
Kitagebühren :: Seite 62
Laut den beiden Initiatorinnen hätten Stadtver-
ordnete bei genauer Kenntnis der Details nicht für
die Satzung gestimmt, denn verschiedene zum Be-
schluss durch die Stadt getätigte Aussagen, wie bei-
spielsweise, dass nur 20 % der Familien betroffen
sind, stimmen nicht.
Vertagung von Problemen:
Bereits im Jahr 2013
haben Eltern die unterschiedlichen Beitragshöhen
in Cottbuser Kitas kritisiert. Damals wurde dieses
Durcheinander vonseiten der Stadt in Kauf genom-
men und Befürchtungen um einen Preiswettkampf
unter Kitas als unbegründet abgetan. Im Jahr 2016
dienen diese Preisunterschiede als wichtiges Argu-
ment für die neue Kita-Gebührensatzung. Ein Wi-
derspruch, der einkommensstarke Elternhaushalte
zuvor günstigerer Kitas nun doppelt hart trifft: sie
zahlen sowohl die Angleichung als auch die Erhö-
hung. Es gibt Beispiele mit 500 Euro Mehrkosten im
Monat bei drei Kindern, was die teils extremen Aus-
wirkungen der neuen Kitagebühren verdeutlicht.
Unklare Verwendung der Mehreinnahmen:
Es
gibt keine Transparenz, woher die Mehrkosten rüh-
ren und wofür die Mehreinnahmen verwendet wer-
den. In vielen Kitas wird der Betreuungsschlüssel
nicht eingehalten. Es ist schwer absehbar, ob die
Eltern für die Mehrkosten wirklich auch ein Mehr an
Leistung erhalten. Viele Eltern sind auch mit der Be-
treuungsqualität unzufrieden. Kitas wie Horte sind
teilweise überfüllt.
Immense Belastung gesellschaftlicher Leis-
tungsträger:
Cottbus verfügt mit der neuen Satzung
über die weitreichendste Einkommensstaffelung in
der Lausitz. Das kann gerade für Leistungsträger
wie Fach- und Führungskräfte oder Selbständige
ein Argument zum Wegzug aus oder gegen den Zu-
zug in die zukünftige Ostsee-Stadt sein.
Die Mär vom Besserverdiener
In der Presse ist bei der stärksten Belastung Cottbu-
ser Familien durch die Gebührenerhöhung oft von
„Besserverdienern“ die Rede gewesen. Da kann das
Gefühl aufkommen, es ginge um eine Oberschicht,
um die „Reichen“, die doch ruhig mehr zahlen
könnten. Schaut man sich aber die Staffelungen der
Gebührensatzungen an, sieht man schnell, dass es
um eine ohnehin gebeutelte und für eine Stadt wie
Cottbus immens wichtige Zielgruppe geht. Berech-
nungsgrundlage ist nämlich immer der Bruttover-
dienst. Bildungsstarke Familien, in denen beide
Anhand der realen Fallbeispiele sind die teils im-
mensen Auswirkungen auf Cottbuser Familien
nachvollziehbar. Auf den zweiten Blick sieht das
Bild also ganz anders aus. Der Ärger betroffener
Eltern, die in einer Initiativgruppe gegen die aktu-
elle Gebührenerhöhung kämpfen, richtet sich gegen
gleich einige Ungereimtheiten. Sie werfen der Stadt
vor allem folgende Fehler vor:
Einseitige Belastung der Eltern:
Cottbuser Fami-
lien werden einseitig mit sämtlichen Mehrkosten
belastet. Selbst wenn die Zuschüsse der Stadt stabil
bleiben, so ist bei der Kostensteigerung ihr prozen-
tualer Anteil zu Ungunsten der Familien geringer
geworden. Zudem zahlt das Land seine Zuschüsse
nicht in der Höhe, die es laut Kitagesetz aufbringen
müsste. Dies müsste die Stadt Cottbus einklagen,
verzichtet nach Auskunft gegenüber der Initiativ-
gruppe aber aufgrund anderer bereits laufender
Verfahren gegen das Land auf diesen Schritt. Man
kann vermuten, dass die Haushaltslage der Stadt
dies aktuell nicht erlaubt. Es ist ja auch einfach: Die
Kosten tragen die Eltern.
Unklare Berechnung:
Die Gebührensatzungen
werden durch Kommunen an die tatsächlichen
Kosten der Kinderbetreuung angepasst. Die Initia-
tivgruppe wirft der Stadt vor, dass es hierzu weder
Transparenz noch eine nachvollziehbare Grundlage
gibt. Auf Nachfrage bei Trägern erhielten sie das
Ergebnis, dass von Seiten der Stadt nie eine Kosten-
transparenz eingefordert wurde und diese auch gar
nicht verfügbar ist. Auf welcher Grundlage wurde
also die Gebührensatzung berechnet?
Taktieren und mangelnde Transparenz bei der
Elternbeteiligung:
Bei der Durchsetzung der Ki-
tagebühren wurden Cottbuser Familien im Vorfeld
scheinbar bewusst getäuscht. In ersten Verlautba-
rungen wurden als zentrale Neuerungen nur ein
Mindestbeitrag und eine Anhebung der Höchst-
grenze benannt. Nun sind alle Einkommensgrup-
pen betroffen und es wurde kräftig an der Gebüh-
renschraube gedreht. Nach dem Beschluss warf die
Stadt aber verärgerten Eltern vor, sich zuvor nicht
beteiligt zu haben.
Zahlenspielerei:
Für den Beschluss der neuen Ki-
tagebühren durch die Stadtverordneten wurden
tatsächliche Belastungen der Cottbuser Familien
schön gerechnet. Die teils drastischen Auswirkun-
gen der Gebührenerhöhung wurden durch gezielte
Auswahl bestimmter Fallbeispiele nicht ersichtlich.