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Elternteile arbeiten, landen da schnell bei Jahres-
einkommen zwischen 60.000 und 100.000 Euro.
Dafür haben sie auch wesentlich mehr Aufwand
in ihre Ausbildung und Karriere gesteckt und sich
ihr aktuelles Einkommen hart erarbeitet. Sie ha-
ben studiert, arbeiten meist weit über die normale
40-Stundenwoche hinaus in Führungspositionen
oder einer Selbständigkeit mit Verantwortung für
weitere Arbeitsplätze. Sie haben ein Haus gebaut
und müssen Kredite tilgen, benötigen zwei Autos
samt damit verbundenen Kosten – und auch Urlaub
zur Regeneration vom Arbeitsalltag. Sie sorgen in
Zeiten unsicherer Renten fürs Alter vor und sparen
gleichzeitig für eine gute Bildung ihrer Kinder an.
Das Budget ist auch in einkommensstarken Famili-
en meist verplant. Hunderte Euro Mehrausgaben für
die Kita stehen da in Konkurrenz zu anderen monat-
lichen Zusatzausgaben. Seien es Freizeitangebote
wie der Ausflug ins kommunale Erlebnisbad, den
Hallenspielplatz oder ins Kino, seien es Ausgaben
für den Verein, fürs Ballettstudio oder Kulturange-
bote, seien es Einkäufe im Einzelhandel vor Ort oder
Dienstleistungen z.B. rund ums Haus. Kurzum: was
für die Kita mehr ausgegeben wird, muss anderswo
eingespart werden und schwächt die Kaufkraft vor
Ort sowie Ausgaben für soziale und kulturelle As-
pekte, die sich ausgerechnet diese Zielgruppe bis-
lang leisten konnte. Es sind also nicht die Reichen.
Es sind jene Familien, die ein wichtiger „Zahler“ für
viele soziale und kulturelle sowie wirtschaftliche
Angebote vor Ort sind. Eine Gebührenerhöhung
schadet also nicht nur diesen Familien, sondern
dem gesamten Leben einer Stadt.
Zudem sind es vor allem diese Familien mit gut aus-
gebildeten Fachkräften, die hier benötigt werden
und gehalten werden sollten. Sie werden es sich
künftig zweimal überlegen, ob Cottbus die Stadt
ist, in der ihre Kinder aufwachsen. Im nahen Sach-
sen können Sie in Sachen Kita im Zweifel mehrere
Tausend Euro pro Jahr sparen, das trifft für Cottbu-
ser aber schon beim Umzug ins nur 15 Autominuten
entfernte Peitz zu. All das ausgerechnet kurz nach-
dem Cottbus Ende 2015 durch das Familienminis-
terium zur kinderfreundlichsten Stadt des Landes
Brandenburg gekürt wurde!
Kitagebühren als Standortfaktor
Mit dem Pfund als kinderfreundliche Stadt hat Cott-
bus dann auch gewuchert. Das klang nach einem
starken Standortvorteil. Dieser Vorzug steht jetzt
auf dem Spiel. Denn die Außenwirkung der Eltern-
proteste gegen vermeintliche kommunale Abzocke
dürfte Familien eher abschrecken.
Familien lassen sich durch Kitagebühren sicher
nicht vom Kinderkriegen abbringen, aber sie kön-
nen sehr wohl einen Einfluss darauf haben, wo
Familien ihre Kinder groß ziehen. Im Bundesland
Rheinland-Pfalz hat die Landespolitik beispielswei-
se landesweit für gebührenfreie Kitas gesorgt. Auch
Nordrhein-Westfalen macht einen Schritt in diese
Richtung und pumpt in den nächsten drei Jahren
mehr als eine halbe Milliarde Euro in die Kinder-
gärten. Die Stadt Düsseldorf schaffte die Kitagebüh-
ren ab, um junge Arbeitnehmer anzulocken. Auch
in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg wurden
bzw. werden die Elternbeiträge ganz oder teilweise
abgeschafft. Die Begründung dafür liegt oft darin,
dass Gebühren und Qualität der Kitas auch vor dem
Hintergrund des Fachkräftemangels immer mehr
zu einem Standortfaktor werden. Zudem werden
beispielsweise in Berlin Kitas regelmäßig extern
evaluiert, um die Kita-Qualität auszubauen. Sollte
dies bundesweit eingeführt werden, wird es auch in
Cottbus wieder spannend, denn Kita-Qualität, also
beste Fachpraxis bspw. durch systematische Fort-
bildungen und gute Betreuungsschlüssel, können
auch Träger nicht umsonst realisieren.
Die Landesinitiative für Gebührenfreiheit
Rheinland Pfalz ist bereits jetzt der Beweis, dass
eine Gebührenfreiheit für die Kinderbetreuung
auch auf Landesebene umgesetzt werden kann. Sie
garantiert Kindern ein gleiches Recht auf Bildung
von Anfang an – denn Kinder können nichts für das
Einkommen ihrer Eltern. Der Brandenburger Danilo
Fischbach engagiert sich mit einer Bürgerinitiati-
ve für beitragsfreie Krippen und Kitaplätze – siehe
www.buergerinitiative-kitaplaetze.de. Vielschich-
tiger sind die Ziele in der Verbesserung der Kinder-
betreuung, die von den Spitzenverbänden der frei-
en Wohlfahrtspflege im Land Brandenburg mit der
Kampagne „Gemeinsam für gute Bildung. Von An-
fang an!“ verfolgt werden. In der LIGA Brandenburg
setzen sich diese derzeit für bessere Betreuungsbe-
dingungen für die Kinder, insbesondere mehr Per-
sonal zur Betreuung und eine verlässliche Finanzie-
rung, ein. Auch das ist Gegenstand der Demo am 14.
September in Potsdam.
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