Ist es für die Lausitz noch 5 vor 12?
Offener Brief von Wolfgang Rupieper an alle Lausitzer.
Empfehlungen :: Seite 50
In den kommenden Ausgaben des Familienmagazins lausebande informiert der Pro Lausitzer Braunkohle e.V. weiter zu diesen Themen.
www.pro-lausitz.de www.prolausitzerbraunkohle.deSehr geehrte Leserinnen und
Leser, liebe Lausitzer Familien,
ich wende mich mit einer großen Sor-
ge an Sie, mit der Sorge ummeine zwei-
te Heimat, die Lausitz. Zu viele Signa-
le verdichten sich: seit Jahren verliert
unsere Region wichtige Institutionen,
meist nach Potsdam oder Dresden. Der Hochschuls-
tandort Lausitz steuert in neuer Struktur nach wie vor
einer unsicheren Zukunft entgegen. Jetzt sollen erste
Bahnstationen auf der wichtigen Hauptstadtverbin-
dung gestrichen werden, der Zug hält hier bald nicht
mehr überall. Vor allem die Braunkohleindustrie als
einziger wirtschaftlicher Eckpfeiler steht in der Diskus-
sion, mit dem März gibt es vor allem dazu eine neue
Schreckensnachricht. Alle Signale zusammengenom-
men weiß ich nicht, ob es für die Lausitz noch 5 vor 12
ist, oder schon fast zu spät. Indessen wird offiziell be-
schwichtigt, hingehalten, eine seltsame Lethargie hat
sich breit gemacht. Deshalb wende ich mich mit die-
sem offenen Brief an alle Lausitzer Familien, bevor es
für die Heimat wirklich zu spät ist.
Ich bin nach der Wende aus demRuhrgebiet in die Lau-
sitz gekommen, um als Richter und späterer Direktor
des Cottbuser Amtsgerichts beimAufbau der neuen Jus-
tiz-Strukturen zu unterstützen. Für diesen Schritt ver-
ließ ich den Ruhrpott, meine erste Heimat. Meine Vor-
fahren dort waren Bergleute – und sie haben auchmir
die Kohle ins Blut gelegt. Umso mehr freute mich, mit
der Lausitz wieder in einemBergbaurevier zu Hause zu
sein. Die Lausitz wurde zumeiner zweiten Heimat, hier
gründete ich eine Familie, zog mit meiner Frau zwei
Kinder groß, ein Sohn hat heute die Familientradition
aufgenommen und imLausitzer Bergbau eine gute Ar-
beit gefunden. Mit meiner alten Heimat ging es hinge-
gen steil bergab. Im Ruhrgebiet wurden bereits in den
1970er Jahren die ersten Zechen geschlossen, auch hier
beschwichtigte die Politik seinerzeit und versprach viel.
Heute gilt meine alte Heimat als das Armenhaus der
Nation, junge Menschen und Familien haben ihr zu
Tausenden den Rücken gekehrt, die Arbeitslosigkeit
ist ungewöhnlich hoch, das soziale Gefälle immens.
Ich weiß also, worüber ich rede, wenn eine Heimat ih-
renmit großemAbstandwichtigstenWirtschaftsfaktor
und damit ihre Zukunft verliert.
Dieses Schicksal möchte ich für meine zweite Heimat,
die Lausitz, mit aller Kraft verhindern. Als sich vor ei-
nigen Jahren in der Debatte um die Deutsche Energie-
wende der Wind der öffentlichen Meinungsmache ge-
gen die Braunkohle drehte, suchte ich Mitstreiter und
gründete den „Pro Lausitzer Braunkohle e.V.“. Damit
wollte ich der Lausitz und denMenschen hier eine star-
ke Stimme in dieser Debatte verleihen. Bereits seit Jah-
ren engagiere ichmich imCottbuser Jugendrechtshaus
für junge Menschen, die auf die schiefe Bahn geraten
sind und als Vorsitzender des Polizeisportvereins Cott-
bus für einen der mitgliederstärksten Sportvereine der
Region. Vor wenigen Monaten folgte ich demWunsch
aus demCottbuser Rathaus, den Bürgerinnen und Bür-
gern als Anti-Korruptionsbeauftragter der Stadt eine
feste Anlaufstelle zu bieten, um Transparenz und Ge-
rechtigkeit in kommunalen Auftragsvergaben hinter-
fragen zu können. Dieses vielfältige Ehrenamt ist meine
Art, der zweiten Heimat, diemir ein erfülltes Arbeitsle-
ben, eine Familie undmeinen Kindern Zukunft schenk-
te, etwas zurückzugeben. Heute fließt die meiste Kraft
meines Ehrenamts in den Kampf für die Zukunft der In-
dustrieregion in der Lausitz, für das Revier im Osten,
für die Lausitzer Braunkohle.
Genau für diesen Zweck sammelten wir im Jahr 2013
über 68.000 Unterschriften in der Lausitz. Seitdemwer-
den die Menschen hier aber immer mehr verunsichert,
das erlebe ich in vielen Gesprächen. Die öffentliche Be-
richterstattung nimmt in ihrer Unsachlichkeit gegen die
Lausitzer Braunkohle zu. Seit Vattenfalls Verkaufsplä-
ne offiziell wurden, macht sich nun aber eine eigenar-
tige Lethargie breit, eine Haltung des Abwartens. Da-
bei geht es jetzt umdieWurst. Die Lausitz muss endlich
aufwachen. Viel zu lange sehenwir schon demAusver-
kauf der Heimat zu. In den vergangenen Jahren haben
z.B. mit dem Vorstand der Landesärztekammer Bran-
denburg und demCluster Energietechnik sowie einigen
Bundesverwaltungen wichtige Institutionen die Regi-
on verlassen. Viele gut bezahlte Arbeitsplätze wurden