Titelthema :: Seite 38
die Politik steht der Entwicklung scheinbar hilflos
gegenüber. Anders ist kaum zu erklären, dass vor
wenigen Jahren eine vom Bundestag mitgetrage-
ne Jury das Ego-Shooter Computerspiel „Crysis 2“
mit dem Deutschen Computerspielepreis auszeich-
nete. In vielen Bildungsministerien wird davon
gesprochen, Schülern zu mehr Medienkompetenz
auch bei der Kultur des Computerspiels zu verhel-
fen. Das ist schlichtweg Quatsch, Computerspiele
tragen nicht zur geistigen und körperlichen Ent-
wicklung bei. Insofern verzichten wir an dieser
Stelle auf den sonst üblichen Rat, welche Medien-
nutzung in welchem Alter und in welchem Ausmaß
angemessen ist. Vor dem Schreiben dieses Artikels
hatten wir bereits in unserem Familienmedium die
Initiative
www.schau-hin.infoals Orientierung
empfohlen. Auch hier steht die Politik in Form des
Bundesministeriums für Familien dahinter, mit
ARD, ZDF und TV Spielfilm aber Partner aus dem
Medienbereich und mit Vodafone ein Konzern, der
mit der Nutzung digitaler Endgeräte sein Geld ver-
dient. Insofern müssen sich Eltern heute wohl lei-
der selbst ein Bild machen.
Altes & Neues
Das Gewalt in Computerspielen abstumpft und
Spieler von Ego-Shootern tatsächlich emotional
beeinflusst werden, wissen Eltern. Studien haben
das längst untermauert. Da mögen Spielebranche
und Spieler immer beteuern, das wäre nicht so.
Nicht von ungefähr zählen Amokläufer und Ge-
walttäter oft zu diesem Spielerkreis, auch wenn
diese wiederum die schreckliche Ausnahme in ei-
ner großen Gemeinschaft sein mögen.
Was in sozialen Netzwerken heute in ist, kann hin-
gegen morgen schon wieder out sein. Dass Eltern
darauf achten sollten, was die Kids in facebook,
youtube, Instagram & Co. so alles teilen, ist ebenso
längst bekannt. Dazu gehört sicher auch, die Nut-
zung der sozialen Netzwerke durch die Kids stän-
dig zu hinterfragen. So werden alle Nase lang die
Nutzungsbestimmungen geändert, um noch besser
an die persönlichen Daten der Nutzer zu gelangen,
facebook hat das z.B. gerade zum Jahresbeginn
getan. Im Bereich der sozialen Netzwerke gibt es
aber immer neue Entwicklungen. Viele angeblich
kindgerechte Chats waren bereits wegen pädophi-
ler Umtriebe in der Kritik. Wie weit die mediale
Gefährdung der Kids gehen kann, zeigt jetzt aber
die Trendplattform YouNow. Hier senden Kinder
direkt aus dem Kinderzimmer, live und per Vi-
deo. Dazu können andere User live im Chat kom-
munizieren. Wer die meisten User in seinem Chat
hat, der ist angesagt. Die Gefahren liegen auf der
Hand: Inhalte werden hier ohne Bedenkzeit live
gesendet, jeder kann in Kontakt treten und gera-
de Kinder können zu fragwürdigen Aktionen mit
entsprechender Resonanz verleitet werden, um in
der digitalen Beliebtheit aufzusteigen. Jeder kann
das eigene Kind dort sehen, bis hin zum pädophi-
len Chatpartner, wenn Eltern dies dem Selbstlauf
überlassen.
Viele Eltern wissen auch nicht, dass Kinder in Com-
puterspielen beständig mit Anderen in Kontakt tre-
ten. Chats sind in vielen Spielen mit gemeinschaft-
lichen Strukturen (wie COC) fester Bestandteil. Hier
kann sich jeder frei bewegen und Kinder sind in
spielerischen Situationen auch auskunftswilliger.
Ein Bereich, der entgegen der bekannten Warnun-
gen bei sozialen Netzwerken kaum beachtet wird.
Fazit
Ursprünglich war dieses Thema als klarer Ratgeber
gedacht, wie Eltern ihre Kinder an digitale Medien
heranführen können. Leider führte eine gründliche
Auseinandersetzung mit dem Thema dazu, dass
ein sachlicher und kompetenter Rat kaum möglich
scheint. Wir leben in einer Welt digitaler Medien
und uns Erwachsenen bietet sie auch unzählige
Vorteile. Sie vereinfacht nicht nur unser Leben,
sondern erschließt uns Wissen und Informationen.
Die Dynamik des digitalen Wandels wird sicher
weiter zunehmen, und es ist schlichtweg unre-
alistisch, Kinder von dieser Welt auszunehmen.
Die Hinweise dieses Beitrags können vielleicht
helfen, einen sinnvollen Weg zu hinterfragen. Sie
sind nicht der Rat eines Experten, sondern ein el-
terlicher Denkanstoß und das Ergebnis einer Re-
cherche, bei der andere Eltern auch zu anderen
Ergebnissen kommen mögen. Wer seinem Kind ein
verlässlicher Partner bei der Entdeckung digitaler
Medien sein möchte, der muss sich selbst ein Ur-
teil bilden. Informationen zum Thema gibt es viele.
Dabei sollte man aber immer darauf achten, wer
den Rat gibt. Oft sind es Medienwissenschaftler
oder Medienpädagogen, die ihre persönliche Nähe