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Titelthema :: Seite 34

Kinder können selbst künstlerisch

aktiv werden, aber sie können

Kunst auch passiv erleben. Kann

ich mit einem Dreijährigen schon

ins Museum?

Unbedingt! Je jünger

das Kind, desto mehr muss ich aus-

wählen: Welche Ausdauer hat das

Kind, wofür interessiert es sich?

Bei Zwei- oder Dreijährigen, sollte

man sich auf wenige ausgewählte

Exponate beschränken. Ob man in

ein spezielles Kindermuseum oder

ein klassisches Museum geht, ist

dabei zweitrangig. Kindermuseen

sind großartig, aber auch die meis-

ten großen Museen können mit pä-

dagogischen Angeboten für Kinder

ab etwa vier Jahren oder mit spezi-

ellen Familienführungen aufwar-

ten. Moderne Kunst fasziniert Kin-

der, weil die Künstler dort meist

viele Farben und Materialien ver-

wenden. Historische Gemälde wie-

derum animieren zum Geschichten

erzählen, ähnlich wie bei einem

Wimmelbild, wo es viel zu entde-

cken und zu beschreiben gibt.

Kommt in Kitas und Schulen der

Kunst ausreichend Raum zu?

Nein.

Es wäre angemessen, wesentlich

stärker in die Fächer Kunst und

Werken zu investieren. Viele freie

Schulen, Waldorf-Schulen oder Re-

formschulen, legen sehr viel mehr

Wert auf handwerkliche Aktivitä-

ten, was den Kindern in ihrer Ent-

wicklung und auch ihren schuli-

Die meisten Eltern ha-

ben zu Hause Papier und

Buntstifte. Gibt es weitere

Materialien, die aus Ihrer Sicht un-

bedingt in einen Familienhaushalt

gehören?

Kinder können alles Mög-

liche nutzen, um kreativ zu wer-

den: Knete, Teig, Kohlestifte, Far-

ben, Stifte, Klebebänder, Schere,

Schnüre, Kartons, Pappe, Papier in

unterschiedlichen Farben und Grö-

ßen – natürlich jeweils dem Alter

entsprechend. Also für die Kleins-

ten Fingerfarben, Zwei- oder Drei-

jährige können auch schon mit der

Kinderschere arbeiten.

Was halten Sie von Ausmalbü-

chern?

Klassische Ausmalbü-

cher sind für Kinder ungeeignet,

vom reinen Ausmalen profitiert

ein Kind nicht. Das freie Zeichnen

ist immer vorzuziehen. Wenn ein

Kind einen Baum selbst zeichnet,

macht es sich bewusst: Hier ist der

Stamm, da der Ast, da der Zweig,

da das Blatt. Wer dennoch Malbü-

cher kaufen möchte, findet unter

dem Stichwort „Kritzelbücher“ ei-

nige gute Exemplare, die Kinder

anregen, sei es durch ungewöhn-

liche Formensprache oder durch

Weiterzeichnen.

Gibt es typische Kindermotive?

Ja, Kinder malen häufig ihre Um-

welt, alles was sie beschäftigt. Zu-

nächst einmal sich selbst, anfangs

als „Kopffüßler“. Das entspricht

ihrem Körpergefühl. Kleine Kinder

nehmen sich als Einheit wahr, als

Ganzes. Sie malen den Körper als

Kreis, in den Kreis kommen Augen,

Nase, Mund, dazu das Gesicht und

Haare, Arme und Beine. Nach dem

eigenen Ich, sind das Haus und die

Familie typische Motive, der Gar-

ten, Freunde, Tiere. Letztere wer-

den immer im Profil gezeichnet,

weil es darum geht, etwas mög-

lichst prägnant darzustellen. Men-

schen wiederrum werden lange

frontal dargestellt.

Was fällt aus Ihrer Sicht neben

dem Malen und Zeichnen noch al-

les in den Bereich Kunst?

Kunst

ist tatsächlich ein sehr komple-

xer Begriff: Schon ganz kleine Kin-

der zeigen ästhetisches Verhalten:

Sie zeichnen im Sand, kritzeln auf

Papier, bauen Türme. Der Über-

gang vom Spielen zum bildneri-

schen Tun ist fließend. Sobald ein

greifbares Produkt entsteht, z.B.

eine Sandburg oder ein Bild, ge-

hört es eher zum bildnerischen Ge-

stalten. Vorher, während des Ent-

stehens, eher zum Spielen. Neben

dem zwei- und dreidimensionalen

Schaffen, also z.B. Malen oder Bas-

teln, gehört auch der Bereich der

Bewegung zur bildenden Kunst.

Das umfasst tänzerische Elemente

ebenso wie körperbetontes Spielen,

z.B. Pferd spielen.

Interview mit Prof. Dr. Constanze Kirchner, Professorin für Kunstpädagogik

an der Universität Augsburg. Sie forscht u.a. zum ästhetischen Verhalten

von Kindern und Jugendlichen und hat zahlreiche Bücher und Studien zum

Thema veröffentlicht. Im Gespräch erklärt sie, was Kinder besonders gern

zeichnen, warum sie von Kunst profitieren und warum Lego besser für Kinder

geeignet ist als Ausmalbilder.

Ausmalbücher sind für

Kinder ungeeignet