziert

werden. Die Folgen für die Gesundheit reichen von

der Schädigung des zentralen Nervensystems über

Unfruchtbarkeit bis hin zu Krebs. Die WHO geht von

jährlich 20.000 Toten allein durch den Pestizidein-

satz in der Baumwollproduktion aus. Bei uns Kun-

den kommt nur noch ein winziger Rest an und der

ist nicht akut gesundheitsschädlich. Dennoch verrät

schon der Aufdruck „separat waschen“ oder „vor

dem ersten Tragen waschen“ im Etikett, dass man

sich oft genug schmutzige Wäsche ins Haus holt.

Doch wer trägt die Verantwortung für die un-

menschlichen und ungesunden Bedingungen in

der Textilproduktion? Das lässt sich so einfach

nicht beantworten. Die Politik ebenso wie die Mo-

deketten und wir Kunden. Die Politik kann durch

Gesetze, Richtlinien und Grenzwerte die notwendi-

gen Rahmenbedingungen schaffen. Da sind nicht

nur die Produktionsländer in der Pflicht. Wenn in

Deutschland nur ein bestimmter Maximalwert an

nachweisbaren Schadstoffen in der Kleidung zuge-

lassen ist, dann muss der Einsatz derselben schon

in der Produktion verringert werden. Einige der

Produktionsländer wie China haben bereits gute

Gesetze, es scheitert oft genug an der Kontrolle der

Einhaltung selbiger. Die Modeketten wiederum

können ein Stück weit Druck auf die Produzenten

und Lieferanten ausüben und Transparenz einfor-

dern. Angestoßen durch die Detox-Kampagne von

Greenpeace haben sich einige Modemarken bereits

dazu verpflichtet, künftig nur noch schadstofffrei

zu produzieren.

Schlussendlich können auch wir Kunden ein Stück

weit Einfluss nehmen darauf, wie die Textilindust-

rie arbeitet. Unsere stete Nachfrage nach günstigen

Sachen befeuert den Kreislauf. Wer ein T-Shirt für 2

Euro kauft, kann sich ziemlich sicher sein, dass es

nicht unter menschenwürdigen Bedingungen her-

gestellt wurde. Wenngleich auch hohe Preise nicht

immer eine Garantie für hohe Umwelt- und Sozial-

standards sind.